Samstag, 29. Juli 2023

Myers, Benjamin "Offene See"

 Myers, Benjamin "Offene See" (Englisch: The Offing) - 2019

Als 2020 das neueste "Lieblingsbuch der Unabhängigen" angekündigt wurde, sah ich es in meiner Buchhandlung und fand es interessant, aber da mein SUB immer größer wurde, hatte ich es nicht gleich gekauft. Dies ist aber auch das einzige Mal, dass ich froh bin, dass ich in meiner neuen Heimatstadt keine englischen Bücher in der Bücherei ausleihen kann, weil ich sie jetzt besitze. Es ist definitiv ein Buch zum Behalten.

Ich bin froh, dass dies den Preis erhalten hat, denn bisher war "Der Gesang der Flusskrebse" (
Where the Crawdads Sing) (das letztes Jahr den Preis erhalten hatte) mein Lieblingsbuch des Jahres. Ich denke, es wurde durch dieses ersetzt.

Robert ist erst sechzehn Jahre alt. Er soll seinem Vater als Bergmann folgen, wie jeder andere kleine Junge in seinem Dorf in Durham im Norden Englands. Der Zweite Weltkrieg ist gerade zu Ende gegangen und Robert möchte ein wenig von der Welt sehen. Das England der Nachkriegszeit ist nicht gerade ein Traum, aber da er stark ist und viele Männer vermisst werden, findet er hier und da Arbeit und zieht dann weiter ins nächste Dorf.

Bis er in Yorkshire das Meer und das Cottage von Dulcie erreicht.
Dulcie ist älter, viel älter als Robert, lebt allein, hatte aber ein interessantes Leben. Sie teilt ihre Erfahrungen mit dem jungen Findling, weckt sein Interesse an Literatur und zeigt ihm, dass es im Leben noch viel mehr gibt als das, was sein Heimatdorf zu bieten hat.

Dies ist ein wunderbares Buch über so viele Dinge: England und Europa, das Meer, Literatur, Poesie, das einfache Leben, die Natur. Er schreibt es als eine Art Memoiren aus seiner Zeit als er selbst alt war.

Es beginnt bereits mit einem tollen Zitat: "Denn niemand gewinnt wirklich einen Krieg: Manche verlieren nur etwas weniger als andere."
Ich begreife nicht, warum es Leute gibt, die das nicht verstehen.


Um seinen brillanten Sprachgebrauch zu zeigen, hier eine seiner Naturbeschreibungen (von mir übersetzt).
"Das Land floss jetzt in einem grasbewachsenen Mosaik aus Feldern voran, die bewirtschaftet und beweidet wurden, und wurde durch staubige Wege und dicht gepackte, mit Bäumen bewachsene Lichtungen geteilt."

Dieses Buch ist einfach wunderschön geschrieben.
Ein fantastisches Beispiel großartiger Literatur.

Der Autor stammt selbst aus Durham.
Er hat bereits viele renommierte Preise erhalten. Ich werde noch mehr seiner Bücher lesen müssen.


Buchbeschreibung:

"Der junge Robert weiß schon früh, dass er wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewegung, sehnt sich nach der Weite des Meeres. Daher beschließt er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, sich zum Ort seiner Sehnsucht, der offenen See, aufzumachen. Fast am Ziel angekommen, lernt er eine ältere Frau kennen, die ihn auf eine Tasse Tee in ihr leicht heruntergekommenes Cottage einlädt. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, allein lebend, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion. Aus dem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, und Robert lernt eine ihm vollkommen unbekannte Welt kennen. In den Gesprächen mit Dulcie wandelt sich sein von den Eltern geprägter Blick auf das Leben. Als Dank für ihre Großzügigkeit bietet er ihr seine Hilfe rund um das Cottage an. Doch als er eine wild wuchernde Hecke stutzen will, um den Blick auf das Meer freizulegen, verbietet sie das barsch. Ebenso ablehnend reagiert sie auf ein Manuskript mit Gedichten, das Robert findet. Gedichte, die Dulcie gewidmet sind, die sie aber auf keinen Fall lesen will."

"Offene See" wurde
2020 von den Deutschen Unabhängigen Buchhandlungen zum "Lieblingsbuch der Unabhängigen" gewählt.

Freitag, 28. Juli 2023

Canetti, Elias "Die Blendung"

Canetti, Elias "Die Blendung" - Auto-da-Fé - 1935

Welch ein Buch! Hat es mir gefallen? Hm, schwer zu sagen. Es wird als grotesk, obskur, seltsam usw. beschrieben. Und seltsam ist es auch.

Das Buch erzählt die Geschichte von Peter Kien, einem Sinologen und Philologen, der mit seinen Büchern sehr zurückgezogen in seiner Wohnung lebt. Er heiratet seine Haushälterin, gerät aber immer mehr in den Wahnsinn.

Peters Bruder Georg ist ein berühmter Psychologe in Paris. Von einem Bekannten Peters alarmiert, kommt er nach Wien, um zu helfen, bleibt aber leider erfolglos.

Dies ist ein sehr komplexes Buch, das unmöglich in ein paar Worten erklärt werden kann. Es ist ein Buch voller Besessenheit und Kritik an der damaligen Gesellschaft, aber auch eine Warnung vor dem, was kommen würde. Schließlich war dies zwei Jahre nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland und viele Menschen, wie der Autor, fürchteten um die Zukunft. Und sie hatten recht, wie sich herausstellte.

Die Bedeutung des englischen Titels wird in Wikipedia erklärt: Autodafé (spanisch auto de fe, portugiesisch auto de fé, von lateinisch actus fidei, "Urteil über den Glauben") bezeichnet die feierliche, meist öffentliche Verkündung der Urteile der Prozesse der Spanischen Inquisition oder der Portugiesischen Inquisition. Die Vollstreckung der Urteile, insbesondere das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen, fand nicht im Verlauf der eigentlichen Autodafés statt, sondern später an einem anderen Ort.

Das Buch wurde erstmals in englischer Sprache unter dem Titel "The Tower of Babel" veröffentlicht.
Der Aussage in der deutschen Buchbeschreibung: "... 'Die Blendung' [ist] eine kraftvolle Metapher für die Konfrontation des einsamen, nachdenklichen Geistes mit der Realität" kann ich nur zustimmen.

Buchbeschreibung:

"Kien, ein bedeutender Sinologe, führt in seiner 25.000 Bände umfassenden Bibliothek ein groteskes Höhlenleben. Seine Welt ist im Kopf, aber sein Kopf ist ohne Sinn für die Welt. Als er, von seiner Haushälterin zur Ehe verführt, mit dem ganz 'normalen' Leben konfrontiert wird, kann er sich nur noch in den Wahnsinn 'retten'. Dieser Roman, 1935 in Wien zum ersten Mal veröffentlicht, nimmt in der Literatur des 20. Jahrhunderts einen zentralen Platz ein. Wie Joyces 'Ulysses' ist 'Die Blendung' eine mächtige Metapher für die Auseinandersetzung des einsam reflektierenden Geistes mit der Wirklichkeit."

Elias Canetti erhielt den Nobelpreis für Literatur 1981 "für sein schriftstellerisches Werk, geprägt von Weitblick, Ideenreichtum und künstlerischer Kraft".

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Mittwoch, 26. Juli 2023

Ekert-Rotholz, Alice M. "Strafende Sonne, Lockender Mond"

Ekert-Rotholz, Alice M. "Strafende Sonne, Lockender Mond" [Punishing Sun, Tempting Moon] - 1959

Indonesien, Kolonialismus, Ich glaube, dies war eine meiner ersten Bücher über die Kolonialzeit. Die Autorin hat selbst einige Jahre in Asien verbracht und wohl so einiges aus ihren eigenen Beobachtungen verarbeitet.

Ich würde diesen Roman eher als etwas kitschig bschreiben, aber man kann auch einiges über das Leben in Indonesien zur Zeit des zweiten Weltkrieges erfahren.

Man darf dabei aber nicht vergessen, zu welcher Zeit das Buch geschrieben wurde und dass die Autorin den Geist der damaligen Zeit darstellt.

Buchbeschreibung:

"Im Auf und Ab der Schicksale von Kolonialgewaltigen unterm Tropenmond folgen wir den Abenteuern der leidenschaftlichen jungen Ärztin Jo van Swanenburgh. Allen bitteren Enttäuschungen zum Trotz treibt sie einem fremden Mann in die Arme. Die dramatische Geschichte dieser Frau ist verwoben in die bewegten Lebensläufe von Familien, die in dem chaotischen Wandel der Zeit vielfältigen Prüfungen ausgesetzt sind. Zuckerkönige auf Java, Reeder, Tabak- und Kautschukmagnaten verlieren im Zweiten Weltkrieg auf den fernöstlichen Besitzungen der Holländer Tradition und Besitz. In diesem fesselnden Roman der Erfolgsautorin Alice Ekert-Rotholz erleben wir ein Stück Überseegeschichte und das Ende eines feudalen Lebensstils."

und

"Indonesien, das verlorene Kolonialreich der Holländer mit seinem bunten Rassengemisch aus Chinesen, Javanern, Amerikanern und Europäern, ist der Schauplatz, auf dem sich im Gefolge weltpolitischer Umwälzungen die Auflösung der patriarchalischen Kolonialgesellschaft vollzieht. Ahnungslos treiben die großbürgerlichen Familien der Swanenburghs, der Polders, der Bloemendaals, der Meesters, die ihre Monopolstellungen im Zucker-, Tabak- und Kautschukhandel für unerschütterlich halten, in die Katastrophe hinein."

Montag, 24. Juli 2023

Fermor, Patrick Leigh "Zwischen Wäldern und Wasser"

Fermor, Patrick Leigh "Zwischen Wäldern und Wasser: Zu Fuß nach Konstantinopel: Von der Donau zum Eisernen Tor" (Englisch: Between the Woods and the Water: On Foot to Constantinople from the Hook of Holland) - 1986


Dieses Reisebuch wurde mir von einem Mitglied unseres Lesekreises Buchclubs empfohlen, sie war begeistert und da wir oft die gleichen Bücher mögen, war ich bereit, es zu lesen. Dies ist der zweite Teil einer Trilogie, der erste heißt "Die Zeit der Gaben: Zu Fuß nach Konstantinopel: Von Hoek van Holland an die mittlere Donau" (A Time of Gifts: On Foot to Constantinople: from the Hook of Holland to the Middle Danube), der letzte "Die unterbrochene Reise: Vom Eisernen Tor zum Berg Athos" (The Broken Road: From the Iron Gates to Mount Athos). Vielleicht hätte ich zuerst das erste Buch lesen sollen, da dieses die besseren Rezensionen hat, aber dies ist das Buch, das mir ausgeliehen wurde, mit dem Hinweis, dass es keine Rolle spielt, in welcher Reihenfolge man sie liest.

Ich liebe Reisebücher und diese Reise von Ungarn über Rumänien bis zur bulgarischen Grenze erschien mir interessant.
Es wurde vor der Machtübernahme der Faschisten in Europa geschrieben und war auch ein interessanter Zeitrahmen.


Der Schreibstil hat mir allerdings nicht besonders gefallen. Es wirkte eher wie das Tagebuch eines Teenagers, das er für sich selbst geschrieben hatte, und das war es wahrscheinlich auch, denn der Autor war erst 18 Jahre alt, als er diese Reise unternahm.

Mir gefielen die historischen Teile, die er wahrscheinlich später hinzufügte, aber als Reisebuch war es viel zu langweilig. Er erwähnt zwar die Menschen, die er trifft, und erzählt ein paar Geschichten, aber man hat nicht das Gefühl, dort zu sind, dass wir mit ihm reisen.

Er mag sich in späteren Jahren verbessert haben, da er sogar zum Ritter geschlagen wurde, aber ich bezweifle, dass ich eines seiner Bücher bald wieder in die Hand nehmen werde.


Buchbeschreibung:

"Im zweiten Teil seines Reiseberichts nimmt Patrick Leigh Fermor den Leser erneut mit in eine fremde, faszinierende und heute verschwundene Welt. Wir treffen ihn wieder 1934 in Budapest, wo er Bälle und Kaffeehäuser besucht. Auf einem geliehenen Pferd durchquert er die ungarische Tiefebene mit ihren Hirten und Ziehbrunnen, verweilt auf Landgütern, in denen die Zeit aufhört zu existieren, um dann weiterzuziehen bis in die siebenbürgischen Karpaten und zum Eisernen Tor, dem Ende Mitteleuropas."

Samstag, 22. Juli 2023

Schrobsdorff, Angelika "Du bist nicht so wie andre Mütter"

  

Schrobsdorff, Angelika "Du bist nicht so wie andre Mütter" - You Are Not Like Other Mothers - 1992

Das Leben einer jüdischen Mutter zu Beginn des letzten Jahrhunderts. In diesem Buch geht es um die Mutter der Autorin, Else, die nicht das war, was man von "netten" jüdischen Mädchen erwartete. Sie war eine sehr frühe Feministin, und das alles vor dem Hintergrund des zunehmenden Antisemitismus und des Beginns des Zweiten Weltkriegs, bei dem die meisten ihrer Familienmitglieder getötet wurden.

Else zog mit ihren Kindern nach Bulgarien, nur um sich dort verstecken zu müssen, außerdem rückten die Nazis überall näher.


Eine hochinteressante Geschichte über eine Zeit, die uns so viele Bücher bescherte, dass es oft schwer fällt, sich für ein Buch zu entscheiden.
Aber dieses ist es auf jeden Fall wert.


Buchbeschreibung:

"'Sie war so kompliziert wie ein Puzzle, das aus Tausenden Stücken zusammengesetzt ist - und ich mußte diese Teile finden und ineinanderfügen', schreibt Angelika Schrobsdorff über ihre Mutter. Die Teile, die sie benutzt, sind Briefe, Fotoalben, Erinnerungen von Freunden und für die spätere Zeit gemeinsam gelebtes Leben. Begonnen hat alles voller Harmonie in einem begüterten jüdischen Geschäftshaus im Berlin des Jahrhundertbeginns. Else Kirschner, sprühend vor Charme, mit dunklen Locken und leuchtenden Augen, liebte die rührend um sie besorgten Eltern, und sie liebte das Leben, das ihr Jahre des Wohlstands bescherte, angefüllt mit Theater und Konzerten, Ferien im Sommerhaus am See und großen Leidenschaften. Doch die Nazis setzen dem ein jähes Ende. Else, inzwischen mit dem preußischen Junker Erich Schrobsdorff verheiratet, flieht mit ihren beiden Töchtern nach Bulgarien ... Voller Leidenschaft, aber ohne Pathos, voller Mitgefühl und Bewunderung und dennoch mit kritischem Blick erzählt Angelika Schrobsdorff von den beiden Leben ihrer Mutter."

Freitag, 21. Juli 2023

Bennett, Alan "Die Souveräne Leserin"

 

Bennett, Alan "Die Souveräne Leserin" (Englisch: The Uncommon Reader) - 2007

Der Fahrer einer mobilen Bibliothek lernt Königin Elizabeth II. kennen, die ihre Leidenschaft für Bücher zur Obsession findet, fast eine Besessenheit, ständig liest und ihre Pflichten als Monarchin vernachlässigt.

Ein wenig satirisch, ein wenig lustig, insgesamt ein angenehmes Buch.
Mir gefielen die Verweise auf verschiedene andere Autoren und Romane sehr.

Und es geht nicht nur um die Königin, sondern auch um die Frage: Wie egoistisch ist ein Leser? Schließen wir die reale Welt aus, indem wir uns in die Literatur wagen?

Ich habe dieses Buch vor einigen Jahren gelesen und dann noch einmal  mit meinem neuen örtlichen Lesekreis. Wir hatten einen wunderbaren Abend. So viel und so lange haben wir noch nie über ein Buch geredet. Es gab ja auch viel zu besprechen, das englische Königshaus und vor allem die Queen, die ganzen Berater und sonstiges Gefolge, Lesen überhaupt, wie selbstsüchtig ist man? Wir haben viele lustige Stellen noch einmal gelesen und uns köstlich amüsiert.


Buchbeschreibung:

"Zum 60. Thronjubiläum der Queen: einmalige limitierte Sonderausgabe in royaler Ausstattung; blaue Seide, Silberprägung, farbiges Vorsatzpapier und Fadenheftung! Die Hunde sind schuld. Beim Spaziergang mit der Queen rennen sie los, um den allwöchentlich in einem der Palasthöfe parkenden Bücherbus der Bezirksbibliothek anzukläffen. 'Maam' ist zu gut erzogen, um sich nicht bei dem Bibliothekar zu entschuldigen, leiht sich ebenfalls aus Höflichkeit ein Buch aus und kommt auf den Geschmack. Von da an deckt sie sich jede Woche mit Lesestoff ein und lernt den Küchengehilfen Norman kennen, mit dem sie sich fortan über ihre Lektüren unterhält. 'Not amused' ist hingegen der Privatsekretär der Queen, Sir Kevin, der nichts unversucht lässt, 'Her Majesty' dem schädlichen Einfluss Normans zu entziehen. Denn die Queen beginnt, ihre Pflichten zu vernachlässigen, liest nun lieber in ihrer Kutsche, statt der Menge zuzuwinken. Ein Bennett 'at his best-very British', wie immer, und von so umwerfender Komik, dass Ihnen der 'Bowlerhat' hochgeht!"

Mittwoch, 19. Juli 2023

Owens, Delia "Der Gesang der Flusskrebse"

Owens, Delia "Der Gesang der Flusskrebse" (Englisch: Where the Crawdads Sing) - 2018

Dieses Buch wurde mir von so vielen Freunden empfohlen, und obwohl mein SUB ständig wächst, musste ich es einfach in die Hand nehmen, als ich es in einem örtlichen Buchladen entdeckte. Die Auswahl an englischen Büchern ist dort nicht immer groß, das sagt also schon viel. Normalerweise bin ich sehr skeptisch gegenüber Büchern, die jeder lobt, weil ich sie oft nicht mag, aber das war hier anders.

Ich denke, die Bewertung dieses Buches gehört zu den schwierigsten, die ich je machen musste.
Ich möchte es niemandem verraten, aber es ist nicht einfach, darüber zu schreiben, nachdem man alles gelesen hat. Ich hätte meine Rezension schreiben sollen, bevor ich das letzte Kapitel gelesen habe.


Wie auch immer, eine großartige Geschichte über Kya, ein Mädchen, das von ihrer Familie ganz allein gelassen wird, einer nach dem anderen geht, und im Alter von neun Jahren ist sie ganz auf sich allein gestellt. Die Dorfbewohner sehen sie, gelinde gesagt, "nicht wohlwollend" an.

In gewisser Weise gibt es zwei Geschichten, eine, in der Kya ein Kind ist, und eine, in der Kya 19 ist und ein Mord passiert ist. Unnötig zu erwähnen, dass es nicht lange dauert, bis sie die Hauptverdächtige ist. Die beiden Geschichten werden abwechselnd erzählt, bis sie schließlich miteinander verschmelzen. Ich liebe diese Art des Geschichtenerzählens.

Wir lernen Kya nicht nur als eine sehr einfallsreiche und bodenständige Person kennen, sondern auch als eine wunderbare Künstlerin, die am Ende ihre gebührende Anerkennung erhält.

Ich werde jetzt im Spoiler-Bereich weiter über den Rest des Buches sprechen. Wer das Buch noch nicht gelesen haben, auf keinen Fall öffnen.


Spoiler:

Wer auf der Suche nach einem fesselnden Buch ist, das man nicht aus der Hand legen kann, dem kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen. Ich hoffe, dass Delia Owens weitere Bücher schreiben wird. Vielleicht versuche ich es mit einer ihrer Memoiren, "Cry of the Kalahari" (Der Schrei der Kalahari), "The Eye of the Elephant" (Das Auge des Elefanten), or "Secrets of the Savanna" (Geheimnisse der Savanne).

Buchbeschreibung:

"Die berührende Geschichte von Kya, dem Marschmädchen, von der Zerbrechlichkeit der Kindheit und der Schönheit der Natur

Chase Andrews stirbt, und die Bewohner der ruhigen Küstenstadt Barkley Cove sind sich einig: Schuld ist das Marschmädchen. Kya Clark lebt isoliert im Marschland mit seinen Salzwiesen und Sandbänken. Sie kennt jeden Stein und Seevogel, jede Muschel und Pflanze. Als zwei junge Männer auf die wilde Schöne aufmerksam werden, öffnet Kya sich einem neuen Leben - mit dramatischen Folgen. Delia Owens erzählt intensiv und atmosphärisch davon, dass wir für immer die Kinder bleiben, die wir einmal waren. Und den Geheimnissen und der Gewalt der Natur nichts entgegensetzen können.
."

"Der Gesang der Flusskrebse" wurde 2019 von den Deutschen Unabhängigen Buchhandlungen zum "Lieblingsbuch der Unabhängigen" gewählt.

Montag, 17. Juli 2023

Osman, Richard "Der Mann, der zweimal starb"

Osman, Richard "Der Mann, der zweimal starb" (Thursday Murder Club #2) (Englisch: The Man Who Died Twice) - 2021

Nachdem ich "Der Donnerstagsmordclub" (The Thursday Murder Club) gelesen hatte, wusste ich, dass ich auch seine anderen Bücher lesen musste. Auch wenn ich kein Krimi-Fan bin - seine Bücher sind so viel mehr.

Die vier älteren Freunde sind wieder unterwegs, um ein Verbrechen aufzuklären, oder vielmehr mehrere davon.
Und die Spannung ist wirklich hoch. Ich bin nicht der Typ, der sich mit Krimis auskennt, aber ich glaube, selbst für die besten Detektivromanliebhaber ist es schwer, den Fall zu lösen.


Die Charaktere sind so liebenswert wie bisher. Und sie alle haben ihre eigenen kleinen Probleme, die oft nicht so einfach zu lösen sind wie die Morde. Aber das macht die Menschen noch netter und normaler.

Es wäre schön, wenn alle mit über siebzig Jahren genauso aktiv sein könnten wie die vier Freunde.
Auf jeden Fall werde ich ihre Verfolgungsjagden weiterhin verfolgen. Sobald das nächste Buch als Taschenbuch erscheint.


Buchbeschreibung:

"Da hat er sich in etwas reingeritten, der gute Marcus Carmichael. Und jetzt soll Elizabeth ihm da wieder raushelfen. Dabei sollte ihr ehemaliger Geheimdienst-Kollege doch eigentlich wissen, von wem man besser keine Diamanten mitgehen lässt, wenn man sich gerade auf einem Einsatz für den MI5 befindet. Dazu gehören ganz bestimmt: die New Yorker Mafia und kolumbianische Drogenkartelle. Sind die erst einmal im Spiel, geht es ziemlich sicher bald jemandem an den Kragen. Doch auch Profimörder können Fehler machen, etwa ihrem Handwerk in der Seniorenresidenz Coopers Chase nachzugehen. Denn wer hier mordet, dem ist der Donnerstagsmordclub auf den Fersen, und der macht, schneller als ihm lieb sein kann, aus dem Jäger den Gejagten."

Samstag, 15. Juli 2023

Kaminer, Wladimir "Die Wellenreiter

Kaminer, Wladimir "Die Wellenreiter. Geschichten aus dem neuen Deutschland" [The Wave Riders. Stories from the new Germany] - 2021

Wladimir Kaminer schafft es, selbst eine traurige Zeit so zu beschreiben, dass es zum Teil sowohl lustig als auch traurig ist. Man erkennt sich in seinen Geschichten wider, man erinnert sich an Ereignisse, de man schon fast vergessen hatte, und dennoch daraus gelernt hat.

Unser Land hat sich schon sehr verändert, leider nicht unbedingt zum Besseren. Es wäre so eine schöne Gelegenheit gewesen, in sich zu gehen, etwas mitzunehmen, zu verbessern. Ich denke da nicht nur an unsere Schulen, die ja plötzlich ratlos dastanden und das wohl bei einer ähnlichen Katastrophe wieder würden. Den Sprung ins 21. Jahrhundert haben viele noch nicht geschafft, auch jüngere Menschen nicht, die gerne mit dem Zeigefinger auf "die Alten" zeigen. Schade.

Aber das Buch von Wladimir Kaminer ist trotz oder gerade deswegen sehr lesenswert. Viel Spaß.

Buchbeschreibung:

"Deutschland steht kopf, und Wladimir Kaminer macht daraus Geschichten mit Humor und Hintersinn ...

Wladimir Kaminer hat Deutschland auf zahllosen Reisen bis in den letzten Winkel erkundet. Doch plötzlich erkennt er Land und Leute kaum wieder - der schön geordnete Alltag steht plötzlich kopf. Statt das Verrückte im normalen Leben zu entdecken, beobachtet er nun eine Normalität, in der alles verrückt Weihnachten ohne Märkte, Kreuzfahrten ohne Landgang und Pfeile am Boden, die uns den Weg durch eine veränderte Welt weisen sollen. Da braucht man jemanden, der einen zwischendurch zum Lachen bringt. Mit Wladimir Kaminer als Reisebegleiter durch dieses neue Deutschland ist eine große Portion Humor garantiert …
"

Freitag, 14. Juli 2023

Fredriksson, Marianne "Hannas Töchter"

 Fredriksson, Marianne "Hannas Töchter" (Swedisch: Anna, Hanna og Johanna) - Hanna's Daughters - 1994

"Hanna. Johanna. Anna. Drei Frauen, drei Generationen, eine Familie. …. Dieser leuchtende, herzliche Roman umspannt mehr als hundert Jahre im Leben von drei bemerkenswerten Frauen - einer Tochter, einer Mutter und einer Großmutter - Leben, die vom epischen Lauf der Geschichte geprägt und durch ein Jahrhundert voller großer Liebe und großer Verluste verbunden sind." (übersetzt von mir)

Ich habe dieses tatsächlich mit zwei verschiedenen Lesekreisen besprochen, zuerst mit meinem englischen in England im September 1999 und dann mit dem internationalen.

Eine bemerkenswerte Geschichte über das Leben von Frauen und wie es sich im letzten Jahrhundert verändert hat. Die Geschichte spielt in Schweden, aber sie hätte überall in Europa passieren können.

Allen hat dieses Buch wirklich gefallen.
Die Kommentare gingen von "Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen; es hat mir Spaß gemacht; es ist ehrlich und erzählt die Situationen wahrheitsgetreu; die Geschichte von Hanna ist sehr beeindruckend; es ist gut, dass sie darüber schreiben konnte." zu "Es sind drei verschiedene Bücher."


Das Buch galt als gut, leicht und wunderbar zu lesen, die drei Protagonisten sind recht glaubwürdig, sie wurden gut beschrieben. Marianne Fredriksson hat eine Art, die Geschichte zu erzählen, sie gibt einem das Gefühl, die Person oder Situation zu kennen und sich mit ihr identifizieren zu können. Es ist eine Gabe, wie die Autorin zu schreiben. Da ist so viel in diesem Buch, auch wenn es recht kurz ist. Manche Bücher sind viel länger  und enthalten lange nicht so viel. Es ist ehrlich, so kann man nur mit Freunden reden.

Allerdings tauchen viele Personen in der Geschichte auf, einige mussten Notizen machen, um den Überblick zu behalten, wer wer ist, andere erstellten eine Liste (immer eine gute Idee, sobald man merkt, dass es in einem Roman zu viele Personen gibt, als dass man sie sich merken könnte).


Den meisten Mitgliedern gefielen auch die Beschreibungen der Landschaft. Der Originaltitel (Anna, Hanna og Johanna) war verwirrend, da zuerst die Enkelin, dann die Großmutter und dann die Mutter erwähnt wird. Vielleicht haben sie es geändert, weil es besser klang. Oder weil es Anna war, die die Geschichte erzählte.

Dies ist definitiv ein Frauenbuch (auch wenn es Männern gut tun würdee, es zu lesen), es hat uns zum Nachdenken über Schwestern, Mütter und Töchter angeregt.
Man könnte es sogar ein feministisches Buch nennen. Es gab viele Geschichten über Grausamkeiten gegenüber Frauen, Alkoholismus und Ängste unter Frauen. Eine Frau im Roman bemerkte, dass man entweder nur eine Hure oder eine Madonna sein könne. Gut zu lesen in einer sonnigen Woche (und nicht in den trüben Wintermonaten).

Wir haben heute das Glück, die Wahl zu haben. Man kann das auch als eine Last der Wahl bezeichnen, es hat uns egozentrischer gemacht. Johanna hatte alle Möglichkeiten und beschloss, Hausfrau zu werden. Wir diskutierten dann darüber, wie schwierig diese Wahl ist. "Nur" Hausfrau zu sein ist ein gesellschaftlicher Absturz. Johanna und selbst Anna müssen sich dafür rechtfertigen, dass sie zu Hause bleiben.

Es war interessant, die große Entwicklung von der Landwirtschaft zum Stadtleben zu beobachten.
Außerdem gab es viel Aberglauben und Magie, die Leute denken oft noch so.


Der Roman berührte zwei Jahrhunderte. Wir alle haben den Wandel eines Jahrhunderts miterlebt und erkannt, dass das Leben weitergeht.

Wir haben dies in unserem Britischen Lesekreis im September 1999 und in unserem internationalen Lesekreis im Juni 2006 besprochen.

Buchbeschreibung:

"Als Anna ihre fast 90-jährige Mutter Johanna im Pflegeheim besucht, ist diese nicht mehr ansprechbar. Anna ist zugleich traurig und wütend. So viele Fragen möchte sie noch stellen, so vieles möchte sie noch wissen über das Leben ihrer Mutter Johanna und ihrer Großmutter Hanna. Wie ist es gewesen vor fast hundert Jahren auf dem Land, als Hanna mit ihrem unehelichen Sohn Ragnar den Müller Broman heiratete? Wieso konnte sie sich später nie an das Leben in der Großstadt Göteborg gewöhnen? Wie hat sich ihre Mutter gefühlt, als der Vater starb, und warum hat sie niemals rebelliert gegen ihr tristes Hausfrauendasein? Jetzt ist es zu spät, all diese Fragen zu stellen. Anna - Tochter und Enkelin - begibt sich allein auf die Reise durch das Leben ihrer Mutter und Großmutter und findet mit Hilfe ihrer Aufzeichnungen Zugang zum Leben ihrer Vorfahren und vor allem zu sich selbst. Marianne Fredriksson hat ein spannendes Buch über die Liebe geschrieben, in dem sie die drei einprägsamen Lebenslinien von Anna, Hanna und Johanna durch hundert Jahre schwedische Geschichte nachzeichnet."

Dienstag, 11. Juli 2023

Osman, Richard "Der Donnerstagsmordclub"

 

Osman, Richard "Der Donnerstagsmordclub" (Englisch: The Thursday Murder Club) - 2020

Als ich erfuhr, dass Richard Osman ein Buch geschrieben hatte, wusste ich, dass ich es lesen musste. Auch wenn ich mich nicht besonders für Krimis interessiere, liebe ich Richard Osmans Humor einfach. Er ist einer der klügsten Menschen, die man in der Unterhaltungsbranche sieht, sein Buch musste einfach gut sein.

Und so war es.
Ich wusste, dass er ein guter Autor sein würde, weil er in seinen Shows die besten Witze machen kann, die ich wirklich liebe (siehe hier). Ich glaube, ich würde alles lesen, was er schreibt, er heitert einen immer auf.

Ich habe ihn kürzlich in der Graham Norton Show gesehen, wo die beiden darüber scherzten, dass sie in ihren jeweiligen Ländern die Nummer 1 auf der Bestsellerliste seien. Ich bin nicht überrascht, sie sind beide so nett, dass jeder von ihnen erwartet, dass sie großartige Autoren sind. Ich habe noch nie eines von Graham Nortons Büchern gelesen, aber ich bin mir sicher, dass sie auch großartig sind.

Ganz gleich, welche Art von Buch man gerne zur Unterhaltung liest (für mich müssen sie lustig sein), dieses ist das Richtige.
Genießt es.

Buchbeschreibung:

"Man möchte meinen, so eine luxuriöse Seniorenresidenz in der idyllischen Grafschaft Kent sei ein friedlicher Ort. Das dachte auch die fast achtzigjährige Joyce, als sie in Coopers Chase einzog. Bis sie Elizabeth, Ron und Ibrahim kennenlernt oder, anders gesagt, eine ehemalige Geheimagentin, einen ehemaligen Gewerkschaftsführer und einen ehemaligen Psychiater. Sie wird Teil ihres Clubs, der sich immer donnerstags im Puzzlezimmer trifft, um ungelöste Kriminalfälle aufzuklären. Als dann direkt vor ihrer Haustür ein Mord verübt wird, ist der Ermittlungseifer der vier Senioren natürlich geweckt, und selbst der Chefinspektor der lokalen Polizeidienststelle kann nur über ihren Scharfsinn staunen."

Montag, 10. Juli 2023

Buck, Pearl S. "Eine Liebesehe"

Buck, Pearl S. "Eine Liebesehe" (Englisch: Portrait of a Marriage) - 1945

Noch ein interessantes Buch von Pearl S. Buck, diesmal keine asiatische Geschichte, sondern eine, die in den Vereinigten Staaten spielt und jedem passieren könnte. Es ist eher eine Beziehung zwischen einem reichen Mann und einem armen Mädchen, aber wie alle Bücher von Pearl S. Buck, gut geschrieben. Ein guter Einblick in die Ehe, was eine gute Ehe ausmacht und was nicht. Und das gilt auch heute noch, meiner Meinung nach.

Buchbeschreibung:

"Der sensible, eigenwillige Maler Henry Barton, Sohn einer wohlhabenden New Yorker Familie, lernt auf einer Exkursion zufällig eine junge Bauerntochter kennen, die ihm inmitten seiner von Tradition gehemmten Welt wie Leben und Sonnenschein vorkommt. Obwohl sich beide gegen die Gefühle füreinander wehren, triumphiert schließlich die Liebe. Zwar verläuft die Ehe zwischen diesen ungleichen Menschen keineswegs reibungslos, doch über alles Trennende hinweg finden Ruth und Henry stets wieder den Weg zueinander."

Andere Bücher, die ich von Pearl S. Buck gelesen haben sind hier.

Pearl S. Buck
erhielt den Nobelpreis für Literatur 1938 "für ihre reichen und echten epischen Schilderungen aus dem chinesischen Bauernleben und für ihre biographischen Meisterwerke".

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Samstag, 8. Juli 2023

Voland, Maxim "Die Republik"

Voland, Maxim (Markus Heitz) "Die Republik" [The Republic] - 2020

Ein hochinteressantes Buch über das Leben wie es hätte sein können, wenn ganz Deutschland nach dem 2. Weltkrieg zur DDR geworden wäre. Das ganze deutsche Gebiet? Nein, ein kleines unbeugsames "Dorf" ist noch übrig, Berlin-Deutschland. Sie haben zwar keinen Zaubertrank wie jenes in Gallien, aber sie unterstehen nicht dem Regime der DDR.

Ich hatte eigentlich gedacht, in dem Buch würde unsere Geschichte auf den Kopf gestellt. Das mag ich an alternativen Romanen. Dieser liest sich jedoch mehr wie ein Krimi, und die sind sonst nicht mein Geschmack.

Aber die Idee gefiel mir.

Buchbeschreibung:

"Europa, 1949: Die neu gegründete DDR umfasst nach einem unglaublichen Coup das gesamte deutsche Staatsgebiet, mit Ausnahme des westlichen Teils von Berlin. Gegenwart: Die DDR ist führende europäische Macht - ein hochmoderner Überwachungsstaat mit einem glücklichen Volk. So scheint es. Während internationale Agentenorganisationen im autonomen West-Berlin ihre Pläne schmieden, wird die DDR von einem furchtbaren Vorfall erschüttert: Über den Platz der Akademie zieht eine Giftgaswolke und fordert zahlreiche Tote. Ein Unfall? Ein Anschlag? Welche Macht steckt dahinter? Ein desillusionierter Stasi-Oberst, der französische Dolmetscher Christopher und die junge DDR-Bürgerin Alicia geraten in eine Verschwörung gigantischen Ausmaßes, die das Ende Europas bedeuten könnte..."

Freitag, 7. Juli 2023

Theroux, Paul "Das chinesische Abenteuer"

Theroux, Paul "Das chinesische Abenteuer. Reise durch das Reich der Mitte" (Englisch: Riding the Iron Rooster) - 1988

Der Name Theroux ist im Vereinigten Königreich wohlbekannt. Allerdings nicht mit dem Vornamen Paul, sondern mit dem seines Sohnes Louis. Ich hatte also noch nie etwas vom älteren Theroux gelesen, bis ich von einer unserer Lesekreismitglieder dieses Buch bekam.

Ich liebe Reisebücher und dieses hier macht da keine Ausnahme.
Der Autor reiste in den 1980er Jahren zunächst mit einer Reisegruppe, dann alleine durch China. Die Mitglieder bzw. die Reisegruppe werden so beschrieben, wie ich sie wahrscheinlich auch sehen würde. Ich habe es immer vorgezogen, mit meiner Familie oder guten Freunden zu reisen, statt mit Fremden, die sich als wirklich langweilig oder furchtbar nervig erweisen könnten. Aber auch wenn er alleine unterwegs ist, ist er kaum allein, denn die Chinesen geben ihm gerne einen Aufpasser mit.


Auf jeden Fall sind die Beschreibungen der Reise interessant, die Menschen, die er im Zug trifft, einer ist seltsamer als der andere, die Landschaft ist so gut dargestellt, dass man sie sich selbst vorstellen kann, das Essen scheint direkt vor einem zu stehen.

Mir gefielen der Austausch mit den Chinesen und die Erkundung von Gegenden, in die kaum Ausländer reisen.
Ein gutes Buch über ein Land, das immer noch sehr unbekannt ist. Ich frage mich, was Paul Theroux heute sehen würde?


Einige Bücher, die Paul Theroux während seines "chinesischen Abenteuers" las:
Avedon, John "In Exile from the Land of Snows" - 1984 (Goodreads)
Balzac "Old Goriot" (FR: Le Père Goriot) - 1834 (Goodreads) - Vater Goriot (Goodreads)
Lewis, Sinclair "Elmer Gantry" - 1927 (Liberaturnobelpreis 1930) (Goodreads) - Elmer Gantry
Lewis, Sinclair "Main Street" - 1920 (Goodreads) - Hauptstraße (Goodreads)
Morrison, Arthur "The Hole in the Wall" - 1902 (Goodreads)
Stevenson, Robert Louis "Kidnapped" - 1886 (Goodreads) - Entführt (Goodreads)

Buchbeschreibung:

"Mit seinem Abenteuergeist und seiner reichhaltigen Prosa hat Theroux wichtige Memoiren über das Privatleben Chinas heute, die Kulturrevolution, Mao, die tausend Details des Alltagslebens, Unzufriedenheit, Patriotismus und die Möglichkeit eines besseren Lebens in Amerika verfasst. Humorvoll beschreibt der Autor eine unkonventionelle Reise mit der Eisenbahn nach und durch China."

Mittwoch, 5. Juli 2023

Tau, Max "Ein Flüchtling findet sein Land"

Tau, Max "Ein Flüchtling findet sein Land" (Norwegisch: En flyktning finner sitt land*) [A refugee finds his country] - 1964

Es stimmt, was auf dem Bucheinschlag steht, Max Tau legt ein Zeugnis ab für das Gute, für die Menschlichkeit. Unglaublich, wenn man sieht, was ihm widerfahren ist. Andererseits, er hat auch viel Gutes erlebt, Menschen, die sich für ihn eingesetzt haben, die ihr Leben für ihn aufs Spiel gesetzt haben.

In "Das Land, das ich verlassen musste", erzählt er von seinem Leben im Vorkriegsdeutschland und wie seine Freunde ihn letztendlich nach Norwegen gerettet haben. Hier hören wir, wie es ihm dort ergangen ist und wie seine norwegischen Freunde ihn nach Schweden schmuggeln.

Und auch Max Tau setzt sich ein. Er ist nach dem Krieg einer der ersten, der sich für die Verständigung mit Deutschland einsetzt und ihm wird dafür u.a. als erstem der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

Eine hervorragende Erzählung über ein Leben, wie wir es hoffentlich nicht noch einmal erleben müssen, über eine Zeit, über die bereits sehr viel und dennoch immer noch nicht genug geschrieben ist. Wir können nicht aufhören, darüber zu berichten. Eine solche Zeit darf sich einfach nicht wiederholen.

Buchbeschreibung:

"Ein Zeugnis für das Gute, für Menschlichkeit, in der Zeit des Unmenschen ist auch dieses Buch, in dem Max Tau, der erste Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, seinen mit dem Bande "Das Land, das ich verlassen musste", begonnenen Lebensbericht fortsetzt. Erst im Jahre 1938 hatten Freunde - deutsche und norwegische Freunde, unter ihnen Sigrid Undset, Olva Duun und Knut Hamsun - dem Lektor des Berliner Verlages Bruno Cassirer zur Flucht nach Norwegen verholfen. Und mit der Situation des Flüchtlings in fremdem Land, zwischen alltäglicher Unsicherheit und tieferer Angst, setzt die Schilderung ein; Freundeshilfe - der norwegische Rechtsanwalt Eilif Moe verschaffte dem Emigranten Arbeit, stellte ihm eine Schreibkraft - behob zwar die kleinen Nöte des Alltags, nichts aber behob die große Not der Angst. Der berechtigten Angst: denn bald holte das Regime des Terrors den Flüchtling ein. Er musste sich verstecken; der norwegische Verleger Johan Grundt Tanum brachte ihn in nächtlicher Fahrt über die schwedische Grenze. Und wieder gab es Freunde, die ihm in Stockhlm die Rückkehr in seinen Beruf ermöglichten: zuerst als Lektor im Ljus-Verlag, später als Leiter der deutschen Abteilung - des Neuen Verlags - im Esselte-Konzern. Doch sein Herz gehörte Norwegen, dem Land, das den Flüchtling zuerst aufgenommen hatte, das ihm noch wärend des Krieges seine Staatsbürgerschaft verlieh, und in das er nach dem Krieg zurückkehrte. Dieses Buch berichtet vor allem über Begegnungen von Mensch zu Mensch; es ist damit zugleich eine Dokumentation jener menschlichen Güte, die auch der Terror nicht niederzwingt, und an die Max Tau niemals aufhören wird zu glauben."

Max Tau hat 1950 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten.

* Dies ist eine Übersetzung aus dem Deutschen ins Norwegische.