Nachdem ich "Schall und Wahn" (The Sound and the Fury) für unsere Klassiker-Challenge gelesen hatte, dachte ich, ich würde es nie schaffen, Faust rechtzeitig zu lesen, falls das ausgewählt wird. Also fing ich sofort damit an.
Die Geschichte gilt als das größte Werk der deutschen Literatur, und ich kann das wohl glauben. 250 Jahre sind seitdem vergangen, aber ich glaube nicht, dass es ein anderes Buch gibt, das weltweit so bekannt ist.
Obwohl meine Ausgabe über tausend Seiten hatte, kam ich schneller durch als gedacht. Ich habe es schon oft erwähnt: Ich lese nicht gern Theaterstücke, es ist nicht so einfach, der Handlung zu folgen. Dieses hier fand ich aber gar nicht so anstrengend. Vielleicht, weil ich in Deutschland aufgewachsen bin und schon Beschreibungen und Bruchstücke der Geschichte kannte. Und ich entdeckte viele Aphorismen, Metaphern, Symbole und Redewendungen, die wir im Deutschen oft, sehr oft verwenden. Goethe ist unser Shakespeare, er hat die Sprache wie kein anderer geprägt.
Die Geschichte selbst – nun ja, was soll ich sagen? Es zeigt die damalige Sicht auf Frauen, Religion und den Glauben der Menschen. Die Moral der Zeit wird ebenso treffend dargestellt wie die inneren Konflikte der Hauptfigur. Und selbst für Nichtdeutsche bietet das Stück so viel über die Menschen, was überall Gültigkeit hätte.
Meine Ausgabe enthielt nicht nur den Faust, den wir heute kennen, sondern auch den Urfaust, sein Frühwerk. Alle Fassungen sind parallel dargestellt, was es erleichtert, die Änderungen und Ergänzungen zu erkennen. Absolut faszinierend.
Ich kann gern glauben, dass Goethe etwa sechzig Jahre brauchte, um die gesamte Geschichte zu schreiben, beginnend mit der Geschichte um Gretchen und dann weiter mit Helena. Der erste Teil wurde zuerst unter dem Titel "Faust. Eine Tragödie" veröffentlicht.
Alles in allem bin ich sehr froh, dass ich es endlich gelesen habe.
Buchbeschreibung:
"'Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust'
Wer kennt es nicht, das dramatische Schicksal und Handeln des Faust! Es gibt wohl kaum einen Schüler, der ihm nicht einmal in seiner Schulzeit begegnet wäre, für den Bildungsbürger gehört er sowieso zum Kanon. Zurecht! Denn was Johann Wolfgang von Goethe in 60-jähriger Schaffenszeit mit dem Faust zuwege gebracht hat, sucht in der deutschen Dichtung seinesgleichen, lässt sich nur mit dem Begriff der Weltliteratur angemessen fassen und steht auf einer Ebene mit dem 'Don Quijote' oder der 'Göttlichen Kommödie'.
Der Universalgelehrte Faust befindet sich in einer tiefen Krise bei seiner Suche nach dem, 'was die Welt im Innersten zusammenhält'. Eingesperrt in seine Gelehrtenstube drängt es ihn schließlich bis nahe an den Selbstmord. Nur die Osterglocken retten ihn. Beim berühmten Osterspaziergang wird ihm bewusst, dass er sich nach umfassendem Weltwissen gleichermaßen wie nach irdischer Weltlust sehnt. Da er sich aber von allen irdischen Lebenswerten abgeschnitten sieht, verflucht er das Leben. Hier nun wittert der Teufel in Gestalt des Mephisto seine Chance und bietet Faust einen Pakt an: Würde dieser auch nur einen Augenblick das Leben genießen und dabei verweilen wollen, wäre Fausts Seele auf immer verloren.
Faust lässt sich auf den Handel ein und wird von Mephisto nun mit derbsten Sinnesgenüssen überschüttet: Aber sowohl die Studentenrunde in Auerbachs Keller als auch den Spuk in der Hexenküche erträgt Faust nur widerwillig. Erst die Begegnung mit dem nur 14-jährigen Gretchen erweckt in Faust irdisches Verlangen. Nun nimmt das Drama seinen Lauf ...
Bei aller Individualität des Schicksals von Faust, der uns hier in einer Charaktertragödie entgegentritt, verweist das Stück klar über das Einzelschicksal hinaus auf ein allgemeines Menschheitsdrama. Dies macht den Faust zu einem zeitlosen Lese- und Theatererlebnis bis in unsere Zeit."

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