Dienstag, 28. Februar 2023

Bánk, Zsuzsa "Sterben im Sommer"

Bánk, Zsuzsa "Sterben im Sommer" [Dying in Summer] - 2020

Ich habe ja schon ein paar Bücher von Zsuzsa Bánk gelesen ("Die hellen Tage" und "Schlafen werden wir später") und sie allesamt sehr gut gefunden. Es handelte sich dabei allerdings immer um Romane.

Dieses ist anders. Es handelt sich hier um den Sommer, in dem ihr Vater gestorben ist. Die Autorin schildert sehr eingehend, wie sie den letzten Sommer verbracht hat, wie ihr Vater den letzten Sommer verbracht hat, sein langsames, aber stetiges Sterben. Und wie sie und ihre Familie mit dem Tod des Mannes, Vaters und Großsvaters zurande gekommen sind.

Die Autorin hat einen ganz eigenen, besonderen Stil. In Rückblenden erzählt sie vom Leben ihrer Eltern, von den Anfängen in Deutschland aber auch von der Vergangenheit in Ungarn. Und von ihrem eigenen Leben, dessen Sommer nach dem Fall der Mauer meistens in Ungarn bei der dortigen Familie verbracht wurden.

Mich hat das Buch sehr berührt. Mein eigener Vater ist vor einigen Jahren auch verstorben, er war etwa im gleichen Alter wie Herr Bánk. Auch wenn er anders gestorben ist, kam mir doch vieles bekannt vor, deshalb konnte ich die Geschichte auch so gut nachvollziehen.

Buchbeschreibung:

"Seinen letzten Sommer verbringt der Vater am Balaton, in Ungarn, der alten Heimat. Noch einmal sitzt er in seinem Paradiesgarten unter der Akazie, noch einmal steigt er zum Schwimmen in den See. Aber die Rückreise erfolgt im Rettungshubschrauber und Krankenwagen, das Ziel eine Klinik in Frankfurt am Main, wo nichts mehr gegen den Krebs unternommen werden kann. Es sind die heißesten Tage des Sommers, und die Tochter setzt sich ans Krankenbett. Mit Dankbarkeit erinnert sie sich an die gemeinsamen Jahre, mit Verzweiflung denkt sie an das Kommende. Sie registriert, was verloren geht und was gerettet werden kann, was zu tun und was zu schaffen ist. Wie verändert sich jetzt das Gefüge der Familie, und wie verändert sie sich selbst? Was geschieht mit uns im Jahr des Abschieds und was im Jahr danach? In 'Sterben im Sommer' erzählt Zsuzsa Bánk davon."

Montag, 27. Februar 2023

Haushofer, Marlen "Die Wand"

 

Haushofer, Marlen "Die Wand" - The Wall - 1962

Ich weiß, dass dies ein Buch ist, das ich nie vergessen werde. Als eines der wenigen deutschen Bücher, die ins Englische übersetzt wurden, hat es das wirklich verdient. Die Autorin starb 1970 im Alter von 50 Jahren.

Der Roman handelt von einer Frau, die eines Morgens aufwacht und feststellt, dass eine unsichtbare Mauer das Haus in den Bergen umgibt, in dem sie die Nacht verbracht hat.
Ihre Freunde sind von einem Besuch im Dorf nicht zurückgekehrt, also beginnt sie, das ihr überlassene Gebiet zu untersuchen. Etwas Schreckliches muss passiert sein, alles Leben - außer ihres und ihrer Tiere - scheint verschwunden zu sein. Auf Zetteln beschreibt die Frau ihre Jagd nach Nahrung, ihren Kampf ums Leben.

Die Autorin hat eine großartige Art, das Leben dieser isolierten Frau zu beschreiben.
Obwohl wir nicht in dieser Situation sind und nicht einmal erfahren, warum sie es getan hat, sendet uns die Protagonistin eine Botschaft über den Sinn des Lebens. Eine sehr gute Lektüre.

Buchbeschreibung:

"Eine Frau will mit ihrer Kusine und deren Mann ein paar Tage in einem Jagdhaus in den Bergen verbringen. Nach der Ankunft unternimmt das Paar noch einen Gang ins nächste Dorf und kehrt nicht mehr zurück. Am nächsten Morgen stößt die Frau auf eine unüberwindbare Wand, hinter der Totenstarre herrscht. Abgeschlossen von der übrigen Welt, richtet sie sich inmittten ihres engumgrenzten Stücks Natur und umgeben von einigen zugelaufenen Tieren aufs Überleben ein."

Gulbranssen, Trygve - Björndal-Trilogie (Bjørndaltrilogien)

Gulbranssen, Trygve "Und ewig singen die Wälder" (Norwegisch: Og bakom synger skogene) - Beyond Sing the Woods - 1933
Gulbranssen, Trygve "Das Erbe von Björndal/Heimkehr nach Björndal" (Norwegisch: Det blåser fra Dauingfjell/Ingen vei går utenom) - The Wind from the Mountains
- 1934/35

Diese Bücher gehörten zu den wenigen gebundenen Ausgaben, die meine Eltern besaßen und waren daher auch unter den ersten, die ich gelesen habe. Das ist jetzt schon mehr als ein halbes Jahrhundert her. Als meine Eltern starben und wir ihr Haus auflösten, entscheiden meine Brüder, dass die Bücher mir gehören sollten. Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn sie sind ein schönes Andenken an meine Eltern und meine Liebe zum Lesen, die ich schon früh entdeckte.

Die Romane gelten als ein Entwicklungs-, Bauern-, Generationen- und Schauerroman. Sagen wir, es könnte als Tragödie durchgehen.

Wir haben uns auch gerne die Filme angesehen, wenn sie im Fernsehen kamen.

Buchbeschreibung:

Gulbranssen, Trygve "Und ewig singen die Wälder" (Norwegisch: Og bakom synger skogene) - 1933
- "Das Erbe von Björndal" (Norwegisch: Det blåser fra Dauingfjell - 1934
- "Heimkehr nach Björndal" (Norwegisch: Ingen vei går utenom) - 1935

"Eine eindrucksvolle Familiensaga in der dramatischen Landschaft Norwegens.

Auf dem norwegischen Hof Björndal lebt ein mächtiges Geschlecht, dessen Leben durch die Verbundenheit mit der Natur geprägt ist. Im Mittelpunkt steht der eigenwillige Dag, der erst im Verlauf seines Lebens lernt, dass mit der großen wirtschaftlichen Macht auch eine große Verantwortung verbunden ist und dass der Mensch gut daran tut, seine Feinde zu lieben und Barmherzigkeit walten zu lassen.

Die reichen Bauern Björndal und die benachbarte Adelsfamilie von Gall sind tief verfeindet. Als Tore, der Sohn des alten Björndal, bei einem Duell um die Nachbarstochter stirbt, beschwört der unversöhnliche Hass des Alten eine Tragödie herauf ...

Der Roman
Und ewig singen die Wälder des norwegischen Schriftstellers Trygve Gulbranssen (* 15. Juni 1894 in Kristiania; † 10. Oktober 1962 in Eidsberg) erschien erstmals im Jahr 1935 und gilt als einer der großen Klassiker des Heimatromans."

Samstag, 25. Februar 2023

Arntz, Jochen; Schmale, Holger "Die Kanzler und ihre Familien"

Arntz, Jochen; Schmale, Holger "Die Kanzler und ihre Familien: Wie das Privatleben die deutsche Politik prägt" [The Chancellors and their Families: How Private Life Shapes German Politics] - 2017

In Deutschland ist das Interesse am Privatleben der Politiker nicht so groß wie z.B. in den USA. Die Frauen (bzw. der Mann) der diversen Kanzler bekommt man kaum zu Gesicht, ihre Namen stehen nicht tagtäglich in der Presse.

Da ist ein Buch wie dieses schon interessant. Von Konrad Adenauer bis Angela Merkel wird uns erzählt. Wie sie leb(t)en, wer ihre Familie war, wie ihre politischen Ambitionen aussahen. Ein sehr aufschlussreicher Band, der uns gute Einblicke in ihr Leben gibt. Leider fehlt Olaf Scholz, aber vielleicht gibt es ja irgendwann eine Neuauflage.

Wie auch in der Beschreibung erwähnt, kann man aufgrund der Verhältnisse in den Kanzlerhaushalten auch die Veränderungen in der Gesellschaft sehen. Wirklich ein bedeutungsvolles Buch.

Buchbeschreibung:

"Konrad Adenauer hatte acht Kinder, das weiß heute fast niemand mehr, weil es damals kaum der Rede wert war. Helmut Kohl versuchte in den Siebzigern und Achtzigern den Deutschen das Ideal der heilen Kleinfamilie zu demonstrieren. Gerhard Schröder machte dann Patchwork auch im Kanzleramt bekannt. Und Angela Merkel? Sie hat keine Kinder, konzentriert sich auf die Arbeit, auch das kennen viele Deutsche.

Wie sich unsere Gesellschaft verändert hat, zeigt sich auch an den Menschen, die dieses Land regiert haben. Und an ihren Familien. Ihre Vorstellungen von Familie wiederum haben Deutschland geprägt. So bremste Helmut Kohl stets eine Reform des Scheidungsrechts aus. Dominierten Sicherheit und Wirtschaft die Politik des Exsoldaten Helmut Schmidt. Und Gerhard Schröder tat so viel für die Gleichberechtigung von Mann und Frau wie kein anderer Kanzler.

Die Journalisten Jochen Arntz und Holger Schmale entwerfen anhand der Kanzlerfamilien ein faszinierendes Panorama dieses Landes.
"

Petz, Ingo "Kuckucksuhren in Baku"

Petz, Ingo "Kuckucksuhren in Baku. Reise in ein Land, das es wirklich gibt" [Cuckoo Clocks in Baku. Travel to a Country That Really Exists] - 2006

Ingo Petz ist ein deutscher Schriftsteller, den ich eigentlich nicht kannte. Aber der Titel des Buches hörte sich interessant an. Und da ich immer gerne Bücher über Gegenden und Länder lese, von denen ich noch nicht so viel gehört habe, konnte ich an diesem Buch nicht vorbei.

Ja, Aserbaidschan gibt es wirklich. Es liegt in Vorderasien zwischen dem Kaspischen Meer und dem Kaukasus, seine Hauptstadt ist Baku. All das kann man in jedem Atlas nachschlagen.

Aber Ingo Petz war da, er trifft viele interessante Typen und weiß sehr humorvoll davon zu erzählen.

Das Buch enthält viel Ironie, es ist unterhaltsam und witzig. Ob Baku wirklich so ist, wie der Autor es beschreibt, das weiß ich nicht. Aber ich glaube ihm, dass es das Land gibt.

Buchbeschreibung:

"Stellen Sie sich vor, Sie wollen dem deutschen Alltag entfliehen. Sie reisen in ein Land, das in keinem Neckermann-Katalog angeboten wird. Sie fühlen sich als Rebell und Abenteurer. Und dann stoßen Sie ausgerechnet auf kurioses Deutschtum. Überall.

In Deutschland ist es grau, das Fernsehen verkündet am laufenden Band schlechte Botschaften. Also nichts wie weg und auf in ein wildes Land, wo das Leben noch pulsiert. Und so macht sich Ingo Petz auf nach Aserbaidschan. Ein Land, wo ihn niemand erwartet und in das sich selten auch nur ein Rucksacktourist verirrt. Ein Land, das nach Öl, Salz und Smog riecht und in dem das Taxifahren eine Philosophie noire ist. Vor allem aber ein Land, in dem sich das Leben noch echt anfühlt und in dem täglich die unglaublichsten Dinge passieren. Und ihm wird klar: Dies ist ein Land für Rebellen, man muss sich ihm aussetzen und wird nie mehr derselbe sein.

Je mehr Ingo Petz in die Skurrilitäten des aserbaidschanischen Alltags eindringt, desto ferner und irrealer erscheint ihm sein eigenes Land. Doch dann wird er auf der Straße mit den Worten 'Oli Kahn!' gegrüßt und hört von Studenten: Das Paradies, das liege in Deutschland. Und da weiß er: Bei dieser Reise erfährt er nicht nur viel über das melancholische Land am Kaukasus, sondern auch einiges über Deutschland.
"

Freitag, 24. Februar 2023

Weigand, Sabine "Ich, Eleonore, Königin zweier Reiche"

Weigand, Sabine "Ich, Eleonore, Königin zweier Reiche" [I, Eleanor, Queen of Two Realms] - 2015

Eleonore, Herzogin von Aquitanien, lebte im 12. Jahrhundert. Sie wurde mit 13 Jahren an den König Ludwig VI. von Frankreich verheiratet. Mit ihm hatte sie zwei Töchter, Marie und Alix, die Ehe wurde jedoch 15 Jahre später wieder annuliert.

Dann heiratete sie Heinrich II. von England und hatte mit diesem acht Kinder, unter anderem König Richard Löwenherz.

Aber das sind nur Daten. Über das bewegte Leben dieser Frau sagt es nicht so viel aus. Das holt die Autorin nach. Ob alle Einzelheiten denn auch wirklich so passiert sind, ist dabei fast egal, der Rahmen stimmt. Dass auch die zweite Ehe Eleonores nicht glücklich wurde, sieht man daran, dass der zweite Ehemann sie betrügt, das wurde damals von den Männern schon als ihr Recht angesehen und viele Frauen nahmen es hin, aber nicht Eleonore. Sie war eine starke Persönlichkeit, die sich nicht einfach alles gefallen ließ.

Als sie aber auch die Söhne mit einbezieht, wird es Heinrich zu viel und er wirft seine Frau in den Kerker. Erst nach seinem Tod ist sie wieder richtig frei.

Dies ist nicht nur ein hochinteressantes Buch über Königin Eleonore, man lernt auch viel über die französische und englische Geschichte.

Buchbeschreibung:

"Sie ist die Königin des Mittelalters: Eleonore von Aquitanien, bewundert, verleumdet, legendenumwoben.

1137 heiratet Eleonore, die schönste Frau ihrer Zeit, den König von Frankreich. Doch die Ehe scheitert. Eleonore tut das Unerhörte: sie lässt sich scheiden. Während ihr Name überall in den Schmutz gezogen wird, heiratet sie erneut: Henry Plantagenet, den König von England. Mit ihm regiert sie, steht im Zenit ihrer Macht. Doch wie soll sie handeln, als Henry sie betrügt? Wird sie aus Rache ihre Söhne zur Rebellion anstacheln und alles aufs Spiel setzen - auch ihr eigenes Leben?

Erfolgsautorin Sabine Weigand lässt Eleonore selbst ihr Leben erzählen, das größer ist als jeder Roman.
"

Donnerstag, 23. Februar 2023

Angelou, Maya "Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt"

Angelou, Maya "Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt" (Englisch: I Know Why The Caged Bird Sings) - 1969

Die Autorin hat - zumindest in ihrer Jugend - ein sehr schweres Leben gehabt. Und davon erzählt sie uns in diesem Buch. Rassismus, Armut, Aufwachsen mit unterschiedlichen Bezugspersonen, Kindesmissbrauch, frühe Schwangerschaft. Obwohl in ihrem Leben viele schlimme Dinge passieren, verliert sie nie ihren Humor.

Ich habe es genossen, dieses Buch zu lesen und habe großen Respekt vor jedem, der einen solchen Hintergrund überwindet und etwas aus sich macht.


Buchbeschreibung:
 
"Die Ikone der afroamerikanischen Literatur, ihr epochemachendes Werk: Maya Angelou wächst in den Dreißigerjahren im Kramerladen ihrer Großmutter am Rande einer Baumwollplantage auf. Für sie und ihren Bruder ein Ort des Zaubers und des Spiels inmitten einer schwarzen Gemeinde, die der Hass und die Armut auszulöschen droht … Dieses Buch erzählt die Geschichte eines trotzigen Mädchens im Kampf gegen unvorstellbare Widerstände. Und zur gleichen Zeit singt es die schönste Hymne auf die weltverändernde Kraft der Worte, der Fantasie, der Zärtlichkeit im Angesicht des Grauens."

Mittwoch, 22. Februar 2023

Perry, Matthew "Friends, Lovers, and the Big Terrible Thing"


Perry, Matthew "Friends, Lovers, and the Big Terrible Thing. Die Autobiografie des FRIENDS-Stars" (Englisch: Friends, Lovers, and the Big Terrible Thing) - 2022

Mögt ihr F.R.I.E.N.D.S.? Dann könnte euer Lieblingscharakter derselbe sein wie der von vielen: Chandler Bing.

Ich wusste, dass er ein Problem mit Alkoholismus hatte. Ich fragte mich, wie er es trotzdem schaffte, einen so fröhlichen Charakter zu spielen.

Matthew Perry öffnet sich, er erzählt uns alles aus seinem Leben. Während manche das vielleicht ein wenig übertrieben finden, denke ich, dass dies ein großartiges Buch für diejenigen ist, die versuchen, diese Krankheit zu verstehen. Denn das ist es, eine Krankheit. Ich leide an Migräne und habe schon einiges darüber gehört, wie z.B. einfach ein Aspirin einzunehmen, es zu ignorieren, kann ja nicht so schlimm sein usw. Jeder, der an einer chronischen, unsichtbaren Krankheit leidet, kann davon erzählen. Aber unter Alkoholismus oder Drogenmissbrauch zu leiden, ist etwas anderes, viele Menschen geben ihnen die Schuld für das, was sie "tun", und haben kein Mitgefühl für das, was ihnen widerfährt!

Ich denke, wenn ihr Matthews Autobiografie lest, könnt ihr verstehen, wie schwer es ist, gegen eine solche Krankheit anzukämpfen, und dass Kommentare wie die oben genannten nur hinderlich sind.

 

Dieses Buch hat mir mein Sohn zu Weihnachten geschenkt. Er weiß, wie sehr ich F.R.I.E.N.D.S. liebe. Eigentlich meine ganze Familie. Sagt irgend etwas und wir können mit einem F.R.I.E.N.D.S. Zitat antworten, wir können tatsächlich ganze Gespräche mit F.R.I.E.N.D.S. Zitaten führen. Wir haben viele Dinge mit F.R.I.E.N.D.S. Zitaten, Untersetzer, Gläser, Tassen, Teller usw. Wir haben den Jungs einmal Kissenbezüge mit dem Spruch "The Cushions are the Essence of the Chair" (Die Kissen sind die Essenz des Stuhls) geschenkt und die beiden haben sie in ihren Wohnungen. Hätte er es mir geschenkt, wenn er es vorher selbst gelesen und alle Einzelheiten gewusst hätte? Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, er hätte es getan, und ich bin froh, dass er es getan hat.

Es ist viel Matthew in Chandler und viel Chandler in Matthew, wie zu erwarten war. Durch das Lesen dieser Memoiren, liebe ich ihn noch mehr. Dies ist wahrscheinlich eine der traurigsten Geschichten, die ich dieses Jahr lesen werde. So dunkel, so verheerend.

Das Buch ist so ehrlich, dass man das Gefühl hat, der Autor spricht mit einem persönlich wie mit seinem allerbesten Freund, auf den er sich verlassen kann. Ich wünsche Matthew Perry alles Gute für die Zukunft.

Buchbeschreibung:

"Durch sein Mitwirken in der US-Kultserie FRIENDS erreichte der Schauspieler Matthew Perry Weltruhm. Erstmals erzählt er nun seine eigene außergewöhnliche Geschichte und spricht offen über private Suchtkämpfe und darüber, was sich tatsächlich hinter den Kulissen der erfolgreichsten Sitcom aller Zeiten abspielte. Der TV-Star gewährt tiefe Einblicke in seine langjährige Erkrankung und reflektiert gewohnt humorvoll und selbstkritisch, was die Süchte eines Mannes befeuert hat, dem es an nichts zu mangeln schien. Unerschrocken ehrlich, zutiefst bewegend und urkomisch: dies ist das Buch, auf das Fans gewartet haben."

Dienstag, 21. Februar 2023

Weidemann, Siggi "Gebrauchsanweisung für Brüssel und Flandern"

 

Weidemann, Siggi "Gebrauchsanweisung für Brüssel und Flandern" [User's Guide for Brussels and Flanders] - 2007

Als mein Sohn nach Schweden zog, habe ich aus der Piper Serie "Gebrauchsanweisungen" die "Gebrauchsanweisung für Schweden" von Antje Rávic Strubel gelesen.

Da er nach seinem Studium bestätigte, dass viele der Entdeckungen der Autorin wohl auch ihm aufgefallen sind, gehe ich davon aus, dass dies auf die meisten der Bücher aus dieser Reihe zutrifft.

Nun ist er ja nach dem Studium nach Brüssel gezogen und ich habe von ihm dieses Buch zu Weihnachten bekommen. Ich habe ja selbst vor vielen, vielen Jahren dort gewohnt und habe mich deshalb doppelt über dieses Geschenk gefreut.

Wir haben ja lange nicht weit von Belgien entfernt gewohnt und sind oft in unsere Lieblingsstadt gefahren, so dass ich hier auch selbst ein wenig beurteilen kann, wie wahrheitsgetreu das Buch geschrieben wurde.

Da stimmt so einiges, z.B. "Als Autofahrer Sollte man über ein robustes Gemüt, eine rasante Reaktionsfähigkeit, starke Nerven und eine gehörige Portion Frechheit verfügen."

Bevor ich nach Brüssel gezogen bin, war ich öfter bei einer Freundin in Paris zu Besuch. Ich habe es geliebt, aber immer gesagt, ich würde dort nie autofahren. Als ich in Brüssel wohnte, wo ich damals noch mit dem Auto zur Arbeit fahren musste, weil der öffentliche Nahverkehr etwa so gut war wie heute auf dem Lande, habe ich meine Meinung geändert und gesagt, jetzt kann ich auch in Paris fahren, da ist kein Unterschied. Ist es bis heute nicht.

Der Autor berichtet nicht nur über Brüssel und die Flamen selbst sondern auch über ihre Geschichte, ihre Architektur, ihre Kunst, ihre Wirtschaft, ebenso wie über ihre Kochkunst, die wirklich weltberühmt und hervorragend ist. Ich behaupte, die belgische Küche ist viel besser als die französische.

Und er beschreibt nicht nur Brüssel und Umgebung, auch Antwerpen, Brügge, Gent und die kleineren Ortschaften werden erläutert.

Eine Landkarte rundet das Ganze ab, immer sehr hilfreich bei Büchern dieser Art.

Buchbeschreibung:

"Willkommen bei den Flamen, deren Nationalheilige Eddie Merckx und der Schöpfer von Tim und Struppi sind, deren Hauptstadt auch die Hauptstadt Europas ist und deren Land eine einzige Kombination aus Kunst, Genuss und gelebter Geschichte ist."

Montag, 20. Februar 2023

Gray, Martin "Der Schrei nach Leben"

Gray, Martin "Der Schrei nach Leben" (Französisch: Au nom de tous les miens) - For those I loved - 1971

Ich habe dieses Buch vor vielen Jahren gelesen, aber es ist eines, das mich nie verlassen hat. Das Leben, das Martin Gray geführt hat, nein, das er erleben musste, war so hart. Ein Verlust nach dem anderen. Ich weiß nicht, wie er es durchgestanden hat. Zuerst das Ghetto von Warschau, dann Treblinka und später, als er eine Familie gefunden hat, zerstört ein Brand noch einmal sein ganzes Leben.

Angeblich ist nicht alles genauso passiert, wie es im Buch beschrieben wurde. Aber der Lebenslauf des Autoren stimmt, und das ist alles schon schlimm genug.

Ein beeindruckendes Werk.

Buchbeschreibung:

"Martin Gray wurde am 27 April 1925 als Sohn eines jüdischen Fabrikanten in Warschau geboren. Nach dem Einmarsch wurde die Familie ins Warschauer Getto getrieben, es folgte die Deportation nach Treblinka. Auf abenteuerliche Weise gelang Marin Gray die Flucht aus dem Vernichtungslager. Er schloss sich den polnischen Partisanen an, später der Roten Armee. Angewidert von den Praktiken der sowjetischen Besatzer in Deutschland, desertierte er 1947 und emigrierte in die USA. Hier wurde er zum erfolgreichen Unternehmer. Nach der Geburt seiner ersten Tochter löste er sein Unternehmen auf. Er übersiedelte nach Frankreich und ließ sich in der Nähe von Cannes als Landwirt nieder. Im Herbst 1970 verliert er bei einem Waldbrand seine Frau Dina und seine vier Kinder. Er fand eine neue Lebensaufgabe als Gründer der Stiftung Dina Gray, die sich für die Erhaltung einer intakten Natur einsetzt. 1976 heiratete Gray ein zweites Mal. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor."

Samstag, 18. Februar 2023

Holzach, Michael "Das vergessene Volk"

  

Holzach, Michael "Das vergessene Volk. Ein Jahr Bei den deutschen Hutterern In Kanada" - The Forgotten People: A Year Among the Hutterites - 1980 

Eine Freundin fand dieses Buch auf ihrem SUB. Sie erzählte mir davon und da ich zuvor ein Buch über die Amish gelesen hatte ("Plain and Simple" von Sue Bender), sagte ich, es klinge interessant.

Ich weiß nicht, ob ich anhand dieser Bücher die verschiedenen Religionsgruppen vergleichen kann, da der Bericht über die Hutterer etwas früher ist und sich auch dort in den letzten vierzig Jahren viel geändert haben könnte.

Michael Holzach erzählt uns auch von der Geschichte der Hutterer und wie sie nach Kanada kamen. Aber hauptsächlich ist dies ein Bericht über sein Leben unter den Brüdern für ein ganzes Jahr. Wie sie leben, woran sie glauben, wie sie versuchen, an ihrem Lebensstil festzuhalten. Ihr Hauptleben gründet auf der "Gütergemeinschaft nach dem Vorbild der Jerusalemer Urgemeinde", d.h. alle Güter und Erträge gehören der Gemeinschaft und werden unter allen geteilt. Man könnte sie eine christlich-kommunistische Gruppe nennen. Alle haben das gleiche, alles wird geteilt. "Jeder gibt, wos'r kann und kriegt, wos ihm Not ist."


Genau wie die Amish nennen sie die Menschen "außerhalb" die "Engländer". Sie haben ihre eigene Schule, erhalten aber zusätzlichen Unterricht von einem kanadischen Lehrer, der zu den Farmen kommt. Untereinander sprechen sie einen deutschen Dialekt, der hauptsächlich auf süddeutschen/österreichischen Dialekten basiert, gemischt mit englischen Wörtern (genau wie Hochdeutsch), aber es ist ziemlich einfach, sie zu verstehen, wenn man Deutsch spricht.

Es war ein sehr interessantes Buch. Ich dachte immer, es wäre schön, in einer Gesellschaft zu leben, in der jeder an jeden denkt, sich um jeden kümmert, sich niemand besser fühlt als der andere … das versuchen anscheinend auch die Hutterer. Ich glaube nicht, dass ich so eingeschränkt leben könnte wie sie, aber wenn man es nicht besser weiss, ist dies fast wie das Paradies auf Erden.

Ich glaube, ich muss mir ein neueres Buch über die Hutterer suchen. Bei der Suche nach weiterer Literatur bin ich auf zwei Websiten gestoßen, die weitere Informationen geben:

Entstehungsgeschichte der Hutterer

Bilder
Selbstverständnlich findet man auch auf Wikipedia weitere Informationen.
Und dann sind da noch zwei Webseiten von den Hutterern selbst, allerdings nur auf Englisch.
Hutterites
Hutterian Brethren Book Centre

Leider starb der Autor 15 Jahre später an einem tödlichen Unfall, als er versuchte, seinen Hund zu retten. Ich denke, er hätte neben diesem und "Deutschland umsonst. Zu Fuß und ohne Geld durch ein Wohlstandsland" (1982) noch weitere interessante Bücher geschrieben.

Buchbeschreibung:

"Der Autor verbrachte das Jahr 1978 bei den deutschen Hutterern in Nordamerika und schrieb ein Buch über seine Erfahrungen.

Inspiriert von der Lektüre Erich Fromms, der die Hutterer in mehreren seiner Bücher als 'radikale Humanisten' bezeichnete, lebte Michael Holzach ein Jahr lang in zwei brüderlichen Gemeinschaften in der kanadischen Provinz Alberta am Fuße der Rocky Mountains - fast ganz beschnitten weg von der modernen Welt. Er arbeitete, betete und sang mit ihnen, die Frauen nähten ihm die schwarze Uniform, die Männer brachten ihm bei, wie man Schuhe macht, Ferkel kastriert, Seife kocht.

Die Muttersprache dieser 'Auserwählten' ist Deutsch, aber sie haben Deutschland nie gesehen. Vor 450 Jahren zogen ihre Vorfahren ihres Glaubens wegen auf einer schmerzhaften Pilgerreise nach Russland, bevor sie 1874 in die Vereinigten Staaten auswanderten. Heute leben 25.000 Hutterer in 250 Siedlungen abseits der Highways in der nordamerikanischen Prärie. Ihr Gesetzbuch ist die Bibel. Sie sind strenge Pazifisten und lehnen jegliche Art von Privateigentum ab. Michael Holzach entdeckte eine Lebensweise ohne soziale Ungerechtigkeit, ohne Konsum und ohne Gewalt - den christlichen Urkommunismus. Doch wie verkraftet ein Mensch des 20. Jahrhunderts diesen Sprung ins 'Mittelalter'? Gibt es im 'Meer der Sünde' tatsächlich Inseln der Glücklichen? Dieser Bericht gibt Antworten auf die Fragen der Zivilisation, die uns heute drängen - gefunden bei den vergessenen Hutterern.

- Ich brauchte kein Geld, bekam zu essen, hatte ein Dach über dem Kopf. Die Frauen nähten mir die Kleidung, und der Säckelmann Elias gab mir jeden Monat meinen Liter Wein. Mehr braucht ein Hutterer nicht zum Leben und ich 'Weltmensch' fühlte mich bei diesem 'auserwählten Volk' oft so sorglos und geborgen wie selten zuvor, manchmal aber auch schrecklich allein.
"

Scheib, Asta "Eine Zierde in ihrem Hause"

Scheib, Asta "Eine Zierde in ihrem Hause" [An Ornament in Her Home] - 2002

Zum Ende des 19. Jarhunderts hin mit sechzehn Jahren zum Besitzer einer großen Fabrike gemacht zu werden, ist schon etwas. Für eine Frau fast undenkbar, zu der Zeit hatten Frauen vor allen Dingen zu heiraten und Kinder zu bekommen. Dieses Buch ist eine Romanbiografie der Alleinerbin der Bleistift-Fabrik Faber-Castell, Ottilie von Faber-Castell. Natürlich war sei die Junggesellin, die alle Männer heiraten wollten. Sie entscheidet sich für den Grafen Alexander zu Castell-Rüdinghausen, sonst hätte Faber-Castell heute wahrscheinlich einen anderen Namen.

Diese Daten sind in zwei Sätzen niedergeschrieben, aber Asta Scheib schafft es, uns das Leben des Paares spannend darzubringen. Ein mitreißendes Buch.

Buchbeschreibung:

"Ottilie von Faber ist sechzehn Jahre alt, als sie 1893 zur Alleinerbin der Bleistiftfabrik A. W. Faber wird. Sie ist sehr jung, sehr schön, sehr reich. Unter den Bewerbern um ihre Hand ist Graf Alexander zu Castell-Rüdenhausen, ein ebenso liebenswürdiger wie ehrgeiziger Mann. Das attraktive Paar steht bald im Mittelpunkt glanzvoller Gesellschaften, die von der Lebensgier und der Weltuntergangsstimmung des Fin de Siècle geprägt sind. Asta Scheibs Romanbiographie erzählt die Geschichte einer berühmten Dynastie und einer ungewöhnlichen Frau, die gegen alle gesellschaftlichen Zwänge schließlich die Freiheit gewinnt, ihr eigenes Leben zu leben."

Freitag, 17. Februar 2023

Raddatz, Fritz J. "Dann wird aus Zwein: Wir beide"

Raddatz, Fritz J. "Dann wird aus Zwein: Wir beide. Kurt Tucholsky & Mary Gerold" [Then two become: Both of us. Kurt Tucholsky & Mary Gerold] - 2015

Kurt Tucholsky war ein berühmter deutscher Schriftsteller. Ich habe von ihm mindestens seine zwei berühmtesten Romane gelesen: "Rheinsberg - ein Bilderbuch für Verliebte" (Rheinsberg - a Storybook for Lovers" und natürlich "Schloss Gripsholm").

Der Name Mary Gerold fällt nicht so häufig. Sie war seine zweite Frau und hat gemeinsam mit dem Literaturkritier Fritz J. Raddatz am meisten dafür gesorgt, dass der Nachlass von Kurt Tucholsky veröffentlich wurde. Zusammen gründeten sie die Kurt-Tucholsky-Stiftung.

Mit dieser Biografie hat der Schriftsteller dem Ehepaar ein Denkmal gesetzt. Durch dieses Buch versteht man viele Werke Tucholskys noch besser.

Buchbeschreibung:

"Im November 1917 lernt Tucholsky in der Kassenverwaltung des Stabes von Alt-Autz Mary Gerold kennen, eine knapp 19-jährige Baltin, die nach der Eroberung Rigas durch die deutsche Armee dorthin dienstverpflichtet worden war. Jener Blitz hat eingeschlagen, den man auch 'Coup de Foudre' nennt. Nur gibt es auch einen Blitzableiter? Wir werden nämlich durch Briefe, Gedichte und Mary Gerolds bislang unveröffentlichte Tagebücher Zeuge eines Begehrlichkeitstanzes, dem sich die 'kühle Blonde' in graziöser Verweigerung anfangs entzieht."

Donnerstag, 16. Februar 2023

Tan, Amy "Töchter des Himmels"


Tan, Amy "Töchter des Himmels" (Englisch: The Joy Luck Club) - 1989

Vier chinesische Töchter, die in New York aufwachsen. Vier chinesische Mütter, die Mah Jong spielen. Acht verschiedene Frauen mit acht verschiedenen Geschichten, Ansichten, Leben. Die Töchter, die sich bemühen, die Vergangenheit zu verstehen, die Mütter, die sich bemühen, das amerikanische Leben zu verstehen, das ihre Töchter führen.

Dieser Roman zeigt, wie schwierig ein Leben in einer anderen Kultur sein kann. Dies war eines der ersten Bücher, die unser internationaler Lesekreis diskutierte. Es hat mir sehr gut gefallen. Eine Geschichte über Freundschaft, Mutter-Tochter-Beziehungen, Internationalität, verschiedene Kulturen. Man merkt, dass die Autorin viel darüber weiß, da sie eine chinesische Tochter ist, die in Amerika aufgewachsen ist. Sie sagte, ihre Eltern wollten, dass ihre Kinder "amerikanische Umstände und chinesische Schriftzeichen haben".

Buchbeschreibung:

"San Francisco, Chinatown. Vier Frauen haben die Flucht aus dem kommunistischen China überlebt. Nun kämpfen sie mit den Schwierigkeiten, sich in einem neuen Land zurechtzufinden. Ihre Töchter, selbstbewußte Amerikanerinen, werden ihnen zunehmend fremd. Aus den Erzählungen der Frauen entstehet das Portrait zweier Kulturen, die sich voll Unverständnis gegenüberstehen. Doch in Amy Tams Erfolgsroman überwinden Mütter und Töchter gemeinsam die Kluft."

Wir haben dies im März 2002 in unserem internationalen Lesekreis besprochen.

Mittwoch, 15. Februar 2023

Magnani, Franca "Mein Italien"


Magnani, Franca "Mein Italien" [My Italy] - 1997


Die Inhaltsangabe sagt eigentlich schon viel über das Buch aus. Es ist ein sehr schönes Lesebuch, und nicht nur für Italien-Begeisterte. Franca Magnani war eine wunderbare Journalistin. Wenn ich in meiner Jugend etwas über Italien erfahren habe, kam das häufig von Franca Magnani. Sie konnte so schön erzählen, dass man einfach Lust auf mehr hatte.

In diesem Buch erfahren wir viel über das Italien ihrer Zeit, seine Menschen, seine politischen Probleme, sein Leben. Die Gesetze, oft von der katholischen Kirche beeinflusst, die das Leben in Italien prägten, die Traditionen, die sich ganz, ganz langsam wandelten.

Auch heute sind ihre Artikel noch hochinteressant.

Inhaltsangabe:

"In der Tat wird man selten so unbeschwert und mit diskretem Tiefsinn in ein Land eingeführt.

'S
ie konnte Geschichten erzählen und Walnüsse im angewinkelten Ellbogen knacken, sie konnte Kühe melken und wie ein Straßenjunge schrill auf zwei Fingern pfeifen. Am meisten aber bestaunten wir sie wegen der Leichtigkeit, mit der sie den Stengel einer Kirsche im geschlossenen Mund nur mithilfe der Zunge zu verknoten wusste.' Dies schreibt Sabina Magnani-von Petersdorff über ihre Mutter Franca Magnani, die über 30 Jahre aus Italien für die ARD berichtete und so zur 'Stimme Italiens' wurde.

Die wichtigsten Beiträge sind in diesem persönlichen Italienbuch zusammengestellt. Franca Magnani vermittelte darin in der für sie so unverwechselbaren Art ein unkonventionelles, liebevolles und kenntnisreiches Panorama ihrer Heimat. Menschen - prominente und ganz einfache -, Landschaften, Ereignisse, die große Politik, den Alltag der Italiener erfasste sie mit ihrem genauen Blick.

'
Das Lesebuch für Italien-Begeisterte!' FAZ"

Dienstag, 14. Februar 2023

Zeh, Juli "Über Menschen"

Zeh, Juli "Über Menschen" [About People] - 2021

Ich habe schon einige Bücher von Juli Zeh gelesen, und sie sind alle sehr unterhaltsam. Nach "Unterleuten" wurde dann die Fortsetzung angekündigt. Und jetzt gibt es sie endlich als Taschenbuch.

Bracken, der Ort des Geschehens, hat zwar mit Unterleuten nicht viel zu tun, außer, dass es beide kleine Käffer im Osten unseres Landes sind, und auch die Menschen sind natürlich andere, dennoch ist das Thema gleich. Ein "Wessi", in diesem Fall Dora mit Hund, kauft sich ein verlassenes Haus und zieht in den Osten. Dass man im Dorf mehr mit den Nachbarn zu tun hat als in Berlin, stellt sie schnell fest. Ein besonderer Punkt: "… Mit einer Naivität, die an Idiotie grenzt, ist sie davon ausgegangen, dass für die Rückfahrt andere Regeln gelten als für die Hinfahrt. Aber der nächste Bus kommt erst um 17:35 Uhr. Jetzt ist es kurz vor drei. Dora beginnt zu begreifen, warum manche Ideen für die Klimawende nicht bei allen Menschen im Land gut ankommen." Ja, vor allem auf dem Land, wo man eben keinen richtigen öffentlichen Nachverkehr hat. Eine Bekannte von mir war von einer deutschen Großstadt aufs Land gezogen und wunderte sich, dass die Nachbarn alle zwei Autos hatten. Da ihr Mann, wie alle anderen Männer, ihr Auto brauchten, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen, blieb sie mit den beiden Kleinkindern zu Hause. Als sie feststellte, dass ein Bushalteschild in der Kleinstadt nicht das Gleiche ist wie in der Großstadt und sie fast einen ganzen Tag brauchte, um mit ihrem kranken Säugling und seinem zwei Jahre älteren Bruder zum Arzt hin- und zurückzukommen, bekam auch ihre Familie ein zweites Auto, keine drei Monate nach ihrem Umzug.

Ich sage immer, jeder sollte nach Schulabschluss ein halbes Jahr in eine Dorf ziehen müssen und auf der anderen Seite des Kreises arbeiten. Mal sehen, wie schnell die noch davon sprechen, dass man doch den ÖPNV nutzen sollte. Würden wir auch gerne, wenn es den denn gäbe.

Ja, so ähnlich geht es auch Dora. Selbst mit dem Fahrrad ist die nächste Einkaufsgelegenheit viel zu weit entfernt. Und die Nachbarn "kümmern" sich zwar mehr, als ihr manchmal lieb ist, aber sie versteht auch, dass es ohne kaum geht. Immerhin ist die Dorfgemeinschaft der Neuen einigermaßen freundlich gesinnt, was auch nicht immer der Fall ist. Meine Eltern blieben 60 Jahre lang die "Zugezogenen", obwohl sie nur ein paar Dörfer weiter aufgewachsen waren.

Hier stoßen Welten aufeinander, nicht nur Dorf und Großstadt, Osten und Westen, auch politisch stehen die Bewohner auf einer ganz anderen Seite. Und dann ist da noch Corona und Doras Freund Robert, der bei dem Thema total abdreht.

Viele Konflikte werden in diesem Roman beschrieben, Konflikte, die wir alle gut nachvollziehen können, das ist wohl das Allerbeste an dieser Geschichte. Witz fehlt auch nicht in dem Buch, das ist umso erstaunlicher, als es sonst nicht viel zu lachen gibt, weder in Doras Leben noch in dem der Nachbarn.

Wie auch die anderen Bücher der Autorin hat mir dieses ausgesprochen gut gefallen und ich werde sicher noch mehr von ihr lesen.

Buchbeschreibung:

"Dora ist mit ihrer kleinen Hündin aufs Land gezogen. Sie brauchte dringend einen Tapetenwechsel, mehr Freiheit, Raum zum Atmen. Aber ganz so idyllisch wie gedacht ist Bracken, das kleine Dorf im brandenburgischen Nirgendwo, nicht. In Doras Haus gibt es noch keine Möbel, der Garten gleicht einer Wildnis, und die Busverbindung in die Kreisstadt ist ein Witz. Vor allem aber verbirgt sich hinter der hohen Gartenmauer ein Nachbar, der mit kahlrasiertem Kopf und rechten Sprüchen sämtlichen Vorurteilen zu entsprechen scheint. Geflohen vor dem Lockdown in der Großstadt muss Dora sich fragen, was sie in dieser anarchischen Leere sucht: Abstand von Robert, ihrem Freund, der ihr in seinem verbissenen Klimaaktivismus immer fremder wird? Zuflucht wegen der inneren Unruhe, die sie nachts nicht mehr schlafen lässt? Antwort auf die Frage, wann die Welt eigentlich so durcheinandergeraten ist? Während Dora noch versucht, die eigenen Gedanken und Dämonen in Schach zu halten, geschehen in ihrer unmittelbaren Nähe Dinge, mit denen sie nicht rechnen konnte. Ihr zeigen sich Menschen, die in kein Raster passen, ihre Vorstellungen und ihr bisheriges Leben aufs Massivste herausfordern und sie etwas erfahren lassen, von dem sie niemals gedacht hätte, dass sie es sucht.

Juli Zehs neuer Roman erzählt von unserer unmittelbarsten Gegenwart, von unseren Befangenheiten, Schwächen und Ängsten, und er erzählt von unseren Stärken, die zum Vorschein kommen, wenn wir uns trauen, Menschen zu sein.
"

Montag, 13. Februar 2023

Tellkamp, Uwe "Der Turm"

  

Tellkamp, Uwe "Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land" - The Tower - 2008

Ich fand dieses Buch hervorragend und kann es wirklich all meinen Freunden empfehlen. Lest es.

Uwe Tellkamp beschreibt das Leben in der DDR in den 1980er Jahren. Ich bin im Westen des Landes aufgewachsen und hatte - wie die meisten von uns - keine Kontakte in den Osten. Das bedeutet, dass ich nicht für die Genauigkeit der abgebildeten Leben bürgen kann. Aber ich habe das Gefühl, dass es ziemlich nah dran ist, nicht unbedingt für alle, vielleicht nur für diejenigen, die aufgrund ihrer Position ein privilegierteres Leben geführt haben.

Die Länge des Buches ermöglichte es dem Autor, auf so viele Details von so vielen verschiedenen Charakteren einzugehen. Ohne das hätte er sich auf weniger Personen oder eine oberflächlichere Beschreibung beschränken müssen.


Christian Hoffmann ist der Protagonist, er ist hervorragend dargestellt. Aber mein Lieblingscharakter ist Meno Rohde, weil er am "lebendigsten" wirkt.

Ich möchte auf jeden Fall mehr von diesem Autor und mehr von anderen DDR-Autoren lesen. Letztes Jahr wurde die Fortsetzung veröffentlicht, "Der Schlaf in den Uhren". Natürlich, wie üblich in deutschen Verlagen, wurde es noch nicht als Taschenbuch herausgegeben, aber da ich jetzt schon vierzehn Jahre warte, kommt es auf ein paar Jahre mehr auch nicht mehr an.

Buchbeschreibung
:

"Hausmusik, Lektüre, intellektueller Austausch: Das Dresdner Villenviertel, vom real existierenden Sozialismus längst mit Verfallsgrau überzogen, schottet sich ab. Resigniert, aber humorvoll kommentiert man den Niedergang eines Gesellschaftssystems, in dem Bildungsbürger eigentlich nicht vorgesehen sind. Anne und Richard Hoffmann, sie Krankenschwester, er Chirurg, stehen im Konflikt zwischen Anpassung und Aufbegehren: Kann man den Zumutungen des Systems in der Nische, der 'süßen Krankheit Gestern' der Dresdner Nostalgie entfliehen wie Richards Cousin Niklas Tietze - oder ist der Zeitpunkt gekommen, die Ausreise zu wählen? Christian, ihr ältester Sohn, der Medizin studieren will, bekommt die Härte des Systems in der NVA zu spüren. Sein Weg scheint als Strafgefangener am Ofen eines Chemiewerks zu enden. Sein Onkel Meno Rohde steht zwischen den Welten: Als Kind der 'roten Aristokratie' im Moskauer Exil hat er Zugang zum seltsamen Bezirk 'Ostrom', wo die Nomenklatura residiert, die Lebensläufe der Menschen verwaltet werden und deutsches demokratisches Recht gesprochen wird."

Samstag, 11. Februar 2023

Belinga Belinga, Jean-Félix "Ngono Mefane, das Mädchen der Wälder"

Belinga Belinga, Jean-Félix "Ngono Mefane, das Mädchen der Wälder: Ein Märchen aus dem Regenwald" [Ngono Mefane, the girl of the woods] - 1990

Ein Märchenbuch, afrikanische Märchen. Ein Kind hat keine Arme und Beine, bekommt diese aber von kleinen Geistern. Dann wird sie zur Beschützerin der Tiere im Regenwald.

Nicht uninteressant zu lesen, allerdings lernt man nicht viel von Kamerun, dem Land, in dem Ngono Mefane wohnt. Wer aber gerne Fantasy und/oder Märchen liest, kommt voll auf seine Kosten.

Inhaltsangabe:

"Ein Mädchen wurde geboren - ohne Arme und Beine. Angst verbreitet sich. Die Einwohner des kleinen Dorfes flohen vor dem Unheil und lassen das hilflose Kind zurück.

Doch Engóngólo wird auf wundersame Weise geheilt. Sie ist nunmehr
Ngono Mefane, das Mädchen der Wälder. Beherzt geht die zuvor schwer Behinderte gegen alles an, was das Leben von Pflanzen und Tieren und Menschen beeinträchtigt. Wir lernen Mvomo, die Riesenschlange, und Mvutú, den jungen Affen, kennen. Wir suchen den Bach der Zauberfische im Reich der Elefanten und hoffen, dass es Ngono Mefane gelingt, das Land der Menschen zu retten, ehe der Palmbaum an der achten Kreuzung von allen Blättern entblößt ist."

Mosebach, Martin "Die Türkin"

Mosebach, Martin "Die Türkin" [The Turkish Woman] - 2002

Eine interessante Erzählung, nicht unbedingt die große Liebesgeschichte, die auf dem Klappentext angekündigt wird, aber trotzdem recht lesenswert. Ein junger Deutscher verliebt sich in eine Türkin und lässt alles hinter sich, um ihr in die Türkei zu folgen und sie für sich zu gewinnen. Wir werden mit dem Erzähler in eine uns fremde Welt katapultiert, in der wir uns erst einmal zurechtfinden müssen. Das ist dem Autoren hervorragend gelungen, die Darstellung der anderen Welt, Frankfurt verglichen mit einem kleinen Dorf irgendwo in der Türkei, in der die Bewohner noch nicht einmal Telefon haben. Auch das Schicksal der Geliebten, ein Mädchen, das aus der Türkei nach Deutschland geschickt und dann wieder zurückgeholt wird kann uns nicht gleichgültig sein, obwohl wir, genau wie der Erzähler, recht wenig von ihr erfahren.

Die Geschichte ist spannend und einfühlsam zugleich und obwohl wir vielleicht mit dem Autoren auf ein Happy End hoffen, wissen wir doch von Anfang an, dass das sehr unrealistisch wäre und dem Inhalt des Buches nicht gerecht würde.

Inhaltsangabe:

"Eine große Karriere liegt vor ihm, da da begegnet der junge Mann in einer Wäscherei einem anmutigen türkischen Mädchen. Es ist der Beginn einer Obsession, die seine Phantasie wie nichts zuvor entfesselt. Aber eine ehrbewußte Familie wacht über das Mädchen und zwingt es, in die Türkei zurückzukehren. Der Mann folgt ihr in die archaische Welt Lykiens.

Eine große Liebesgeschichte aus der Feder eines großen Erzählers.
"

Freitag, 10. Februar 2023

Ondaatje, Michael "Anils Geist"

Ondaatje, Michael "Anils Geist" (Englisch: Anil's Ghost) - 2000

Bürgerkrieg in Sri Lanka, Menschenrechtsfragen, eine Geschichte von einfachen Menschen, Liebe, Familie, viel Geschichte in diesem Land.

Ich liebe Bücher über Geschichte und/oder Romane aus anderen Teilen dieser Welt. "Anils Geist" kombiniert beides. Die Sprache in diesem Buch ist wunderbar, ich könnte ewig so weiterlesen. Auch wenn die Geschichte nicht "nett" ist (angesichts des Themas), habe ich es wirklich genossen, sie zu lesen, die Charaktere kennenzulernen und mehr über die Geschichte dieses Landes zu erfahren, etwas, das in diesem Teil der Welt nicht so bekannt ist wie das von anderen. Ich vermute, Sri Lanka scheint vielen nicht wichtig genug zu sein.

Buchbeschreibung:

"Anil Tissera kehrt nach Jahren zurück in ihre Heimat Sri Lanka. Als Rechtsmedizinerin soll sie Beweise dafür liefern, dass in dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land nicht nur Rebellen Terror ausüben, sondern auch die Regierung. Es beginnt eine spannende Spurensuche, die ganz unterschiedliche Menschen zusammenführt. Sarath, der Archäologe, Ananda, der Künstler und Anil suchen jeder auf seine Weise nach der Wahrheit, der Liebe und nach der Ursache eines Verbrechens.
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In seinem Booker-Preis-gekrönten dritten Roman,
Der englische Patient, untersuchte Michael Ondaatje das Wesen der Liebe und des Betrugs vor dem Hintergrund des Krieges. Sein vierter, Anils Geist, spielt ebenfalls in einem Krieg, aber im Gegensatz zum Zweiten Weltkrieg, ist der Feind im blutigen Konfessionskonflikt, der Sri Lanka in den Achtziger- und Neunzigerjahren auseinanderriss, nur schwer auszumachen. Die Protagonistin, Anil Tissera, verließ ihre Heimat Sri Lanka im Alter von 18 Jahren und kehrt nun 15 Jahre später als Mitglied einer internationalen Menschenrechts-Untersuchungsmission zurück. In den dazwischenliegenden Jahren machte sie Karriere als Kriminalanthropologin, ein Beruf, der sie zu den Killing Fields von Mittelamerika führte, wo sie die Opfer des schmutzigen Kriegs in Guatemala ausgrub. Nun ist sie mit einer ganz ähnlichen Mission nach Sri Lanka gekommen. Wie sie aber bald feststellt, gibt es zwischen den beiden Aufträgen grundlegende Unterschiede.

Die Leichen tauchen hier wöchentlich auf. Der Höhepunkt des Terrors fand in den Jahren 1988-89 statt, aber er fing natürlich schon lange vorher an. Beide Seiten töteten und vertuschten. Dies war ein inoffizieller Krieg, und keiner wollte es sich im Ausland verscherzen. Es lief also alles über Geheimkommandos und -gangs ab. Anders als in Mittelamerika, tötete hier die Regierung nicht direkt.

In einer solchen Situation ist es nicht leicht zu erkennen, wem man vertrauen kann. Anils Kollege ist ein gewisser Sarath Diyasena, ein srilanker Archäologe, dessen politische Zugehörigkeiten, wenn er denn welche hatte, undurchsichtig waren. Zusammen decken sie durch den Fund eines Skeletts, dem sie den Namen Sailor geben, die Beweise eines von der Regierung in Auftrag gegebenen Mordes auf. Als Anil jedoch ihre Untersuchungen über die Ereignisse aufnimmt, die zu Sailors Tod geführt hatten, erkennt sie, dass sie in einem Netz aus Politik, Paranoia und Tragödie gefangen ist.

Wie bei seinem Vorgänger untersucht der Roman den Bereich, in dem sich das Persönliche und das Politische im Angelpunkt des Krieges überschneiden. Der Stil ist jedoch viel direkter, weniger dicht poetisiert. Obwohl viele der literarischen Markenzeichen Ondaatjes vorhanden sind - häufige Zeitsprünge, geradezu halluzinatorische Bilder, das allmähliche Verweben der Vergangenheit der Charaktere mit deren Gegenwart - ist der Schreibstil hier viel zugänglicher. Das soll aber nicht heißen, dass der Autor seine poetischen Wurzeln vergessen hat; es gibt unterschwellige, evokative Bilder zuhauf. Nehmen Sie zum Beispiel nur diese Beschreibung Anils, die am Ende des Tages in einem Teich steht, 'ihre Zehen zwischen den weißen Blütenblättern, mit verschränkten Armen, während sie den vergangenen Arbeitstag auszog, die Schichten der Ereignisse und der Vorfälle nach und nach ablegte, damit sie nicht mehr in ihr waren.' Mit
Anils Geist hat Michael Ondaatje sowohl eine brutale Untersuchung eines gegenseitigen Vernichtungskrieges geschaffen als auch eine bleibende Betrachtung über Identität, Loyalität und den festen Griff, den die Vergangenheit auf die Gegenwart ausübt. - Alix Wilber"

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Donnerstag, 9. Februar 2023

Fröhlich, Alexandra "Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen"

Fröhlich, Alexandra "Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen" [My Russian Mother-in-law and other Catastrophes] - 2012

Eigentlich lese ich eher ungern lustige Bücher, vor allem, wenn ich das Gefühl habe, es wurde einfach nur so geschrieben, dass man darüber lachen sollte und ansonsten ist kein Hintergrund vorhanden.

Kann man hier zum Glück nicht sagen. Zum einen schafft die Autorin es, wirklich alles mit einem Augenzwinkern zu erzählen, auch wenn es nicht unbedingt immer nur positive Geschichten sind, die sie da von sich gibt. Das heißt, eigentlich ist kaum etwas positiv an der ganzen Geschichte, außer, dass Paula ja wohl Artjom wirklich liebt.

Kein sehr anspruchsvolles Buch, aber nett für zwischendurch.

Buchbeschreibung:

"Kann man einen Tsunami aufhalten? Eine Lawine? Einen Hurrikan? Ebenso hoffnungslos ist es, Paulas russische Schwiegermutter vom Gegenteil zu überzeugen, wenn diese beschließt, einen zwei Zentner schweren Neufundländer nachts auf einem Hamburger Friedhof zu begraben. Denn Darya ist stur wie ein russischer Panzer und verrückt wie ein tollwütiges Frettchen. Mit Logik ist da nichts zu machen, nur Betteln hilft - manchmal. Wäre da nicht Daryas Sohn Artjom, Paula hätte längst die Flucht ergriffen.

Zugegeben, Artjom liebt Wodka, Nachtklubs und Chopin, aber er hat eine Stimme, die Paulas Kniescheiben zum Vibrieren bringt …
"

Mittwoch, 8. Februar 2023

Petrowskaja, Katja "Vielleicht Esther"

Petrowskaja, Katja "Vielleicht Esther" - Maybe Esther - 2014

Eine großartige Erzählung über die Geschichte einer jüdischen Familie. Ein Kritiker schrieb, Katja Petrowskaja hätte einen großen Roman schreiben können hat aber nur Fragmente widergegeben. Ich finde, gerade diese Fragmente zeigen eher, was diese Familie - stellvertretend für alle anderen jüdischen Familien - mitgemacht hat, all die kleinen Einzelheiten, von denen man sonst so oft nichts hört.

Ein wunderbares Buch.

Katja Petrowskaja erhielt den Ingeborg Bachmann Preis 2013.

Buchbeschreibung:

"Hieß sie wirklich Esther, die Großmutter des Vaters, die 1941 im besetzten Kiew allein in der Wohnung der geflohenen Familie zurückblieb? Die jiddischen Worte, die sie vertrauensvoll an die deutschen Soldaten auf der Straße richtete - wer hat sie gehört? Und als die Soldaten die Babuschka erschossen, 'mit nachlässiger Routine' - wer hat am Fenster gestanden und zugeschaut?

Die unabgeschlossene Familiengeschichte, die Katja Petrowskaja in kurzen Kapiteln erzählt, hätte ein tragischer Epochenroman werden können: der Student Judas Stern, ein Großonkel, verübte 1932 ein Attentat auf den deutschen Botschaftsrat in Moskau. Sterns Bruder, ein Revolutionär aus Odessa, gab sich den Untergrundnamen Petrowski. Ein Urgroßvater gründete in Warschau ein Waisenhaus für taubstumme jüdische Kinder. Wenn aber schon der Name nicht mehr gewiß ist, was kann man dann überhaupt wissen? Statt ihren gewaltigen Stoff episch auszubreiten, schreibt die Autorin von ihren Reisen zu den Schauplätzen, reflektiert über ein zersplittertes, traumatisiertes Jahrhundert und rückt Figuren ins Bild, deren Gesichter nicht mehr erkennbar sind. Ungläubigkeit, Skrupel und ein Sinn für Komik wirken in jedem Satz dieses eindringlichen Buches.
"

Dienstag, 7. Februar 2023

Obama, Michelle "Das Licht in uns"

Obama, Michelle "Das Licht in uns: Halt finden in unsicheren Zeiten" (Englisch: The Light We Carry: Overcoming in Uncertain Times) - 2022


Ich habe bereits Michelle Obamas erstes Buch "Becoming" (Becoming. Meine Geschichte) gelesen und war wirklich begeistert. Also war es keine Frage, dass ich auch ihr zweites lesen wollte.

So eine wundervolle Frau, so eine starke Persönlichkeit. Wir brauchen mehr Frauen wie sie, die uns erzählen, wie sie ihr erfolgreiches Leben führen, ohne den Finger zu hben, ohne das Buch ein "Selbsthilfebuch" sein zu lassen (ich verabscheue diese).

Es ist ein großes Privileg, in die Gedanken von Michelle Obama eingelassen zu werden, sie teilt so viel, was für uns alle hilfreich sein kann. Wir können immer voneinander lernen, aber besonders von erfolgreichen Menschen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Präsidentenfrauen war ihr Leben kein einfaches, sie wurde nicht mit einem silbernen Löffel im Mund geboren, sie musste sich hochkämpfen. Aber sie hat hart gearbeitet und es geschafft, trotz vieler Hindernisse. Aber sie verurteilt andere nicht, die nicht so weit gekommen sind, sie weiß, wie schwer das ist.


Ich weiß, viele würden sie gerne als Präsidentin sehen (ich auch) wird, und ich bin sicher, sie wäre großartig darin, aber ich weiß auch, dass sie das nicht will, und ich verstehe vollkommen, wenn sie sagt, dass acht Jahre im Weißen Haus genug sind.

Auf jeden Fall, sollte sie ein drittes Buch schreiben, ich werde ich eine der Ersten sein, die es kauft.


Sie stellt das Buch mit ihren eigenen Worten vor:

"Ich habe gelernt, dass es in Ordnung ist zu erkennen, dass Selbstwert mit Verletzlichkeit einhergeht und dass das, was wir Menschen auf dieser Erde teilen, der Impuls ist, immer und egal nach Besserem zu streben was.

Wir werden mutiger in der Helligkeit. Wenn du dein Licht kennst, kennst du dich selbst. Du kennst deine eigene Geschichte auf ehrliche Weise. 

Meiner Erfahrung nach baut diese Art der Selbsterkenntnis Selbstvertrauen auf, was wiederum Ruhe und die Fähigkeit hervorbringt, den Überblick zu behalten, was schließlich dazu führt, dass man sich sinnvoll mit anderen verbinden kann - und das ist für mich die Grundlage aller Dinge. Ein Licht nährt das andere. Eine starke Familie verleiht mehr Kraft. Eine engagierte Gemeinschaft kann die Menschen um sie herum entzünden. Das ist die Kraft des Lichts, das wir tragen."

Buchbeschreibung:

"Es gibt womöglich keine einfachen Lösungen für die großen Herausforderungen, vor die wir im Laufe des Lebens gestellt werden. Michelle Obama ist jedoch überzeugt, dass wir mit einigen praktischen Hilfsmitteln auch durch die größten Veränderungen im Leben sicher navigieren können. In 'Das Licht in uns' geht sie mit ihren Leserinnen und Lesern ins Gespräch und adressiert jene Fragen, mit denen die meisten von uns regelmäßig zu kämpfen haben: Wie gelingen stabile und aufrichtige Beziehungen? Wie können wir auch in Konflikten Kraft und Gemeinsamkeiten finden? Welche Werkzeuge stehen uns zur Verfügung, um Selbstzweifel und Hilflosigkeit auszudrücken? Was können wir tun, wenn auf einmal alles zu viel wird?

Mutmachende Geschichten und inspirierende Gedanken zeigen uns, wie Michelle Obama über Veränderung und Herausforderungen denkt und über das, was in unserer Macht liegt. Es ist ihr fester Glaube, dass wir den Reichtum und das Potential unserer Welt zum Leuchten bringen, wenn wir von innen heraus strahlen und anderen Menschen unser Licht schenken. So können wir tiefer liegende Wahrheit erkennen und neue Wege für uns entdecken. In ihrer Rolle als Mutter, Tochter, Ehefrau, Freundin und First Lady teilt sie mit uns die Grund- und Glaubenssätze, die ihr geholfen haben, selbst die schwierigsten Hindernisse im Leben zu überwinden und immer weiter zu wachsen. Sie erläutert wertvolle Praktiken wie Höflichkeit, Mut zur Größe und das Versammeln von Freunden und Mentoren um den eigenen Küchentisch. Mit ihrem unverwechselbaren Humor, ihrer Aufrichtigkeit und ihrem Mitgefühl erkundet sie Themen wie Herkunft, Geschlecht und Sichtbarkeit und ermutigt ihre Leser*innen, Angst zu bezwingen, Stärke in der Gemeinschaft zu finden und ein mutiges Leben zu führen.
"

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Montag, 6. Februar 2023

Buck, Pearl S. "Land der Hoffnung, Land der Trauer"

Buck, Pearl S. "Land der Hoffnung, Land der Trauer" (Englisch: The Patriot) - 1939

Pearl S. Buck war schon immer eine großartige Autorin historischer Romane. Hier spricht sie über die Probleme zwischen China und Japan zur Zeit Chiang Kai-Cheks und des chinesisch-japanischen Kriegs.

Eine Mischehe bringt zwei Familien zusammen, und niemand kann die Geschichte des Aufeinanderprallens zweier Kulturen besser erzählen als die Nobelpreisträgerin.

Die Geschichte vermischt sich mit dem Leben der Protagonisten - das ist natürlich klar, und wir können sehen, wie die Politik die Familie beeinflusst und wie ihre Reaktionen ihr Leben beeinflussen.

Wie alle Bücher von Pearl S. Buck, eine großartige Geschichte verschiedener Kulturen.

Buchbeschreibung:

"Ein gesellschafts und politischer Roman um die revolutionären Veränderungen in China.

Im Strudel der revolutionären Unruhen ind China gelingt es Ai-wan, Sohn einer angesehenen Bankiersfamilie, nach Nakasaki zu fliehen. Im stillen Haus eines japanischen Antiquitätenhändlers erwacht in ihm eine zärtliche Zuneigung zu Tama, der Tochter seines Gastgebers. Trotz des Widerstandes der Familien heiraten sie. Als es zwischen ihren beiden Völkern jedoch zum kriegerischen Konflikt kommt, wird Ai-Wans Liebe auf eine unerbittliche und tragische Probe gestellt.
"

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Andere Bücher, die ich von Pearl S. Buck gelesen habe, sind hier.

Pearl S. Buck
erhielt den Nobelpreis für Literatur 1938 "für ihre reichen und echten epischen Schilderungen aus dem chinesischen Bauernleben und für ihre biographischen Meisterwerke".

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Buck, Pearl S. "Die Frau des Missionars"

Buck, Pearl S. "Die Frau des Missionars" (Englisch: The Exile) - 1936

Pearl S. Buck wuchs größtenteils in China als Tochter amerikanischer Missionare auf. In ihren zahlreichen Romanen beschreibt sie das Leben der Chinesen in Vergangenheit und Gegenwart.

Dieses Buch ist jedoch eine Biografie über ihre Mutter, Carie Stulting Sydenstricker, eine Missionarin und Ehefrau eines Missionars, die den größten Teil ihres Erwachsenenlebens an einem fremden Ort verbrachte und sowohl politisch als auch persönlich schwere Zeiten durchmachte. Sie erlebte mehrere Invasionen, die Japaner, die Russen, Krankheiten und den Tod ihrer Kinder. Sie lebt in zwei Welten und kann am Ende keine von beiden als ihre wahre Heimat beanspruchen.

Genau wie ihre Romane hat mir auch diese Biographie der Mutter der Autorin sehr gut gefallen. Sie zeigt, wie sehr Liebe das Leben der Menschen um jemanden herum verändern kann und manchmal noch viel mehr.


Buchbeschreibung:

"Die amerikanische Nobelpreisträgerin Pearl S. Buck erzählt in diesem berückenden biografischen Roman von 1936 das bewegte Leben ihrer Mutter Caroline Sydenstricker. Als Missionarin übersiedelt sie Ende des 19. Jahrhunderts voller Hoffnung und Eifer gemeinsam mit ihrem Mann in die chinesische Provinz. Doch das Leben dort ist hart, Armut und Elend sind allgegenwärtig. Und auch der Verlust von vier ihrer sieben Kinder oder die fremdenfeindlichen Wirren des Boxeraufstands um 1900 stellen die Unerschütterlichkeit ihres Glaubens immer wieder auf harte Proben."

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Andere Bücher, die ich von Pearl S. Buck gelesen habe, sind hier.

Pearl S. Buck
erhielt den Nobelpreis für Literatur 1938 "für ihre reichen und echten epischen Schilderungen aus dem chinesischen Bauernleben und für ihre biographischen Meisterwerke".

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Freitag, 3. Februar 2023

Kermani, Navid "Zwischen Koran und Kafka"

 

Kermani, Navid "Zwischen Koran und Kafka. West-östliche Erkundungen" - Between Quran and Kafka: West-Eastern Affinities - 2014

Navid Kermani ist ein deutscher Autor mit iranischen Eltern. Er ist Orientalist und erhielt 2015 den renommierten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dies ist mein zweites Buch, das ich von ihm lese. Das erste war "Dein Name".

Eine ziemlich interessante Herangehensweise sowohl an den Islam als auch an deutsche Schriftsteller, sowohl klassisch als auch modern, von jemandem, der sich mit beidem sehr gut auskennt. Auch wenn man beides nichts kennt, Navid Kermani bringt sie uns näher. Dies ist sicherlich ein Buch, das zum Nachdenken anregt.

Er schließt auch einige großartige Reden ein, zu denen er bei bestimmten offiziellen deutschen und österreichischen Veranstaltungen eingeladen wurde, wie zum Beispiel die Feierlichkeiten zu 65 Jahren Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Alle hochinteressant.

Inhaltsangabe:

"Was hat das schiitische Passionsspiel mit Brechts Theater zu tun? Welche Gedichte verdankt Goethe dem Koran? Wie hängt Ibn Arabis Theologie des Seufzens mit dem 'Ach!' der Alkmene zusammen? Und warum identifizierte sich der iranische Dichter Hedayat mit dem Prager Juden Kafka? Navid Kermani lässt auf faszinierende Weise die vertrauten Grenzen zwischen Orient und Okzident verschwinden. Selten zuvor ist so elegant - und politisch so aktuell - demonstriert worden, was Weltliteratur ist."

Navid Kermani hat 2015 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten.

Donnerstag, 2. Februar 2023

Rasputin, Valentin "In den Wäldern die Zuflucht"

Rasputin, Valentin "In den Wäldern die Zuflucht" oder "Leb und vergiss nicht" (Russisch: Живи и помни = Zhiwi e pomni) - To Live and Remember (oder: Live and Remember) - 1974

Ein Deserteur kehrt in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs in sein Heimatdorf in Sibirien zurück. Er versteckt sich vor allen, aber seine Frau entdeckt ihn und hilft ihm. Dadurch gerät sie selbst in Schwierigkeiten. Als nach Kriegsende andere Soldaten von der Front zurückkehren, wird ihre Lage immer verzweifelter.

Ich habe dieses Buch vor ungefähr dreißig Jahren verloren, als ich es einer Kollegin geliehen hatte.
Ich mochte es sehr und war deshalb all die Jahre auf der Suche nach einem Ersatz.

Es nach so vielen Jahren noch einmal zu lesen war
ein wenig enttäuschend. Ich finde das Buch jedoch großartig. Es gibt einen guten Überblick darüber, was Menschen ertragen können und was sie bereit sind, für jemanden zu tun, den sie lieben.

Buchbeschreibung:

"Andrej Gussjkow desertiert aus der Sowjetarmee und kehrt in seine sibirische Heimat am Fluß Angara zurück. Er wagt sich aber nicht in sein Dorf Atamanowka, sondern vegetiert in einer Hütte in der Taiga. Nur zu seiner Ehefrau Nastjona nimmt er Kontakt auf. ... 'In den Wäldern die Zuflucht' handelt von den Schwierigkeiten des Zusammenlebens des Menschen mit seinen Mitmenschen: in Familie, Ehe, Dorf, Staat und Armee, in Kriegsnot und Hungersnot - und mit der Natur: den Tieren des Waldes und des Hauses, der Taiga, dem Strom, dem Acker, dem harten Winter und dem jähen Frühling..Ein Buch über 'einfache' russische Menschen, über ihre Ängste und Hoffnungen, Leiden und Freuden, ihre Glaubenssätze und Vorurteile, ihre Hartherzigkeit und ihre Güte. Und ein Buch über die sibirische Landschaft: den harten Winter und den jähen Frühling."

Ich fand, "Abschied von Matjora" (Farewell to Matyora) beschreibt das Leben der einfachen Leute noch besser.