Montag, 25. April 2022

Zeh, Juli "Unterleuten"

Zeh, Juli "Unterleuten" - 2016

Mich hat dieses Buch fasziniert. Ich hatte von der Autorin bereits "Corpus Delicti. Ein Prozess" (The Method) und "Die Stille ist ein Geräusch. Eine Fahrt durch Bosnien" gelesen, beides hervorragende Bücher.

Aber "Unterleuten" geht weiter. Es handelt sich hier um ein Dorf in Brandenburg, in das viele Berliner ziehen, sicher zum Teil, weil es billiger ist, aber auch, um sich zu verwirklichen, um "in der Natur" zu wohnen. Was die Alteingesessenen davon halten, ist ihnen eigentlich egal, sie wollen das Dorf so, wie sie es sich immer vorstellen. Man lernt die Menschen kennen, so wie sie sind, mit allen Ecken und Kanten mit ihren Wünschen und Träumen, mit ihren Enttäuschungen, mit ihren Kämpfen.

Ein Städter bedenkt nicht, was er den Landbewohnern mit seinem Umzug auf das Land und seinem Bedürfnis, dort alles auf den Kopf zu stellen, anrichtet. Und wir im Westen haben auch oft zu wenig Verständnis für unsere "neuen" Mitbürger (ist ja auch immerhin schon mehr als dreißig Jahre her). Ich glaube, Juli Zeh hat einen guten Beitrag dazu geleistet, dass man dieses besser versteht.

Es gibt auch eine ganze Webseite über das Dorf und seine Bewohner, mit Stadtplan, Geschichte usw. Einfach gut.

Da ich Listen liebe, habe ich während des Lesens eine von den Dorfbewohnern, neu und alt, angelegt. Die findet man zwar auch auf der oben genannten Webseite, aber hier ist sie noch einmal zum Mitdenken.

Fließ, Gerhard + Jule Weiland + Sophie
Franzen, Linda + Frederik Wachs
Meiler, Konrad + Mizzie + Friedrich, Johannes, Philip
Schaller, Bodo + Miriam
Gombrowski, Rudolf + Elea Niehaus + Verena
Kessler, Hilde (+Erik) + Betty
Kron, + Katharina Hübschke
Seidel, Arne (+Barbara)
Finkbeiner, Lucy

Der Verlag sagt: "Mit Unterleuten hat Juli Zeh einen großen Gesellschaftsroman über die wichtigen Fragen unserer Zeit geschrieben." Da kann ich ihm nur recht geben.

Jetzt warte ich darauf, dass die Fortsetzung "Über Menschen" endlich als Taschenbuch herauskommt. Wäre schön, wenn die deutschen Verleger endlich mal Mitleid mit uns älteren oder auch gebrechlichen Menschen hätte, die einen dicken Wälzer als gebundenes Buch nicht mehr halten und die auch mit einem E-Reader nichts anfangen können.

Buchbeschreibung:

"Der große Gesellschaftsroman von Juli Zeh

Manchmal kann die Idylle auch die Hölle sein. Wie das Dorf
'Unterleuten' irgendwo in Brandenburg. Wer nur einen flüchtigen Blick auf das Dorf wirft, ist bezaubert von den altertümlichen Namen der Nachbargemeinden, von den schrulligen Originalen, die den Ort nach der Wende prägen, von der unberührten Natur mit den seltenen Vogelarten, von den kleinen Häusern, die sich Stadtflüchtlinge aus Berlin gerne kaufen, um sich den Traum von einem unschuldigen und unverdorbenen Leben außerhalb der Hauptstadthektik zu erfüllen. Doch als eine Investmentfirma einen Windpark in unmittelbarer Nähe der Ortschaft errichten will, brechen Streitigkeiten wieder auf, die lange Zeit unterdrückt wurden. Denn da ist nicht nur der Gegensatz zwischen den neu zugezogenen Berliner Aussteigern, die mit großstädtischer Selbstgerechtigkeit und Arroganz und wenig Sensibilität in sämtliche Fettnäpfchen der Provinz treten. Da ist auch der nach wie vor untergründig schwelende Konflikt zwischen Wendegewinnern und Wendeverlierern. Kein Wunder, dass im Dorf schon bald die Hölle los ist …

Mit
'Unterleuten' hat Juli Zeh einen großen Gesellschaftsroman über die wichtigen Fragen unserer Zeit geschrieben, der sich hochspannend wie ein Thriller liest. Gibt es im 21. Jahrhundert noch eine Moral jenseits des Eigeninteresses? Woran glauben wir? Und wie kommt es, dass immer alle nur das Beste wollen, und am Ende trotzdem Schreckliches passiert?"

Andere Dorfromane:
Stockmann, Nis-Momme "Der Fuchs"
Schroeder, Bernd "Auf Amerika"
Hansen, Dörte "Altes Land" (This House is Mine)
Stanišić, Saša "Vor dem Fest"

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