Donnerstag, 31. März 2022

Ruiz Zafón, Carlos "Der Schatten des Windes"

Ruiz Zafón, Carlos "Der Schatten des Windes" (Spanisch: La Sombra del Viento) - The Shadow of the Wind - 2001 (Der Friedhof der vergessenen Bücher/El cementerio de los libros olvidados #1)  

Dieser Roman hat es auf jeden Fall verdient, auf meiner Liste der Lieblingsbücher aller Zeiten zu stehen. Ich weiß nicht, warum ich es eigentlich so sehr liebe, aber es ist so. Normalerweise versuche ich, einen berühmten Bestseller nicht gleich zu lesen, weil alle davon schwärmen und dann bin ich enttäuscht. Aber irgendetwas hat mich an diesem Buch gereizt, ich musste es einfach lesen. Und dann musste ich es so schnell wie möglich beenden. Habe damals kaum geschlafen...

Dies ist eines der besten Bücher, die ich je gefunden habe. Es ist faszinierend, spannend, hat alle Teile, die ein gutes Buch haben sollte, eine interessante Geschichte, einen historischen Hintergrund, eine Beschreibung einer großartigen Stadt. Und vor allem ist es ein Buch über ein Buch, wie sich jemand auf etwas einlassen kann, nachdem er eine Geschichte gelesen hat. Ein wunderbares Buch eines wunderbaren Autoren, der uns leider viel zu früh verlassen musste.


Wir haben dieses Buch in unserem internationalen Lesekreis im Oktober 2006 besprochen.

Buchumschlag:

"An einem dunstigen Sommermorgen des Jahres 1945 wird der junge Daniel Sempere von seinem Vater an einen geheimnisvollen Ort in Barcelona geführt - den Friedhof der Vergessenen Bücher. Dort entdeckt Daniel den Roman eines verschollenen Autors für sich, er heißt 'Der Schatten des Windes', und er wird sein Leben verändern … Er gerät in ein Labyrinth abenteuerlich verknüpfter Lebensläufe, und es ist, als wiederhole sich vergangene Geschichte in seinem eigenen Leben. Die Menschen, denen er bei seiner Suche nach dem verschollenen Autor begegnet, die Frauen, in die er sich verliebt - sie alle scheinen Figuren in einem großen Spiel, dessen Fäden erst ganz am Schluß sichtbar werden.

'Der Schatten des Windes' ist der erste Carlos Ruiz Zafón's vier großen Barcelona-Romane. Es folgten 'Das Spiel des Engels' und 'Der Gefangene des Himmels' und 'Das Labyrinth der Lichter'."


Die Bücher zum "Friedhof der Vergessenen Bücher":
Ruiz Zafón, Carlos "The Shadow of the Wind" - (E: La sombra del viento - El cementerio de los libros olvidados #1) - Der Schatten des Windes - 2001
- "The Angel's Game" (E: El juego del ángel - El cementerio de los libros olvidados #2) - Das Spiel des Engels - 2008
- "The Prisoner of Heaven" (E: El prisionero del cielo - El cementerio de los libros olvidados #3) - Der Gefangene des Himmels - 2011
- "The Labyrinth of the Spirits" (E: laberinto de los espíritus - El cementerio de los libros olvidados #4) - Das Labyrinth der Lichter - 2016

Mehr Bücher dieses sagenhaften Schriftstellers findet ihr hier. (in Englisch)

Mittwoch, 30. März 2022

Westerteicher, Inga "Liebe Freundin"

Westerteicher, Inga "Liebe Freundin: Briefe Berühmter Frauen" [Dear friend: letters from famous women] - 2000

Briefe von Vita Sackville West an Virginia Woolf, Unica Zürn an Ulla Schnell, Katherine Mansfield an Ida Baker, Janet Flanner an Natalia Danesi Murray, Rosa Luxemburg an Clara Zetkin, Gertrud Bäumer an Emmy Beckmann, Nelly Sachs an Gudrun Dähnert, Edith Sitwell an Ree Gore, Erika Mann an Pamela Wedekind, Radclyffe Hall an Evguienia Souline, Elsa Triolet an und von Lilja Brik. Viele Frauen, von denen man schon einmal gehört hat, aber doch oft nichts Genaueres weiß. Dieses Buch enthält ein paar Fragmente ihrer Korrespondenzen und kann die Leser anleiten, mehr über sie erfahren zu wollen. Bei mir hat es geklappt.

Buchumschlag:

"In den Briefen an eine Freundin hat alles Platz, Bedeutsames wie Belangloses, Besonderes wie Alltägliches: politisches Weltgeschehen und Kochrezepte, Literatur und Blumensträuße. Wie ein Stück leckere Schokolade: ungekünstelt und voller Vertrautheit.

Die Briefwechsel berühmter Frauen mit ihren Geliebten und Ehemännern, diese sprachlichen Balztänze, kennt wohl jeder.

Schön sein wollen, witzig und begehrenswert - wie anstrengend!

Ganz anders die Briefe an eine Freundin. Frei vom Druck, gefallen zu müssen, kann man der engen Vertrauten schon mal ungeschminkt gegenübertreten, seinen Gefühlen Ausdruck verleihen und auch unausgegorene Gedanken äußern. So kommt es, dass der letzte Urlaub, die Senatssitzung, eine Ausstellung und das Rezept für Leberknödel in trauter Eintracht nebeneinander stehen. Die gesammelten Briefe in Liebe Freundin stellen eine subjektive Auswahl dar. Doch wenn sie zur Sprache bringen, was man - damals wie heute - nur der engen Freundin anvertraut, liegt gerade darin ihre Zeitlosigkeit begründet.
"

Dienstag, 29. März 2022

Griffin, John Howard "Reise durch das Dunkel"

Griffin, John Howard "Reise durch das Dunkel" (Englisch: Black Like Me) - 1961

Noch ein Buch, das ich durch unseren internationalen Lesekreis kennenlernte. Der Autor nimmt Medikamente, die seine Hautfarbe verändern, und verkleidet sich Ende der 50er Jahre im tiefen Süden der Vereinigten Staaten als Schwarzer. Er lebt mehrere Wochen als "Neger", hat viele Probleme und gerät nicht nur in dieser Zeit in gefährliche Situationen, sondern auch, als er als Weißer zurückkehrt und seine Erfahrungen veröffentlicht.

Eine faszinierende Geschichte, nicht nur für US-Amerikaner. Der Mut, den es braucht, um dies zu tun und weiterzumachen, ist einfach erstaunlich. Es gab so viele Probleme, die auftauchten. Obwohl - das Interessanteste an diesem Buch ist, dass es keine Geschichte über einen weit entfernten Ort ist. Vorurteile gegenüber Menschen, die anders sind, sind immer noch vorhanden und auch wenn Menschen heute unterschiedliche Möglichkeiten haben, Ungerechtigkeit gibt es überall, ob man ein Einwanderer in einem anderen Land mit einer anderen Hautfarbe ist, eine andere Meinung habt, eine andere Geschichte, wir können immer über Gründe nachdenken jemanden nicht zu mögen.

Wir haben dieses Buch in unserem internationalen Lesekreis im December 2009 besprochen.

Buchumschlag (übersetzt, da ich den deutschen Text nicht finden konnte, das Buch gibt es jedoch):

"Im tiefen Süden der 1950er Jahre beschloss der Journalist John Howard Griffin, die Farblinie zu überschreiten. Mit Medikamenten, die seine Haut tiefbraun verdunkelten, tauschte er sein privilegiertes Leben als weißer Mann aus dem Süden gegen die entrechtete Welt eines arbeitslosen Schwarzen. Seine kühne, immer noch erschreckend relevante Augenzeugengeschichte ist ein Werk über Rasse und Menschlichkeit - das auch in diesem neuen Jahrtausend jedem Amerikaner etwas Wichtiges zu sagen hat. "

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Montag, 28. März 2022

Twilfer, Kai "Finn-Luca, komm bei Fuß!"

Twilfer, Kai "Finn-Luca, komm bei Fuß! Der verrückte Familienhorror von nebenan" [Finn-Luca, heel! The Crazy Family Horror Next Door] - 2016

Ein Buch aus einem öffentlichen Bücherschrank. Dorthin kommt es auch zurück, vielleicht findet ja jemand anders Spaß an dem verrückten Leben von Finn-Luca und seinem Hund Dandy.

Dass sich der Autor über die heutigen Modenamen für Kinder amüsiert, mag ja noch ganz lustig sein, ich bin auch kein Fan davon, vor allem nicht von Doppelnamen und solchen, die selbst die Eltern oft falsch aussprechen. Dass man Erziehung auch übertreiben kann, wissen wir alle. Aber dass ein Hund und ein kleiner Junge (11 Jahre) tagelang alleine durch die Gegend wandern können, sich betrinken können, und es fällt niemandem auf, noch nicht mal den ach so überbehütenden Eltern, das ist doch etwas hanebüchen. Etwas zu viel (und vor allem falscher) Humor für mich.

Buchrücken:

"Verwöhnkind Finn-Luca gehört zu den überbehüteten Kleinen, die auch in ihrer Freizeit keine freie Minute mehr haben: Körperrhythmik-Seminar, Mandarin-Kurs, Pythagoras-Workshop. Die lieben Kleinen müssen gnadenlos gefördert werden! 'Doch wie geht's eigentlich in anderen Familien zu?', fragt sich Familienhund Dandy, der den bizarren Familienhorror mit Hundeballett und Pipitraining so satt hat wie Finn-Luca.

Beide starten eine chaotische Reise, um dem Erziehungswahnsinn deutscher Eltern und Hundehalter auf den Grund zu gehen. Die neue Milieu-Comedy vom Erfolgsautor Kai Twilfer

"Schantall" hat Pause. Jetzt kommt Finn-Luca!

Das knallharte Lachbuch über furchtbar perfekte Eltern, Kindererziehung und Hund! Pädagogisch garantiert nicht wertvoll!
"

Stimmt, pädagogisch nicht und anderweitig auch nicht.

Freitag, 25. März 2022

Orth, Stephan "Couchsurfing in Saudi-Arabien: Meine Reise durch ein Land zwischen Mittelalter und Zukunft"

Orth, Stephan "Couchsurfing in Saudi-Arabien: Meine Reise durch ein Land zwischen Mittelalter und Zukunft" [Couchsurfing in Saudi Arabia: My Journey Through a Country Between the Middle Ages and the Future] - 2021

Die Beschreibung des Buches sagt, dass Stephan Ort sofort den Rucksack packt, als Saudi-Arabien erstmals Touristen einreisen lässt. Und was mache ich, wenn Stephan Ort ein neues Buch herausbringt? Richtig, ich lese es sofort, na ja, wie alle meine Bücher, sobald es als Taschenbuch zu haben ist.

So wie alle seine Bücher, ist auch dieses hochinteressant. Natürlich hat jeder seine Vorstellungen von Saudi-Arabien und der Autor bestätigt diese häufig, aber es gibt noch massenhaft zusätzliche Informationen, auch welche, von denen man nie gehört hat oder die man nicht vermuten würde.

Offensichtlich konnte er hier nicht, wie im Iran, in Russland oder China, ganz normale Menschen kennenlernen, die Menschen waren es entweder nicht gewohnt, Fremde aufzunehmen und sich mit ihnen einzulassen, oder sie hatten Angst. Das hat man schon verstanden, dass es nicht so einfach für ihn war wie in anderen Ländern.

Man konnte schon nachvollziehen, dass es sich hier um ein arabisches Land handelt mit der bekannten Gastfreundschaft, aber die Angst hält wohl viele davon ab, sich mit Ausländern zu unterhalten. Frauen hat er so gut wie gar nicht gesehen, und das ist natürlich doppelt schade.

Trotzdem ist es Stephan Orth gelungen, uns das Land und die Leute ein wenig näherzubringen, das ist schon allerhand.

Ich hoffe, er bereist noch einige interessante Länder, von denen ein normaler Mensch nur träumen kann, so dass wir mehr über diese Menschen dort lernen können.

Buchrücken:

"Als Saudi-Arabien erstmals Touristen einreisen lässt, packt Bestsellerautor Stephan Orth sofort den Rucksack. Von Couch zu Couch erkundet er das Königreich und erhält Einblicke
in eine verschlossene Gesellschaft, wie sie bisher keinem westlichen Besucher möglich waren. Er wird Zeuge eines radikalen Wandels, sieht Frauen Auto fahren und tanzt mit Zehntausenden beim Wüsten-Rave. Doch jenseits der Glitzerwelt gelten drakonische Strafen, und an der Grenze zum Jemen sind die Bomben nicht zu überhören. Stephan Orth berichtet von seiner bisher aufregendsten Reise.
"

Donnerstag, 24. März 2022

Albom, Mitch "Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen"

Albom, Mitch "Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen" (Englisch: The five people you meet in heaven) - 2003

Mitch Albom beginnt diesen Roman mit der Hauptfigur Eddie, die versucht, an seinem 83. Geburtstag einem jungen Mädchen das Leben zu retten. Leider stirbt er bei diesem Versuch. Dann lesen wir über sein Leben nach dem Tod und was mit ihm im Himmel passiert. Er trifft fünf Menschen, die sein Leben verändert haben oder deren Leben er verändert hat, manchmal unbewusst.

Ich fand, dass dies ein sehr inspirierendes Buch war. Ich mochte die Idee, die der Autor über den Himmel und die Art und Weise, wie ihnen ihr Leben erklärt wird, gegeben hat. Unser Lesekreis fand, dass der Autor großartige Arbeit geleistet hat, indem er die Ideen des Lebens nach dem Tod beschrieben hat. Je nach Religion haben wir es unterschiedlich interpretiert, was zeigt, wie sensibel dieses Thema ist. Den meisten Mitgliedern hat es sehr gut gefallen.

Dieses Buch hinterlässt ein sehr schönes Gefühl und regt zum Nachdenken an.

Wem diese Geschichte gefallen hat, sollte auch "Dienstags bei Morrie" (
Tuesdays with Morrie) lesen.

Wir haben dieses Buch im Dezember 2008 in unserem Internationalen Lesekreis besprochen.
 
Buchumschlag:

"An seinem 83. Geburtstag kommt Eddie bei einem Unfall ums Leben. Es scheint das tragische Ende eines unbedeutenden Daseins. Doch im Jenseits begegnet er fünf Menschen, die in seinem Leben eine entscheidende Rolle gespielt haben. Anhand ihrer Erzählungen offenbaren sie Eddie Zusammenhänge in seinem Schicksal, die ihm bislang verborgen waren. Sie lehren ihn, sich mit seinem Schicksal zu versöhnen, und zeigen ihm den verborgenen Sinn in einem nur scheinbar bedeutungslosen Sein.'"

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Mittwoch, 23. März 2022

Eichendorff, Joseph von "Aus dem Leben eines Taugenichts"

 

Eichendorff, Joseph von "Aus dem Leben eines Taugenichts und andere Novellen" - Life of a Good-For-Nothing - 1826

Deutsch ist eine gute Sprache für Romantik. Wir können mit Worten schwafeln, wir können die Natur und alles, was wir preisen möchten, mit überwältigenden Ausdrücken loben. Und genau das tut Joseph von Eichendorff.

Man in einem Buch dieses Genres nicht zu viel tiefgründiges Denken oder Philosophie erwarten, auch wenn es auf einem niedrigen Niveau enthalten ist. Heutzutage würde ich diese Geschichte als Chick Lit einstufen, ein Buch über jemanden, der nirgendwo hineinpasst und ein Happy End findet.

Buchrücken:

"Der Taugenichts ist Sohn eines Müllers und durch und durch Romantiker. Mit den elenden Philistern und der engen Welt, in der sie leben, will er um keinen Preis etwas zu tun haben. Als sein Vater ihn aus dem Haus wirft, damit er endlich lernt, für sich selbst zu sorgen, zieht er mit seiner Geige zu Fuß durchs Land bis nach Italien und lebt seine Freiheit. Auf einem Schloss hatte er sich in eine vornehme Dame verliebt, die er für unerreichbar hielt. Er sucht sie in Rom. Aber es zeigt sich, dass jemand ein Spiel mit ihm trieb. Er findet die Angebetete nördlich der Alpen und mit ihr sein Glück."

Dienstag, 22. März 2022

Lanchester, John "Die Lust und ihr Preis"


Lanchester, John "Die Lust und ihr Preis: Aufzeichnungen eines reisenden Gentleman" (Englisch: The Debt to Pleasure) - 1996

Noch ein Lesekreis-Buch. Es war total seltsam und komisch. Es fiel mir schwer, mich darauf einzulassen oder der Handlung zu folgen. Wir hatten uns für dieses Buch entschieden, weil eine unserer Mitglieder sagte, dass ihre Freundin dies für das beste Buch hielt, das sie je gelesen hatte. Nachdem wir es ausgewählt hatten, hörte eine andere, wer die Freundin war, die das Buch vorgeschlagen hatte. Sie sagte, sie habe einen sehr seltsamen Geschmack.

Nun, zum Schluss dachte ich, wenn ich das Ende gewusst hätte, bevor ich das Buch gelesen habe, hätte es mir vielleicht besser gefallen. Ich hätte es sicherlich besser verstanden. Als ich das Ende kannte, dachte ich, der Autor hat gute Arbeit geleistet, ich könnte es mit diesem Wissen tatsächlich noch einmal lesen.


Buchumschlag:

"Tarquin Winot, ein äußerst distinguierter Herr, befindet sich auf einer kulinarisch-kulturellen Reise durch Frankreich. Erfrischend frei von jeglicher persönlichen Bescheidenheit plaudert er über Rezepte für Blini mit Kaviar, streut ein paar Aperçus von Aischylos bis James Bond ein und verschleiert so elegant sein Geheimnis: Jede Person, die dem 'reisenden Gentleman' jemals nahestand, kam ums Leben. Und so muß man sich um das Schicksal eines Pärchens auf Hochzeitsreise, das Winot mit Hilfe des Mossad-Handbuchs beschattet, wohl ernsthafte Sorgen machen Die Mitteilungen eines plaudernden Gourmets, eines Connaisseurs des Todes."

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Wir haben dieses Buch im Oktober 2002 in unserem internationalen Lesekreis besprochen.

Montag, 21. März 2022

Rávic Strubel, Antje "Gebrauchsanweisung für Schweden"

Rávic Strubel, Antje "Gebrauchsanweisung für Schweden" [User's Guide for Sweden] - 2008

Ein interessanter Bericht einer Deutschen, die es nach Schweden verschlagen hat. Sie hat sich in unseren nordischen Nachbarn verliebt, sieht aber nicht alles durch eine rosarote Brille.

Ich habe mir dieses Buch gekauft, weil mein Sohn zum Studieren nach Schweden gegangen ist und ich ein wenig mehr über seine "neue" Heimat wissen wollte. Ich war bereits einige Male in Schweden und es gefiel mir immer sehr gut.

Inzwischen hat er sein Studium beendet und aus seinen Erzählungen entnehme ich, dass viele der Entdeckungen der Autorin wohl auch ihm aufgefallen sind.

Aber auch, wenn man nicht vorhat, Schweden irgendwann einmal zu besuchen (wobei ich mir absolut keinen Grund dafür vorstellen kann), ist das Buch interessant und locker geschrieben. Ich glaube, ich muss noch mehr "Gebrauchsanweisungen" lesen.

Klappentext:

"Wo Paddeln Volkssport ist, die erfolgreichsten Krimis herkommen und im Sommer die Sonne nie müde wird: Antje Rávic Strubel nimmt uns mit ins Herz Skandinaviens, in die stolze Stadt Stockholm und die Boomtown Malmö, nach Lappland in den äußersten Norden, zum »Gold des Moores«, auf den Vasalauf und in die Schären.

Pippi Langstrumpf, Männer mit Kinderwagen und leuchtend rote Holzhäuser - die Autorin spürt ihrer Sehnsucht nach und verrät, wie Wintersport in Schweden zum Volksfest wurde und womit Köttbullar und Safrankuchen am besten schmecken. Weshalb es hier kaum Ikea-, aber so viele Antikmärkte gibt. Was Gotland zum Paradies für Alleinreisende macht und was bei dreimonatiger Dunkelheit gegen Schwermut hilft. Wieso der Wodkagürtel so locker sitzt und der Polarkreis gleichzeitig in zwei Richtungen wandert. Dass bei den Schweden schon die Nationalhymne von der Liebe der Natur erzählt. Wie es wirklich um die supersoziale Marktwirtschaft bestellt ist. Und was Sie tun sollten, wenn Sie beim Himbeerpflücken von einem Elch überrascht werden.
"

Freitag, 18. März 2022

Bánk, Zsuzsa "Schlafen werden wir später"

Bánk, Zsuzsa "Schlafen werden wir später" [We will sleep later] - 2017

Nachdem ich vor ein paar Jahren "Die hellen Tage" gelesen hatte, hatte ich mir vorgenommen, weitere Bücher von dieser Autorin zu lesen. Was soll ich sagen, dieser Briefroman hat mir noch besser gefallen.

Márta ist Schriftstellerin, verheiratet, drei Kinder, lebt in einer Großstadt, ihre langjährige Freundin Johanna ist Lehrerin, single, kinderlos und lebt in einer Kleinstadt. Die beiden schreiben sich fast täglich E-Mails über ihr Leben.

Ich liebe es, mit meinen Freundinnen in Kontakt zu bleiben, selbst wenn sie buchstäblich auf der anderen Seite des Globus leben. So haben wir früher Briefe geschrieben, heute tauschen wir uns auch auf elektronischem Wege aus.

So konnte ich den beiden gut nachfühlen, wie sie vieles eben schriftlich mitteilen mussten, auch wenn sie sich doch häufiger mal sehen konnten.

Dies war eins der besten neueren deutschen Bücher der letzten Jahre. Die Protagonisten standen mir sehr nahe. Die Sprache der Autorin war so ausgezeichnet, man hatte das Gefühl, mit zu ihrem Freundeskreis zu gehören. Man konnte sich mit ihnen freuen und mit ihnen traurig sein.

Mein nächstes Zsuzsa Bánk-Buch folgt bestimmt.

Klappentext:

"Die Schriftstellerin Márta lebt mit Mann und drei Kindern in einer deutschen Großstadt. Obwohl sie ihre Kinder über alles liebt, kämpft sie jeden Tag darum, in ihrem Leben nicht unterzugehen und ihre Arbeit gegen die Zumutungen des Alltags zu verteidigen.
Ihre Freundin Johanna hingegen, mit der sie seit früher Kindheit eine innige Freundschaft verbindet, ist Lehrerin im Schwarzwald und kinderlos. Statt mit ihrer Doktorarbeit über Annette von Droste-Hülshoff weiter zu kommen, kämpft sie mit den Gespenstern ihrer Vergangenheit: mit dem Mann, der sie verlassen hat, mit dem Krebs, den sie überwunden geglaubt hat, mit ihrem Vater, der so jung gestorben ist.

Jetzt, mit Anfang 40, liegt die Mitte des Lebens hinter ihnen, sind Lebensweichen gestellt, wichtige Entscheidungen getroffen, ist ein Richtungswechsel nicht mehr vorgesehen. Aber soll das alles gewesen sein? Márta und Johanna schreiben einander E-Mails von großer Tiefe, Offenheit und Emotionalität. Ihre Mails sind ergreifende Dokumente eines täglichen Ringens um Selbstbehauptung, Freiheit und Glück. Beide Frauen wissen, dass sie mehr wollen als noch nicht sterben. Aber was machen sie jetzt mit diesem Leben, dessen Weg sie zur Hälfte schon gegangen sind? Und was macht das Leben mit ihnen?
"

Donnerstag, 17. März 2022

MacDonald, Ann-Marie "Vernimm mein Flehen"

MacDonald, Ann-Marie "Vernimm mein Flehen" (Englisch: Fall On Your Knees) - 1997

Wir haben dieses Buch in unserem Lesekreis gelesen, weil wir nicht sofort wieder ein weiteres Oprah-Buch lesen wollten - es stellte sich heraus, dass es im nächsten Monat ein Oprah-Buch wurde. ;-)

Es teilten nicht alle Lesekreismitglieder meine Begeisterung, aber mir hat es sehr gut gefallen. Ich liebe das Talent der Autorin, die Menschen lebendig werden zu lassen. Ein Teil der Geschichte basiert auf der Familie der Autorin. Der Roman ist düster, aber auch witzig, er bezieht Geschichte ebenso ein wie Einwanderungs- und Religionsprobleme, ganz schön abwechslungsreich. Es ist sowohl eine Liebesgeschichte als auch ein Krimi, hat Charakterstudien und viele interessante Geschichten.

Dies war der erste Roman der Autorin. Wir lasen ihr zweites
"The Way the Crow Flies" (Wohin die Krähen fliegen) ein paar Jahre später.

Wir haben dieses Buch im Januar 2002 in unserem internationalen Lesekreis besprochen.

Buchumschlag:

"A story of four sisters tied by inescapable family bonds, of miracles, terrible secrets, attempted murder and an extraordinary love affair. The settings range from haunted Cape Breton Island, Nova Scotia, through the battlefields of World War I, to the emerging jazz scene of New York City."

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Mittwoch, 16. März 2022

Grass, Günter "Die Box"

  

Grass, Günter "Die Box. Dunkelkammergeschichten" (Autobiographische Trilogie #2) - The Box: Tales from the Darkroom - 2008

Ich glaube, ich kann ohne Weiteres sagen, dass Günter Grass einer meiner Lieblingsautoren ist. Dieser Roman ist die Fortsetzung von "Beim Häuten der Zwiebel" (Peeling the Onion), dem ersten Buch seiner autobiografischen Trilogie.

In diesem Buch lässt er seine Kinder seine Geschichte erzählen, oder besser gesagt den Teil seines Lebens, in dem er die Kinder hat. Es sind nicht wenige, sechs von ihm, zwei von seiner letzten Frau, sie alle kommen bei verschiedenen Treffen zusammen und erzählen ihre Seite ihrer Jugend, des gemeinsamen und/oder getrennten Aufwachsens. Sie erzählen uns auch von der mysteriösen Fotobox einer Freundin des Autors, Maria Rama. Ihre Kamera kann Ihnen die Vergangenheit und die Zukunft zeigen. Es zeigt die Wünsche und Sehnsüchte aller auf den Bildern. Das macht die Geschichte noch interessanter, noch fantasievoller. Was passieren könnte, was hätte passieren können, das gefällt mir.

Auch wenn dies eher ein Roman als eine echte Autobiografie ist, denke ich, dass es dennoch viel über das Leben des Autors und seine Zeit in Deutschland erzählt. Eine faszinierende Geschichte.

Und dann gibt es noch Nummer drei dieser Reihe "Grimms Wörter. Eine Liebeserklärung".


Buchumschlag:

"'Knips mal Mariechen' ruft der Schriftsteller, wann immer seine treue Freundin ein Foto für ihn machen soll. Maries Schnappschüsse haben es in sich, denn ihre alte Agfa-Box zeigt mehr als die Wirklichkeit - sie kann in die Vergangenheit und die Zukunft schauen, Wünsche und Ängste in Szene setzen. Viel später sitzen die acht Kinder des berühmten Schriftstellers beisammen, längst erwachsen geworden. Im lebhaften Dialog lassen sie das Leben ihrer komplizierten Familie Revue passieren, und jeder erinnert sich auf seine Weise an den Vater, die Kindheit, an Maries Wunder-Box und ihre verblüffenden Bilder."

Günter Grass erhielt den Nobelpreis für Literatur 1999 "weil er in munterschwarzen Fabeln das vergessene Gesicht der Geschichte gezeichnet hat".

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Als ich vor einigen Jahren in Lübeck war,
habe ich mich gefreut, dass ich auch das Haus besuchen konnte, in dem Günter Grass gelebt hat. Meine Erfahrung könnt ihr hier nachlesen.

Dienstag, 15. März 2022

Dostojewskij, Fjodor "Der Jüngling"


Dostojewskij, Fjodor "Der Jüngling" (Russisch: Подросток/Podrostok) The Adolescent - 1875

Ich liebe Klassiker. Neben englischen Klassikern wie Jane Austen, George Eliot und Charles Dickens mag ich wahrscheinlich die russischen am liebsten. Nachdem ich Anna Karenina gelesen (und geliebt) hatte, wurde dieses Buch unserem Lesekreis von einer unserer Mitglieder empfohlen, die sich gut mit russischer Literatur auskennt. Und wir wurden nicht enttäuscht. Die Beschreibung des einfachen Lebens in Russland vor etwa 150 Jahren ist sehr interessant. Außerdem kann man sich vorstellen, wie die Revolution begann und warum einige Dinge in der Geschichte so passiert sind, wie sie passiert sind.

Die Geschichte schildert das Leben des 19-jährigen Arkady Dolgoryky, die Konflikte mit seinem Vater, einem Gutsbesitzer, den Unterschied zwischen den "alten" Sitten und den Ansichten der jungen Russen jener Zeit. Wie viele junge Leute rebelliert Arkady gegen die Erwartungen der Gesellschaft an ihn.

Obwohl dieses Buch mehr als ein Jahrhundert alt ist, enthält es immer noch viel Wahres. Manche Dinge waren schon immer so und werden sich nie ändern, auch wenn sich die Umgebung und die Umstände, in denen Kinder aufwachsen, ändern.

Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen, es hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Wer russische Klassiker mag, sollte dies lesen.

Wir haben dieses Buch im 2005 in unserem
internationalen Lesekreis besprochen.

Buchrücken:

"Brilliant erzählt Dostojewskij aus dem Leben des Arkadi Dolgoruki, der nach Sankt Petersburg zieht um dort erfolgreich zu werden. Die Stadt zieht ihn in ihren Bann und das 'wahre Leben' öffnet sich ihm - vermeintlich."

Montag, 14. März 2022

Leky, Mariana "Was man von hier aus sehen kann"

Leky, Mariana "Was man von hier aus sehen kann" - What You Can See From Here - 2017

2017 wurde dieser Roman als Das Lieblingsbuch der Unabhängigen ausgezeichnet und ich wurde nur deshalb darauf aufmerksam. Ich mochte das erste Buch, das ich von dieser Liste las, und alle anderen, die danach kamen. Da der Preisträger vom letzten Jahr noch nicht als Taschenbuch erhältlich ist, bin ich zu einem der älteren gegangen, diesem hier.

Und ich bin froh, dass ich es getan habe. Das war so ein schönes Buch, die Geschichte eines kleinen Dorfes, in dem alle zusammenhalten, egal wie schwer es manchmal ist, wo sich jeder um jeden kümmert, ob er will oder nicht. Eine großartige Beschreibung einer funktionierenden kleinen Gemeinschaft. Der Roman wurde als "warm" beschrieben. Ja, das ist er, aber er ist so viel mehr. Es ist sowohl eine Liebesgeschichte als auch eine philosophische Suche, eine Geschichte einer Heranwachsenden sowie eine über das Alter.

Dieses Buch wird als "magischer Realismus" beschrieben und ich habe es entsprechend gekennzeichnet, obwohl es in meinen Augen wirklich eher ein Hauch von Aberglauben ist.

Es ist schwer, das Buch zu beschreiben, ohne zu viel zu verraten, nur das, es gibt viel zu sagen über Verlust und wie man damit umgeht, und dieses Buch macht es wunderbar.


Mariana Leky ist sicherlich eine Autorin, die man im Auge behalten sollte, ich werde weitere ihrer Romane lesen, bisher hat sie neun geschrieben. Wo soll ich anfangen?

Buchrücken:

"Von der unbedingten Anwesenheitspflicht im eigenen Leben.

Immer, wenn der alten Selma im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Wen es treffen wird, ist allerdings unklar. Davon, was die Bewohner in den folgenden Stunden fürchten, was sie blindlings wagen, gestehen oder verschwinden lassen, handelt dieser Roman. Vor allem aber erzählt er von Menschen, die alle auf ihre Weise mit der Liebe ringen: gegen Widerstände, Zeitverscheibungen und Unwägbarkeiten - ohne jemals den Mut zu verlieren.
"

"Was man von hier aus sehen kann" wurde 2017 von den Deutschen Unabhängigen Buchhandlungen zum "Lieblingsbuch der Unabhängigen" gewählt.

Freitag, 11. März 2022

Orth, Stephan "Couchsurfing in Russland"

 

Orth, Stephan "Couchsurfing in Russland. Wie ich fast zum Putin-Versteher wurde" - Couchsurfing in Russia: Friendships and Misadventures Behind Putin’s Curtain - 2017

Ich habe (bisher) drei Bücher von Stephan Orth gelesen. Dieses war das erste. Nach "Couchsurfing in China" "Couchsurfing im Iran" bin ich mittlerweile beim vierten angelangt, "Couchsurfing in Saudi-Arabien".

Gerade hat der Autor bekanntgegeben, dass "der Untertitel [...] aus heutiger Sicht nicht mehr richtig ... klingt. Zu salopp, zu augenzwinkernd, zu lässig in Anbetracht der Gräueltaten dieses Regimes." Er hat zwar recht, aber 2017 ist schon lange her und sein Buch zeigt auch kein Verständnis für diesen Diktator.

Die Herausgeber hatten sich damals entschieden, dem Buch einen anderen englischen Titel zu geben: "Behind Putin's Curtain: Friendships and Misadventures Inside Russia", was wohl bedeutet, dass eine Neuauflage des Buches wahrscheinlich: "Hinter Putins Vorhang: Freundschaften und Missgeschicke in Russland" heißen wird.

Der Autor tat, was Tausende junger Menschen jedes Jahr tun (oder taten, bevor Covid fast allem ein Ende setzte), er bereiste die Welt durch CouchSurfing. Es gibt den Menschen die Möglichkeit, in anderen Privathäusern zu wohnen und die Menschen auf dem Land viel besser kennenzulernen, als wenn sie in ein Hotel gehen würden. Und natürlich ist es viel billiger. Auch der Gastgeber bekommt seine Belohnung, er kann andere Länder kennenlernen, ohne reisen zu müssen. Ich kenne dieses Konzept seit den 1970er Jahren, als ich anfing, Esperanto zu lernen. Wir nennen es "Pasporta Servo" (Passdienst). Auf diese Weise habe ich viele Leute aus verschiedenen Ländern beherbergt. Es macht immer viel Spaß.

Jedenfalls reist
Stephan Orth durch Länder, in denen es nicht einfach ist, alleine und/oder privat zu reisen, meist beides. In diesem Buch ist er durch Russland gereist, aber er war auch in China und im Iran.
"Couchsurfing im Iran: Meine Reise hinter verschlossenen Türen" (Couchsurfing in Iran: Revealing a Hidden World/Couchsurfing in Iran: My journey behind closed doors) - 2015
"Couchsurfing in China. Durch die Wohnzimmer der neuen Supermacht" (Couchsurfing in China. Through the living rooms of the new super power) - 2019

Dies ist ein brillantes Buch. Es ist nicht das übliche Reisebuch, in dem jemand alle Sehenswürdigkeiten auflistet, die ein Land zu bieten hat. Nein, es tut viel mehr, es zeigt uns, wie die einfachen Menschen in diesen Ländern leben, wie sie studieren, ihr Geld verdienen, leben. Wir lernen ihr Leben und ihre Bräuche kennen. Er besucht nicht nur die großen Städte, von denen alle reden, er geht ins "Hinterland", er besucht ungewöhnliche Orte, die immer noch sehr interessant sind, auch wenn (oder gerade weil) sie nicht Millionen von Menschen anziehen. Er hat einen tollen Schreibstil. Humorvoll, witzig, informativ. Es ist schön, ihm auf seiner forschenden und unvoreingenommenen Art durch das Land zu folgen und dabei mehr über dieses große Land zu erfahren als in vielen Geschichts- oder Politikbüchern.

Buchumschlag:

"Das erste Russland-Buch ohne Bären und Balalaikas!

Was ist Propaganda, was ist echt? Über keinen Teil der Erde ist die Informationslage verwirrender als über Russland. Da hilft nur: hinfahren und sich sein eigenes Bild machen. Zehn Wochen lang sucht Bestsellerautor Stephan Orth zwischen Moskau und Wladiwostok nach kleinen und großen Wahrheiten. Und entdeckt auf seiner Reise von Couch zu Couch ein Land, in dem sich hinter einer schroffen Fassade unendliche Herzlichkeit verbirgt.

'
Stephan Orth versteht es hervorragend, Land und Leute für den Leser lebendig werden zu lassen.' Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Eine Diamantenmine in Jakutien, eine Datscha mitten in der Großstadt, das Dorf einer Weltuntergangssekte in Sibirien: Es sind Orte wie diese, an denen Stephan Orth nach dem wahren Russland sucht. Zwischen Moskau und Grosny, zwischen Sankt Petersburg und Wladiwostok lebt er zu Hause bei Einheimischen, diskutiert mit ihnen über Politik, Propaganda und Pelmeni und lässt sich von ihnen ihre Welt zeigen.

Dabei trifft er nicht nur Putin-Versteher, Wodkatrinker und Waffennarren, sondern auch herzliche Musiker, einen intellektuellen Pedanten und die schönste Frau des Landes. Er erfährt, was Pfannkuchen mit dem Gefühlsleben der Russen zu tun haben, wie grüne Männchen auf der Krim landeten - und entdeckt sogar das Geheimversteck der sagenumwobenen russischen Seele. Von Gastgeber zu Gastgeber ergibt sich ein persönliches Bild dieses riesigen Landes, das derzeit ein zweifelhaftes Comeback auf der weltpolitischen Bühne feiert. Und gleichzeitig auf der Suche nach sich selbst ist.
"

Donnerstag, 10. März 2022

Mason, Daniel "Der Klavierstimmer ihrer Majestät"


Mason, Daniel "Der Klavierstimmer ihrer Majestät" (Englisch: The Piano Tuner) - 2002

Noch ein Lesekreis-Buch. Eine ziemlich interessante Geschichte, geschrieben von einem jungen amerikanischen Autor, über Kolonialismus, Geschichte, Musik, Pflanzen. Wer diese Art Geschichten über diesen Teil der Welt mag oder solche, die in einem historischen Umfeld spielen, wird dieses Buch genießen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird ein junger Klavierstimmer nach Burma geschickt, um ein seltenes Klavier zu reparieren.
Er lässt seine Frau in London zurück und beginnt seine Reise durch Europa, das Rote Meer und Indien. Unterwegs trifft er viele interessante Menschen, bis er im mysteriösen Dschungel von Burma ankommt.

Mir gefiel die Beschreibung der Menschen, der Landschaft, des Landes, der Kultur, der Politik, selbst die kleinen eingefügten Geschichten.
Auch die Geschichte an sich hat mir gut gefallen, nur war ich mit dem Ende nicht zufrieden, weil für meinen Geschmack am Ende zu viele Ungereimtheiten blieben. Wir hatten eine großartige Diskussion, weil einer unserer Mitglieder das Buch überhaupt nicht gefiel, während der Rest von uns sehr zufrieden damit war.

Uns hat es gefallen,
… weil es sich um ein Gebiet handelt, über das wenig geschrieben wird, und wir fanden seine beschreibenden Passagen sehr klar und anregend, die Sprache reißt einen einfach mit.
… weil es viel Symbolik und Gerede über den Glauben der Burmesen enthält.
… wegen der Beschreibung der Menschen, der Landschaft, des Landes, der Kultur, der Politik, auch kleiner Geschichten innerhalb des Romans.
… weil der Autor so viele andere Themen eingeführt hat, alle Details über Stimmung und Musik, wir waren immer wieder überrascht, dass es von einem Mann geschrieben wurde, der die Persönlichkeit der Hauptfigur liebte, er war sensibel und sanft.
… denn es gab wirklich gute Beschreibungen von Burma und der Reise, der kulturellen Unterschieden und des Kolonialismus.
… denn die drei verschiedenen Teile des Buches schildern drei unterschiedliche Teile seines Lebens, das gewöhnliche Leben, die Vorfreude auf etwas Neues, am Ende den Perspektivenwechsel.

Ich habe dieses Buch trotzdem gerne gelesen, weil ich mich für diesen Teil der Welt und seine Geschichte zu interessieren begann, nachdem ich "Der Glaspalast" (
The Glass Palace) von Amitav Ghosh gelesen hatte.

Es gibt seit über zehn Jahren Gespräche darüber, dies zu einem Film zu machen. Sollte interessant sein, aber ich habe die Befürchtung, der Plan wurde ad acta gelegt.


Buchrücken:

"London 1887: Die britischen Kolonialherren in Afrika und Asien stehen auf der Höhe ihrer Macht. Doch von den Gewaltverbrechen in der Ferne bekommt der Klavierstimmer Edgar Drake nur wenig mit, er hat Großbritannien noch nie verlassen - bis sein beschauliches Leben plötzlich komplett auf den Kopf gestellt wird: Wieso schickt ihn das britische Kriegsministerium in den umkämpften Dschungel von Birma, um einen Flügel zu reparieren?"

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Wir haben dieses Buch im Dezember 2006 in unserem internationalen Lesekreis gelesen.

Mittwoch, 9. März 2022

Borrmann, Mechtild "Grenzgänger"

Borrmann, Mechtild "Grenzgänger. Die Geschichte einer verlorenen deutschen Kindheit" [Cross-border commuters. The story of a lost German childhood] - 2018

Von Mechtild Borrmann hatte ich schon "Der Geiger" gelesen, auch ein sehr gutes Buch. Eine Freundin empfahl mir schon letztes Jahr "Grenzgänger", da dieses aber noch nicht als Taschenbuch zu haben war, musste ich das Lesen dieser Geschichte noch etwas verschieben.

Auch diesen Roman könnte man als Krimi bezeichnen. Mich hatte er vor allem interessiert, weil ich jahrzehntelang nicht weit von der Gegend gelebt habe. Freunde hatten uns von dem Schmuggel erzählt, der damals an der deutsch-niederländischen Grenze stattfand.

Die Autorin hat einen sehr guten Erzählstil. Ihre Geschichte klingt glaubhaft. Man hat fast den Eindruck, sie hätte Henni und ihre Familie persönlich gekannt.

Aber nicht nur vom Kaffeeschmuggel ist hier die Rede, auch von heimkehrenden Männern, die sich in dieser Welt nicht mehr wiederfinden. Und von Waisenkindern, die erbarmungslos drangsaliert werden. Sehr viele Themen, die die Autorin da aufgreift, die aber alle sehr wichtig sind und auch gut miteinander in die Geschichte einfließen.

Mir hat gefallen, wie wir die Geschichte von verschiedenen Erzählern dargestellt bekommen, jede Perspektive beleuchtet eine andere Seite der Begebenheiten, wie es ja in Wahrheit wohl auch meistens der Fall ist. Der Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen und Erzählern gefällt mir immer sehr gut.
Ein Stück deutscher Geschichte, das so nicht in den Schulbüchern steht, aber gerade deshalb so wichtig ist, erzählt zu werden.

Ich werde wohl noch mehr Bücher von Mechtild Borrmann lesen.

Klappentext:

"Die Geschichte einer verlorenen Kindheit

Wegen Kaffee Schmuggels an der Deutsch-Belgischen Grenze und ihrer 'krankhaften Verlogenheit' steckt man die siebzehnjährige Henni 1951 in eine Besserungsanstalt. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit.

Die jüngeren Geschwister, um die sie sich anstelle der toten Mutter gekümmert hatte, kommen in ein kirchliches Kinderheim, wo der kleine Matthias an Lungenentzündung stirbt. Auch das ist nur ein Teil der Wahrheit.

Eingebettet in ein duster Stück Zeitgeschichte, erzählt SPIEGEL-Bestsellerautorin Mechtild Borrmann mit der ihr eigenen soghaft-präzisen Sprache die Geschichte einer lebenshungrigen Frau, die an Gerechtigkeit glaubt und dafür kämpft, dass die Wahrheit um ihre Familie ans Licht kommt.
"

Dienstag, 8. März 2022

Hislop, Victoria "Insel der Vergessenen"

 

Hislop, Victoria "Insel der Vergessenen" oder "Die Insel" (Englisch: The Island) - 2005

Ein interessantes Buch über einen wunderbaren Teil dieser Welt mit einer erschütternden Vergangenheit. Als ich Kreta besuchte, nahmen wir auch ein Boot zur unbesetzten Insel Spinalonga. Wir konnten auf der Insel herumlaufen und uns umsehen, während wir der Geschichte dieses schönen kleinen Stückchens Land lauschten. Das Spannendste: Es wurde von 1903 bis 1957 als Leprakolonie genutzt. Menschen, die dorthin verbannt wurden, kehrten nicht ins normale Leben zurück, bis ein Heilmittel gefunden wurde.

Dieses Buch reflektiert das Leben der Menschen auf dieser Insel, wie sie dorthin kamen, wie ihr Alltag war, wie sich das Leben für die Zurückgebliebenen änderte, wie die Menschen in dem kleinen Dorf direkt gegenüber der Insel lebten. Die Autorin hat es geschafft, all dies durch eine Familie zu veranschaulichen, die an der ganzen Geschichte beteiligt war. Es gibt einige starke Charaktere in dieser verheerenden Familiensaga.


Buchrücken:

"Alexis Fielding sehnt sich danach, mehr über die Herkunft ihrer griechischen Mutter zu erfahren. Doch Sofia schweigt. Erst als Alexis kurz entschlossen nach Kreta aufbricht, gibt ihr Sofia einen Brief mit. Er sei, verspricht sie, der Schlüssel zur Vergangenheit. Bei ihrer Ankunft entdeckt Alexis nur einen Steinwurf von Plaka entfernt die Insel Spinalonga, bis 1957 Griechenlands Leprakolonie.

Endlich erfährt sie, welche Rolle diese '
Insel der Vergessenen' über Generationen im Leben ihrer Familie gespielt hat. Doch sie ahnt nicht, wie stark das Geflecht aus Intrigen, Verrat und enttäuschter Liebe bis heute ihr eigenes Leben bestimmt ..."

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Victoria Hislop at in der Zwischenzeit nicht nur fantastische andere Romane geschrieben, sondern auch eine Fortsetzung, "One August Night", die allerdings noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Das dürfte aber nicht allzu lange dauern. Wem "Die Insel der Vergessenen" diese gefallen hat, dem empfehle ich dringend, auch diese zu lesen.

Meine anderen internationalen Beschreibungen der Bücher von Victoria Hislop sind hier.

Montag, 7. März 2022

Jäger, Mia (Hrsg.) "Morgen, Freundchen, wird's was geben!"

Jäger, Mia (Hrsg.) "Morgen, Freundchen, wird's was geben!" [Tomorrow, my friend, there will be something!] - 2012

"Wer dem ganz normalen Weihnachtswahnsinn trotzen will, der braucht stahlharte Nerven und viel Humor" steht auf dem Buchumschlag. Stimmt, für manche der Geschichten braucht man auch viel Verständnis. Ich bin nun nicht der größte Fan von Kurzgeschichten, aber der Umschlag sah witzig aus und ich dachte, im Advent kann man so was mal lesen.

Na ja, manche Geschichten waren ganz nett. Ich mochte die "Christrosen" von Susanne Wahl, "Der Wind und die Weide" von Tanja Kinkel und "Schwere Entscheidung" von Gabriella Engelmann. Das war es dann aber auch schon. Manche anderen Geschichten waren mir einfach zu "seicht" oder zu verschroben (aber nicht im guten Sinne).

Nicht mein Ding.

Das beste war noch der Anhang: Kleines Punschrezeptbuch mit Weihnachtspunschideen und Punschkuchenrezepten.

Buchrücken:

"Wer dem ganz normalen Weihnachtswahnsinn trotzen will, der braucht stahlharte Nerven und viel Humor. Kein Problem, denn in diesem Jahr hält der Nikolaus einen ganzen Sack voll vergnüglicher Weihnachtsgeschichten für Sie bereit. Ob romantisch mit Silke Schütze, märchenhaft mit Tanja Kinkel, makaber mit Markus Heitz, humorvoll mit Steffi von Wolff oder sexy mit Anne West: Mit diesen 24 turbulenten Weihnachtsgeschichten kommen Sie garantiert entspannt und punschvergnügt durch den Advent. Mit leckeren Punschrezepten für den besonderen Lesegenuss!"

Freitag, 4. März 2022

Sendker, Jan-Philipp "Das Flüstern der Schatten"

  

Sendker, Jan-Philipp "Das Flüstern der Schatten" (China Saga #1) - Whispering Shadows - 2007

Ich hatte bisher nur das Sachbuch "Risse in der großen Mauer" von Jan-Philipp Sendker gelesen und fand es sehr gut.

Dann habe ich diesen Roman in einer Buchhandlung gefunden und die Beschreibung hat mich angesprochen.
Normalerweise lese ich keine Krimis, die meisten sind mir nicht "tiefsinnig" genug.

Doch dieser Roman ist so viel mehr als ein Krimi, er gibt einen Einblick in das heutige China, von dem wir noch viel zu wenig wissen. Der Autor berichtet über die Trauer eines Mannes, der seinen Sohn verloren hat. Und er spricht über die langsame Heilung nach einem schweren Schlag.

Das Buch ist sowohl philosophisch als auch informativ.
Eine hervorragende Geschichte. Der Autor war zuvor als Korrespondent in Asien tätig. Man merkt, dass er viele Einblicke und Hintergrundinformationen hat. Ich habe die beiden nächsten Teile der Trilogie gelesen, auch diese waren fantastisch.


Buchumschlag:

"Seit dem tragischen Tod seines Sohnes lebt Paul auf einer kleinen Insel vor Hongkong. Er hängt seinen Erinnerungen nach und meidet Kontakt zu anderen Menschen. Auch die engelsgleiche Geduld und das Liebeswerben von Christine Wu prallen an ihm ab. Als Paul die Bekanntschaft einer Amerikanerin macht, deren Sohn in Hongkong ermordet wurde, rührt ihre Verzweiflung über den Verlust an seinem eigenen Trauma. Zuerst scheut er davor zurück, sich an der Aufklärung zu beteiligen. Als er sich doch dafür entscheidet, öffnet sich ihm im Angesicht dieser Herausforderung ein Pfad zurück ins Leben und zur Liebe."

Dies sind die Bücher in der Drachen-Trilogie (China Saga):
"Das Flüstern der Schatten" (Whispering Shadows) (China Saga #1) - 2007
"Drachenspiele" (Dragon Games oder The Language of Solitude) (China Saga #2) - 2009
"Am anderen Ende der Nacht" (The Far Side of the Night) (China Saga #3) - 2016

Donnerstag, 3. März 2022

Jessop, Carolyn "Gefangene im Namen Gottes"

Jessop, Carolyn "Gefangene im Namen Gottes" (Englisch: Escape) - 2007

Man muss sich einmal vorstellen, im Alter von 18 Jahren zu einer Ehe mit einem 32 Jahre älteren Mann gezwungen zu werden. Und weiterhin, dass man Frau Nr. 4 wäre und es kommen noch einige dazu. Außerdem bekommt man in fünfzehn Jahren acht Kinder, die mit den anderen Frauen geteilt werden. Der Mann verlangt absoluten Gehorsam. Er missbraucht sowohl seine Frauen als auch seine Kinder. Was soll man da tun?

Carolyn Jessop ist so eine Frau, die genau das erlebt hat. Sie tat das einzig Mögliche, sie floh. Dies ist die Geschichte ihres Lebens, ein Bericht einer Frau in einer völlig mittellosen Lage, die um ihr Leben und das ihrer Kinder kämpfte.

Obwohl dies ein Buch über ein schreckliches Ereignis nach dem anderen ist, ist es auch ein Buch der Hoffnung, dass es etwas gibt, was man in einer hoffnungslosen Situation tun kann, bei der alle einem sagen, dass es unmöglich ist, davon loszukommen. Aber es zeigt, dass es immer Hoffnung gibt.
Ich habe nichts als Bewunderung für diese Frau.


Buchumschlag:

"Die 'Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage' gewährt Frauen keinerlei Rechte. Sie werden zwangsverheiratet, verfügen über kein eigenes Geld, dürfen ihren Beruf nicht frei wählen und müssen akzeptieren, dass ihre Männer mehrere Frauen haben. Carolyn Jessop wird in diese Sekte hineingeboren und im Alter von 18 Jahren mit einem 50-jährigen vermählt, der schon drei Frauen hat und ihr das Leben zur Hölle macht. In 15 Jahren bekommt sie acht Kinder. In ihrer Verzweiflung bleibt ihr nur ein Ausweg: Bei Nacht und Nebel wagt sie mit ihren Kindern die Flucht."

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Ein weiteres Buch über die FLDS (was mir nicht sonderlich gefallen hat):
Krakauer, Jon "Under the Banner of Heaven: A Story of Violent Faith" (Mord im Auftrag Gottes)

Mittwoch, 2. März 2022

Weiler, Jan "Im Reich der Pubertiere"

Weiler, Jan "Im Reich der Pubertiere" [In the realm of the puberty animal] (Pubertiere #2) - 2016

Wie schon sein Vorgänger, "Das Pubertier", ist das hier ein tolles Buch. Zum Teenager Carla, von der ja die erste Geschichte handelte, kommt noch ihr Bruder Nick hinzu.

Da kommt sicher so manchem Elternteil vieles bekannt vor. Ich habe mich jedenfalls köstlich amüsiert.

Was mir aber (fast) noch besser gefallen hat, ist das Nachwort, in dem Jan Weiler ein paar Wörtchen für die Pubertiere einlegt. Er behauptet (und ich stimme mit ihm überein): "Die Pubertät ist ein ziemliches Arschloch." Ihm falle nicht viel Schönes zu seiner eigenen Jugend ein. Ich bin zwar damals nicht sitzengeblieben, aber auch hier kam mir einiges bekannt vor. Ich werde also weiterhin Jan Weilers Bücher lesen, da gibt es sicher noch einiges Wissenswertes.

Und allen Eltern von Pubertieren kann ich nur sagen, versucht, eure Kinder so gut wie möglich zu verstehen und ihnen durch diese schwere Zeit zu helfen. Eines Tages werdet ihr sie euch zurückwünschen.

Klappentext:

"Chaos, Pickel und Hormone - Wie der Wahnsinn in der Familie weitergeht.

Inzwischen hat es der
Pubertier-Forscher nicht mehr nur mit einem weiblichen, sondern auch mit einem männlichen Exemplar der Gattung zu tun. Zu einigen Erkenntnissen ist er bereits gekommen: Pubertiere bewohnen am liebsten schlecht belüftete Räume, in denen sich Müllberge türmen. Die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Vertretern dieser Art erscheinen signifikant: Während das weibliche Pubertier durch maßlosen Konsum, unverständliches Monologisieren und multiples Dauermeckern auffällt, verbringt das Pubertier-Männchen seine Lebenszeit im Wesentlichen mit drei lautlosen Tätigkeiten: Schweigen, Müffeln - und Zocken.

Das klingt alles schlimm, schlimm, schlimm. Doch ohne Pubertiere wäre das Leben arm und öde. Und das Haus zu still und zu leer.
"

Dienstag, 1. März 2022

de Loo, Tessa "Die Zwillinge"

de Loo, Tessa "Die Zwillinge" (Niederländisch: De Tweeling) The Twins - 1993

Tessa de Loo ist eine in den Niederlanden hochgelobte Autorin (obwohl sie in der Schweiz lebt). Dieses Buch ist bemerkenswert.

Zwillingsschwestern werden nach dem Tod der Eltern getrennt, die eine geht zu einem Bauern in Deutschland, die andere wird von holländischen Verwandten aufgenommen.
Jetzt müssen sie ihr eigenes Leben führen, während ihre Länder auf zwei gegnerischen Seiten in den Krieg ziehen.

Die Autorin schreibt nicht nur über etwas, was sie selbst nicht erlebt hat (sie ist Jahrgang 1947), sie versucht auch, beide Seiten zu verstehen, sie sieht nicht nur die Niederländer als Opfer, sondern versteht auch die Probleme der Deutschen
. Eine sehr berührende Geschichte, denn die Zwillinge werden im Kindesalter getrennt und landen durch Zufall in den beiden unterschiedlichen Ländern. So deutet de Loo an, dass die meisten Menschen während des Krieges keine wirkliche Chance hatten, in welche Richtung sie sich entwickelten.

Hat jemand dieses Buch gelesen? Es ist spannend, es ist informativ, es ist großartig.

Wir haben dies 2000/2001 in unserem niederländischen internationalen Lesekreis, im Dezember 2004 in unserem
internationalen Lesekreis und im Februar 2008 in unserem deutschen Lesekreis diskutiert.

Buchumschlag: 
 
"Die Zwillingsschwestern Anna und Lotte haben sich fast ein ganzes Leben nicht gesehen, als sie sich mit 74 Jahren zufällig begegnen. Nach dem frühen Tod der Eltern wurden sie kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges auseinandergerissen. Während Anna beim Großvater in Deutschland blieb, wuchs Lotte bei niederländischen Verwandten auf. Ihre Begegnung führt sie zurück in die dunkelste Zeit des 20. Jahrhunderts, zu einer dramatischen Geschichte von Liebe, Schuld und Vergebung - und endlich wieder zueinander."

Ich habe das niederländische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.