Montag, 30. August 2021

Elbogen, Ismar; Sterling, Eleonore "Die Geschichte der Juden in Deutschland"

Elbogen, Ismar; Sterling, Eleonore "Die Geschichte der Juden in Deutschland" [The History of the Jews in Germany] - 1935/66

Vor einigen Jahren machten wir Urlaub in Süddeutschland, genauer gesagt, im Schwarzwald. Ausflug nach Freiburg. Dort fand ich einen antiquarischen Händler mit vielen schönen Büchern, die man sonst kaum irgendwo sieht. Unter anderem diese gute Zusammenfassung des Lebens der Juden in Deutschland, beginnend in der Römerzeit. Es endet hier mit dem 2. Weltkrieg, aber zum Glück gibt es immer noch Juden hier. Und wird es hoffentlich weiter geben. Je mehr verschiedene Kulturen ein Land hat, desto aufgeklärter und toleranter sollte es werden. Hoffentlich.

Ismar Elbogen war ein jüdischer Religionswissenschaftler, wurde 1874 geboren, in Schildberg im Wartheland, das damals noch zu Preußen gehörte und heute wieder auf Polnisch Ostrzeszow heißt. Er war Dozent an Hochschulen und publizierte diverse Schriften und Bücher auf Deutsch über das Judentum. 1938 emigrierte er in die USA, wo er bis zu seinem Tode an jüdischen Hochschulen unterrichtete.

Da er 1943 gestorben ist, war seine "Geschichte der Juden in Deutschland", die er 1935 verfasst hatte, natürlich nicht vollständig, daher hat Eleonore Sterling den letzten Teil geschrieben. Wie es den Juden im und nach dem 2. Weltkrieg ergangen ist. Sie war eine deutsche Politologin, die im gleichen Jahr in die USA geflohen war wie Ismar Elbogen und hat ebenfalls verschiedene Bücher über den Antisemitismus verfasst. Eines ihrer Werke heißt "Er ist wie du". Diesen Satz sollte sich jeder, der anderen Menschen gegenüber Vorurteile hat, hinters Ohr schreiben.

Dieses Buch stellt eine gute Zusammenfassung dar. Es macht uns bewusst, dass der Judenhass nicht erst mit den Nazis entstand und nicht nur in Deutschland. Über die Jahrhunderte hinweg, haben diese Menschen immer wieder mit Vorurteilen, Einschränkungen, Verfolgungen, Pogromen und Ghettos leben müssen.

Wir sollten Bücher wie diese zur Pflichtlektüre an allen Schulen erklären. Es ist nie zu spät, etwas über diese Geschichte zu lernen und nie zu früh, die Menschen darüber aufzuklären.

Klappentext:

"Dieses Werk des Religionswissenschaftlers Elbogen ist die erste Gesamtdarstellung der Geschichte der Juden in Deutschland.

Eleonore Sterling hat das 1935 erstmals erschienene Buch neu bearbeitet, erweitert und bis zum Ende der
'Geschichte der Juden in Deutschland' weitergeführt. Eine solche Darstellung muss sich analytisch vertiefen, um die bisher viel zu vernachlässigten Verschränkungen mit der allgemeinen deutschen Geschichte aufzuzeigen.

Der Bericht setzt ein bei der Ansiedlung jüdischer Menschen während der Römerzeit. Es folgt die Schilderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Juden im Mittelalter, ihre wechselhafte Rechtslage und ihre kulturelle Entfaltung. Die Darstellung befasst sich mit der Verfolgung zur Zeit der Kreuzzüge und des Schwarzen Todes.

Untersucht werden die Rückwirkungen des Humanismus und der Reformation, die schwierige Lage der Judenschaften und Hoffaktoren unter der Staatsraison des absolutistischen Regimes. Übergehend in das Zeitalter der Aufklärung zeigt die Arbeit die gescheiterten Hoffnungen auf eine neue Bruderschaft der Menschen sowie die inneren Reformbestrebungen und den Kampf um die rechtliche und politische Emanzipation im 19. Jahrhundert.

Die Autoren untersuchen die wirtschaftliche Lage der Juden im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, die Verweigerung einer menschlichen Integration  in die deutsche Gesellschaft; weiterhin werden die religionsgeschichtlichen Motive des politischen Antisemitismus im Rahmen der Gesamtpolitik analysiert.

Die
'Geschichte der Juden in Deutschland' endet mit der Geschichte ihrer Verfolgung und Vernichtung im Dritten Reich."

Samstag, 28. August 2021

Orth, Stephan "Couchsurfing in China"

Orth, Stephan "Couchsurfing in China. Durch die Wohnzimmer der neuen Supermacht" - Couchsurfing in China: Encounters and Escapades Beyond the Great Wall aka High Tech and Hot Pot: Revealing Encounters Inside the Real China - 2019

Stephan Orth habe ich schon mit seinem Buch über Russland (Couchsurfing in Russland. Wie ich fast zum Putin-Versteher wurde/Couchsurfing in Russia: Friendships and Misadventures Behind Putin’s Curtain) kennengelernt. Als mir diese Ausgabe über China in die Hände fiel, konnte ich nicht widerstehen, ich musste es einfach lesen.

Und wieder können wir einen kleinen Einblick tun in das Leben ganz normaler Menschen in China. Wobei, ganz normal sind die meisten Gastgeber wohl doch nicht, sie sind sehr sozial und bieten wildfremden Menschen ein Dach über dem Kopf und ein Bett zum Schlafen an, führen sie durch ihre Stadt und erzählen von ihrem Leben, der Durchschnittsbürger macht das wohl in keinem Land.

Trotzdem, oder gerade deswegen, sind die Bücher von Stephan Orth sehr interessant. Ich habe von Riesenstädten gelesen, die größer sind als die größten europäischen Städte, von denen man noch nie etwas gehört hatte.

Aber auch seine Berichte von seinen Gastgebern sind total spannend und machen Lust, selbst einmal eine solche Reise zu unternehmen.

Wieder mal ein tolles Buch. Ich werde zum einen zusehen, dass ich "Couchsurfing im Iran" auch bald mal lese und bin zum zweiten mal gespannt, wohin es unseren Globetrotter beim nächsten mal führt.

Klappentext:

"Wie ticken die Menschen in China? Er reist mit Vorliebe durch Länder mit einem schlechten Ruf: Drei Monate lang erkundet Couchsurfer Stephan Orth das Reich der Mitte, um herauszufinden, wie die neue Weltmacht tickt: vom Spielerparadies Macao im Süden bis nach Dandong an der Grenze zu Nordkorea, von Shanghai bis in die Krisenprovinz Xinjiang. Er besucht Hightech-Metropolen, die mit totaler Überwachung experimentieren, und abgeschiedene Dörfer, in denen fürs Willkommensessen der Hund geschlachtet wird. Er wird als Gast einer Live-Fernsehshow zensiert und tritt fast einer verbotenen Sekte bei. Auf seiner Reise von Couch zu Couch versucht er sich als Wettkampf-Korbflechter, tanzender Englischlehrer und Casino-Glücksritter. Dabei wird immer deutlicher, wie sich das Leben hinter den Kulissen der neuen Supermacht gestaltet, welche Träume und Ängste die Menschen bewegen: Und plötzlich wirkt das schwer durchschaubare China viel weniger fremd, als man vermutet hätte."

Dienstag, 24. August 2021

Mak, Geert "Das Jahrhundert meines Vaters"

Mak, Geert "Das Jahrhundert meines Vaters" (Niederländisch: De eeuw van mijn vader) - My Father's Century - 1999

Geert Mak ist einer der besten niederländischen Sachbuchautoren, die ich kenne. In diesem Jahrhundertbuch beschreibt er das Leben seines Vaters und seiner Familie im vorigen Jahrhundert sowie gleichzeitig die Geschichte der Niederlande im 20. Jahrhundert. Die Arbeiterfamilie, deren Sohn als Priester nach Indonesien geht, die Zeit der Weltkriege und was diese zur Veränderung des Lebens beitragen.

Eine historische Erzählung, wie wir sie kaum kennen. Ja, wir wissen, dass die Nazis die Niederlande besetzt hatten und wir dort seither nicht mehr ganz so gern gesehen werden, es sei denn, wir kommen als Touristen und bringen Geld. Wie das Land vor dem 2. Weltkrieg ausgesehen hat, wissen wir kaum. Geert Mak erzählt uns davon. Aber er verschweigt auch die dunkle Seite der Niederlande nicht, die Beteiligung der Niederländer an der Ermordung ihrer eigenen Mitmenschen, den Verrat der Juden, Und auch das Kolonialregime, dass sie in Indonesien geführt haben, läßt er aufleben.

Zitat: "Nu, na honderd jaar van bloed en idealen, weten we meer. Het is tijd om onze historische arrogantie los te laten, om bruggen te slaan door de tijd, om naast de voorgaande generaties te gaan staan."
(Nun, nach hundert Jahren des Blutes und der Ideale, wissen wir mehr. Es ist an der Zeit, unsere historische Arroganz loszulassen, Brücken zu schlagen, es ist Zeit, neben den vorherigen Generationen zu sehen.)

Klappentext:

"Eine mitreißend lebendige Familiengeschichte um einfache Leute vor dem Hintergrund der großen historischen Ereignisse

Am Mikrokosmos seiner Familie schildert Geert Mak das 20. Jahrhundert in den Niederlanden: das Landleben um 1900, den Ersten Weltkrieg, die Not und Entbehrungen, die Zwischenkriegszeit, die Zerstörung Rotterdams, die deutsche Besetzung 1940, und schließlich den Aufstieg des Landes zwischen Meer und Marsch zu einem Musterland Europas.
"

Ich habe das niederländische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Montag, 23. August 2021

Montasser, Thomas "Das Glück der kleinen Augenblicke"

Montasser, Thomas "Das Glück der kleinen Augenblicke" [The happiness of the small moments] - 2017

Dieses Buch fiel mir zuerst wegen des Titelbildes auf, eine alte Schreibmaschine verlockt mich immer, mir irgend etwas genauer anzusehen.

Zwei Geschichten zum Preis von einem. Während eine junge Frau den Autoren eines Manuskripts sucht, das sie gefunden hat, erzählt gleichzeitig ein junger Mann von seinem Leben, in dem er von einem Unglück ins nächste purzelt. Die italienische Lektorin lebt in London, wo ihr auch der Text in die Hände fällt. Wir verfolgen Marietta Piccini quer durch London, wo sie ergebnislos den Verfasser sucht, während wir gleichzeit sehen, warum sie ihn einfach nicht findet.

Ein amüsantes Buch, ein nettes Buch, ein Buch für die kleinen Augenblicke.

Klappentext:

"Wer das Glück nicht sucht, wird es finden An einem sonnigen Tag im August fällt der Lektorin Marietta Piccini auf den Stufen vor der London Library durch einen Zufall das beste Manuskript in die Hände, das sie jemals gelesen hat. Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der mit dem Talent gesegnet ist, stets das Gute im Unglück dieser Welt zu entdecken. Dummerweise weiß Marietta nicht, wer der Autor ist. Sie macht sich auf die Suche nach ihm und erlebt eine wunderbare Überraschung …"

Samstag, 21. August 2021

Bauer, Thomas "Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt"

Bauer, Thomas "Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt" [The Unification of the World. About the loss of ambiguity and diversity] - 2018 

Ich habe mich schon oft gefragt, warum jetzt immer alles überall gleich sein muss. Ob ich in Hamburg, Köln, Frankfurt, München oder Berlin einkaufen gehen, jede Einkaufsstraße sieht genauso aus, hat die gleichen Geschäfte, die gleichen Angebote. Es lohnt sich gar nicht mehr, sich zum Einkaufen in eine andere Stadt zu begeben. Und seitdem alle Welt immer nur beim großen Internet-Anbieter bestellt, ist es noch schlimmer.

Daher sprach der Autor mir von der Seele. Er beklagt den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt. Zugegeben, die Gastronomie hat gegenüber meiner Kindheit, als man kaum Essen ging, weil es doch überall das Gleiche gab wie zu Hause, sich natürlich bereichert. Aber auch dort sieht man immer mehr Ketten, die die Städte besetzen.

Wo sind die kleinen Unternehmen geblieben und wie wirkt sich das auf uns aus? Das ist eine Frage, die der Autor zu beantworten versucht. Er klärt uns auf, dass dies nicht nur ein Verlust an Verschiedenartigkeit der Waren ist, sondern auch andere Konsequenzen für unser Leben hat.

Das Buch gibt wirklich viele Ansätze und regt zum Nachdenken an.

Klappentext:

"Was haben das Verschwinden von Apfelsorten, das Auftreten von Politikern in Talkshows, religiöser Fundamentalismus und der Kunst- und Musikmarkt miteinander gemeinsam? Überall wird Vielfalt reduziert, Unerwartetes und Unangepasstes zurückgedrängt. An die Stelle des eigentümlichen Inhalts rückt vermeintliche Authentizität: Nicht mehr das 'was' zählt, sondern nur noch das 'wie'.

Thomas Bauer zeigt die Konsequenzen auf, sollten wir diesen fatalen Weg des Verlustes von Vielfalt weiter beschreiten.
"

Mittwoch, 18. August 2021

Kaminer, Wladimir "Ausgerechnet Deutschland"

Kaminer, Wladimir "Ausgerechnet Deutschland. Geschichten unserer neuen Nachbarn" [Germany of all. Stories of our new neighbours] - 2018

Nachdem ich "Russendisko" von Waldimir Kaminer gelesen hatte, nahm ich mir fest vor, weitere Bücher dieses Autoren zu lesen. Aber wie das so ist, es gibt ja so viele Bücher, irgendwie blieb es bei dem Vorsatz.

Bis ich vor kurzem ein neues Buch fand, dessen Thema mich sehr interessierte. Wie geht es den Flüchtlingen in Deutschland und was sagen sie zu ihrer Gastheimat? Ich kenne einige persönlich und die sind auch sehr zufrieden, aber das muss ja nicht ei allen so sein.

Deshalb kam das Buch von dem russischen Autor, der seit Jahren in Deutschland lebt, sehr gelegen.

Der Autor beschreibt nicht nur seine verschiedenen Erfahrungen sondern auch die anderer Deutscher, die Tag für Tag mit Flüchtlingen, vornehmlich aus Syrien, zu tun haben.

Ein sehr interessantes, informatives Buch, absolut positiv mit viel Humor geschrieben.

Klappentext:

"Täglich beobachtet Wladimir Kaminer, wie der Zuzug von Flüchtlingen Deutschland verändert. Und wie das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Kulturen zahllose Geschichten hervorbringt. Diese erzählt Wladimir Kaminer voll Humor und echter Neugier, aber ohne falsches Pathos. Er berichtet vom syreralistischen Komitee zur Rettung der Welt, das in seinem Dorf in Brandenburg gegründet wurde; von einem Zuckerbäcker aus Damaskus, der mit seinen Kreationen auf Rügen scheitert, von schockierten muslimischen Asylbewerbern, die Wladimirs Sohn mit leckeren Schweineöhrchen beschenken will, oder von Syrern, die in Babelsberg als Komparsen für die Serie »Homeland« abgelehnt werden, weil Albaner »syrischer« aussehen als sie. Und am Ende fragt er: Haben wir es geschafft?"

Mittwoch, 4. August 2021

Marbe, Nausicaa "Mandraga"

Marbe, Nausicaa "Mandraga" (Rumänisch: Mândraga) [Mandraga] - 1998

Die Protagonistin Ira stammt von reichen Gutsbesitzern in Rumänien ab, hat aber nach der Enteignung und der Machtübernahme durch Ceaușescu das Land verlassen und lebt seitdem in den Niederlanden. Erst Jahre später kehrt sie in ihre Heimat zurück, als ihr Vater im Sterben liegt.

Das Buch gliedert sich eigentlich in drei Teile, wobei der mittlere, das Leben in den Niederlanden, den Anfang macht. Mir hat die zweite Hälfte, die von Iras Leben in Rumänien als Kind und von ihrem späteren Besuch erzählt, wesentlich besser gefallen. Ich konnte ein Land entdecken, von dem ich eigentlich viel zu wenig weiß.

Iras Lebenslauf hat viel gemeinsam mit dem der Autorin, vielleicht macht auch dies die Geschichte interessanter.

Auf jeden Fall ein interessantes Buch, das uns viel zu erzählen hat.

Vorwort:

"Wenn ich die Erinnerung an meine Vorfahren wachrufe, so deshal, weil ich in ihnen eine Quelle meiner Kraft sehe. Ihnen danke ich es, dass alte Trachten, Möbel, Schriften in vergilbten Dokument nicht nur tote Dinge für mich sind." Czesław Miłosz, West und Östliches Gelände

Klappentext:

"Einst waren Iras Eltern wohlhabende Gutsbesitzer und lebten auf Mandraga, einem prächtigen Anwesen in der Donauebene. Doch dann rollt die Geschichte über diese glanzvolle Welt hinweg, die Familie muss Mandraga in den vierziger Jahren verlassen. Ira wächst in Bukarest auf und geht als junge Frau nach Amsterdam. Viele Jahre hat sich ihre Heimat nicht gesehen, doch nun ist der Moment gekommen: sie kehrt zum ersten Mal in ihre Land zurück. Mit Iras Reise in die Vergangenheit ersteht eine versunkene Welt zu neuem Leben- und mir ihr die Menschen, die Ira lehrten, das Leben zu lieben."