Montag, 24. Januar 2022

Böll, Heinrich "Der Engel schwieg"

Böll, Heinrich "Der Engel schwieg" - The Silent Angel - 1949/50

Ich weiß, dass ich in der Schule Bücher von Böll gelesen habe. Aber das ist lange her und ich bezweifle, dass ich seitdem eines gelesen habe. Ich weiß nicht warum. Ich liebe Nobelpreisträger und er ist einer von ihnen. Normalerweise lese ich auch seine Art von Genre gern. Gerade deswegen keine Ahnung, warum ich nie wieder etwas von ihm gelesen haber, aber so ist es nun mal.

Endlich habe ich es geschafft und eines seiner Bücher gelesen. "Der Engel schwieg" handelt von einem Soldaten, der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurückkehrt. Mit falschen Papieren. Er geht zurück in seine alte Heimat Köln (auch Heinrich Bölls Heimatstadt) und versucht, wie so viele andere, einfach zu überleben. Er findet gute Menschen, die ihm helfen, aber auch Engstirnige, die nur an sich denken.

Eine sehr berührende Geschichte darüber, wie die Menschen nach all den Schrecken des Krieges wieder ins Leben zurückkehren wollen. Köln war besonders betroffen, nach Dresden wohl eine der am stärksten zerstörten deutschen Städte. Das merkt man heute noch, denn von dem, was vor dem Krieg dort stand, ist kaum noch etwas übrig. Nur der Dom, der Rest wurde alles neu gebaut, meist hässliche Gebäude, die nach dem Krieg schnell errichtet wurden, damit die Leute eine Bleibe hatten.

Obwohl der Roman 1959 geschrieben wurde, wurde er erst 1992 veröffentlicht. Ich denke, das zeigt, wie viel Einfluss die Nazis damals noch hatten. Nicht alle landeten in Nürnberg.

Jedenfalls zeigt dieser Roman, wie es dem "kleinen Mann" während und nach dem Krieg ergangen ist. Heinrich Böll hatte ein großartiges Talent, Art, jedes noch so kleine Detail zu beschreiben, ohne dass es langweilig wird. Ich werde sicher noch mehr seiner Bücher lesen.

Buchumschlag:

"Der Engel schwieg, 1949-1951 geschrieben, ist Bölls erster Roman, der im Nachkriegsdeutschland spielt. Er beginnt am 8. Mai 1945, dem Tag der Kapitulation, und führt mitten hinein in die Trümmerlandschaft einer deutschen Großstadt. Vielleicht war das der Grund, weshalb das Manuskript, das ein Jahr lang zur Veröffentlichung vorlag, dann doch nicht erschien. Der damalige Verlag nahm auf den Wandel des Publikumsgeschmacks Rücksicht: Man wollte nicht mehr an das unmittelbar zurückliegende Elend erinnert werden. So blieb das Manuskript liegen und wurde für Böll Steinbruch und Humus zugleich.

Textteile bot er, leicht gekürzt oder verändert, erfolgreich als Kurzgeschichten an. Eines der zentralen Themen aber, die Auseinandersetzung mit dem Nachkriegskatholizismus, wirkte sich bis in einzelne Motive, Handlungszüge, Figuren und Textpassagen in dem Roman '
Und sagte kein einziges Wort' aus.

Heute liest sich das Buch wie die Kraftquelle der Erinnerung, die das Böllsche Werk geprägt hat. Böll zeigt in ihm die Existenz des Menschen in der Stunde Null. Ein Soldat, mit falschen Papieren desertiert, kehrt in seine zerbombte Heimatstadt zurück, auf der Suche nach Brot, nach einer Bleibe und nach Menschen. Er findet Menschlichkeit, aber auch die Härte des Eigeninteresses, verbrämt mit christlicher Doppelmoral. Unangefochten davon bleibt die Liebesgeschichte, '
klar und spröde, die der Phrasenlosigkeit der heimkehrenden Generation entspricht, die weiß, daß es keine Heimat auf dieser Welt gibt'. (Böll)

Mehr als vierzig Jahre blieb dieser frühe Roman Bölls unveröffentlicht, weil sein Thema, die unmittelbare Nachkriegszeit, zuviel heraufbeschwor, an das man lieber nicht erinnert werden wollte. Erst 1992 erschien er zum ersten Mal und wurde ein großer Erfolg. Schnell wurde auch deutlich, daß in diesem Roman bereits alle wichtigen Motive der späteren Werke Bölls vorliegen. Als Kraftquelle der Erinnerung ist diese Liebesgeschichte, '
die der Phrasenlosigkeit der heimkehrenden Generation entspricht, die weiß, daß es keine Heimat auf der Welt gibt' (Böll), eine Entdeckung, zugleich aber auch ein idealer Einstieg in die Literatur dieses großen deutschen Schriftstellers. Informieren Sie sich auch über das größte editorische Unternehmen in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch: Heinrich Böll, Werke 1 - 27 Kölner Ausgabe."

Heinrich Böll erhielt den Nobelpreis für Literatur 1972 "für eine Dichtung, die durch ihren zeitgeschichtlichen Weitblick in Verbindung mit ihrer von sensiblem Einfühlungsvermögen geprägten Darstellungskunst erneuernd im Bereich der deutschen Literatur gewirkt hat".

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Freitag, 21. Januar 2022

Michel, Sascha; Hosemann, Jürgen "Weihnachtsgeschichten für Glückliche Stunden"

Michel, Sascha; Hosemann, Jürgen (Hrsg./Ed.) "Weihnachtsgeschichten für Glückliche Stunden" [Christmas Stories for Happy Hours] - 2021

Weihnachtsgeschichten aus vielen Ländern von Schriftstellern aus noch mehr Ländern, z.B. Bulgarien, Deutschland, Italien, die Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz, den USA und dem Vereinigten Königreich.

Ich habe mich gefreut, endlich den Ursprung und Autoren einer Geschichte zu finden, die mir schon als Kind so gut gefallen hat, "Das Weihnachtsgeschenk" von O. Henry, eines der schönsten Erzählungen über die Bedeutung von Weihnachten. Aber auch ein paar andere waren dabei, die mir gefielen, einige, die ich schon kannte ("Der Heilige Abend bei den Buddenbrooks" von Thomas Mann, "Die Heilige Nacht" von Selma Lagerlöf), andere, die für mich neu waren ("Die drei dunklen Könige" von Wolfgang Borchert, "Weihnachtshaus" von Zsuzsa Bánk, "Was unternehme ich Silvester" von Kurt Tucholsky). Zum Schluss gab es noch ein schönes Gedicht von Robert Gernhardt (siehe hier). Ich lese nicht gerne Gedichte, aber dieses ist so schön, dass ich mir wohl ein Buch dieses Poeten bestellen werde.

Mir haben nicht alle Geschichten gleich gut gefallen, ich bin eigentlich auch kein großer Freund von Kurzgeschichten, aber es ist ein nettes Büchlein zur Weihnachtszeit.

Klappentext:

"'Weihnachtsgeschichten für glückliche Stunden' ist das perfekte Geschenkbuch für die schönste Zeit des Jahres. Es vereint klassische Weihnachtstexte mit zeitgenössisch-überraschenden und spannt einen leuchtenden Bogen von der adventlichen Vorfreude bis zur Aussicht auf Silvester.

Mit Weihnachtstexten von Zsuzsa Bánk, Theodor Fontane, Roger Willemsen, Joachim Ringelnatz, Helga Schubert, Joseph Roth, Ulrich Tukur, Hans Fallada, Ilse Aichinger, Wolfgang Borchert, Thomas Hürlimann, Else Lasker-Schüler, Elias Canetti, Marie von Ebner-Eschenbach und vielen anderen.


'Alles war gut und schön. Auch mir wird es im Himmel gefallen haben. Aber dann begann sich Mimi über diesen Himmel doch zu wundern. Der Oberengel hatte vorstehende Zähne und glich trotz seiner Flügel der Oberschwester vom 'Liebfrauenhof'. Als die Engel 'Stille Nacht, Heilige Nacht' anstimmten, sangen sie ein wenig falsch, und vor dem Fenster schneite es.' Thomas Hürlimann"

Donnerstag, 20. Januar 2022

Kennel, Odile "Was Ida sagt" - 2011

Kennel, Odile "Was Ida sagt" [What Ida says] - 2011

Ich habe schon viele Bücher gelesen über Menschen im zweiten Weltkrieg. Auch und besonders über Frauen im zweiten Weltkrieg. Jedes ist wieder anders. Jeder Mensch hatte sein eigenes Schicksal. Und jeder hat es auf seine Art und Weise an die nächste Generation weitergegeben.

Davon erzählt die Geschichte. Louise hat den Krieg nicht persönlich miterlebt, ihre Mutter Paulette sehr wohl. Genauso wie ihre Großmutter und die Großcousine Ida, von der Louise noch nie etwas gehört hatte.

So nach und nach werden wir mit der Geschichte der Familie bekannt gemacht. Auch ohne Krieg hatte diese schon genug um die Ohren, der Krieg verstärkte die Probleme lediglich. Louise erfährt von ihrer Cousine Ida den Teil, der ihr immer verschwiegen wurde.

Der Roman ist spannend und gut zu lesen. Wie die Protagonistin, ist auch die Autorin mit zwei Ländern aufgewachsen. So eine Mischung ist nie einfach, vor allem, wenn ein Teil deutsch ist. Ich finde, sie hat die Problematik gut dargestellt. Man merkt die eigene Erfahrung.

Ich werde gerne noch mehr von Odile Kennel lesen.

Buchumschlag:

"Die Geschichte einer Familie in der Normandie aus der Perspektive von drei Frauen. Ein eindringlicher Roman über Väter, die verschwiegen wurden, über Töchter, die nach Deutschland flohen, über das Warten, die Gezeiten, über Besatzung und Befreiung, Goldknöpfe und feine Stoff, über Freundschaft und Verrat.

Ende der Achtzigerjahre lebt Louise in Berlin, aufgewachsen ist sie in der Normandie. Als sie unerwartet auf Ida trifft, eine ihr unbekannte Großcousine, erfährt sie, was ihr bislang verschwiegen wurde: Während die Deutschen Frankreich besetzten, verliebte sich ihre Mutter Paulette in Franz, einen Wehrmachtssoldaten - ein Skandal in Frankreich und für die Familie. Ida verschaffte Paulette ein Alibi für die heimlichen Treffen. Doch Idas Lebensgeschichte birgt noch weit mehr Geheimnisse. Ein Roman über eine außergewöhnliche Familie in der französischen Provinz, der in den Dreißigerjahren beginnt und eng mit den historischen Ereignissen verbunden ist.
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