Mittwoch, 31. Juli 2024

Vargas Llosa, Mario "Das Fest des Ziegenbocks"

Vargas Llosa, Mario "Das Fest des Ziegenbocks" (Spanisch: La fiesta del chivo) - The Feast of the Goat - 2000

Wir haben dies im August 2022 in unserem internationalen Online-Lesekreis besprochen.

Das war eines der härtesten Bücher, die ich je gelesen habe. Die Beschreibungen der Folter sind ziemlich lebendig und detailliert. Ich würde es niemandem empfehlen, der ein schwaches Herz hat.

Rafael Trujillo war von 1930 bis zu seiner Ermordung 1961 der Diktator der Dominikanischen Republik. Natürlich hatte ich von der Diktatur gehört und kürzlich in "Die Zeit der Schmetterlinge" (In the Time of the Butterflies) von Julia Alvarez gelesen, also hätte ich genug vorgewarnt sein sollen. Aber das war ich nicht. Die Art und Weise, wie dieser Diktator fast das Leben aller ruinierte und was Menschen anderen Menschen antun können, ist einfach unglaublich.

Die Geschichte wird von Trujillo selbst erzählt, von Urania Cabral, der Tochter eines seiner Anhänger, und von seinen Mördern, die sich abwechseln und die Geschichte noch spannender machen, als sie ohnehin schon ist. Wir sehen die verschiedenen Sichtweisen - nicht, dass wir den Diktator dadurch besser verstehen würden, das würde ich auch gar nicht wollen. Angeblich liebte er sein Land und seine Menschen, aber wie kann man jemanden so behandeln, wenn man ihn liebt?

Es ist unglaublich, wie der Autor es geschafft hat, diese bemerkenswerte Geschichte zu Papier zu bringen, dafür muss man wohl ein Nobelpreisträger sein.

Kommentar eines unserer Lesekreismitglieder.

"Dieses Buch bietet wunderbare Einblicke in Rafael Trujillo, den ehemaligen Diktator der Dominikanischen Republik. Der Leser kann seine Stärke, seine Disziplin, seinen Idealismus und die Verderbtheit all dessen in eine abscheuliche, zerstörerische Kraft sehen, die ihn selbst, seine Kollaborateure und die Unschuldigen gleichermaßen erniedrigt. Der Schreibstil und die Erzählweise sind fesselnd. Dies ist das beste Buch, das ich seit langem gelesen habe."

Sie hat recht. Leider trifft ihre Beschreibung auf viele Diktatoren zu.

Ein weiterer Kommentar:

"Das Lesen des Buches begann für mich ziemlich langsam, wegen der verschiedenen Zeit- und Perspektivenwechsel, aber nach etwa der Hälfte des Buches konnte ich es nicht mehr weglegen, bis ich es beendet hatte. Es war wirklich erschreckend und enthüllte Geschichte und Orte, von denen ich keine Ahnung hatte. Und ich verstehe überhaupt nicht, wie Menschen so böse, grausam und manipulativ sein können. Ich kann dieses Buch auch absolut empfehlen!"

Ich stimme voll und ganz zu. Es ist unglaublich, was Menschen einander antun können.

"Eines der wertvollsten Dinge an diesem großartigen Stück Literatur ist, dass es uns einen nahen, lebendigen und persönlichen Blick auf die Täter grober Ungerechtigkeit bietet, teilweise faktisch und teilweise erfunden, sodass wir anfangen können zu verstehen, wie Menschen so böse, grausam und manipulativ sein können. Es hat bei mir funktioniert."

Buchbeschreibung:

"Als Urania Cabral nach langen New Yorker Exiljahren nach Santo Domingo zurückkehrt, auf die Insel, die sie nie wieder betreten wollte, findet sie ihren Vater stumm und im Rollstuhl vor. Der einstige Senatspräsident und Günstling des Diktators blickt sie auf ihre schweren Vorwürfe nur starr an, und Urania bleibt allein mit ihren Erinnerungen an die Zeit der Willkür und an ein ungeheuerliches Geschehen.

Mit ihr kehren wir zurück ins Jahr 1961, als die dominikanische Hauptstadt noch Ciudad Trujillo heißt. Dort herrscht ein Mann, der nie schwitzt, mit absoluter Macht über drei Millionen Untertanen, nackte Gewalt ausübend, wo sie ihm nutzt, Charme und intellektuelle Überlegenheit ausspielend, wo er die Gebildeten und die Oberschicht ins Kalkül zieht. Uranias Vater ist da nur eine Schachfigur im perfiden Spiel des Diktators.

Während der 'Große Wohltäter', der fast das ganze Land in seinen persönlichen Besitz gebracht hat, Militär, Kirche, amerikanische Botschaft im Schach zu halten vermeint, sind seine Attentäter längst unterwegs ohne ihrerseits zu ahnen, daß in ihrem Rücken ein machiavellistischer Machtwechsel im Gange ist.

Im eisigen Zentrum von Vargas Llosas Roman steht die nur allzu reale Gestalt des General Leónidas Trujillo, genannt 'Der Ziegenbock'. Doch der Blick des Schriftstellers dringt unter die historische Haut, macht uns zu Zeitgenossen, zu Mitwissern. Den Verschwörern mit ihrer brennenden Begierde, ihren Demütiger zu beseitigen, den intelligenten Politschranzen und den Opfern gibt der Erzähler seine eindringliche Stimme. Und er schürzt den dramatischen Knoten so gekonnt, daß diese Psychographie der Macht und ihrer Verheerungen wie ein Thriller zu lesen ist."

Mario Vargas Llosa erhielt den Nobelpreis für Literatur 2010 "für seine Kartographie der Machtstrukturen und scharfkantigen Bilder individuellen Widerstands, des Aufruhrs und der Niederlage".

Mario Vargas Llosa hat 1996 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten.

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

4 Kommentare:

  1. Ich habe vor vielen Jahren mal den Film "Romero" gesehen. Das ist eine ähnliche Thematik. Kennst Du den Film?

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    1. Absolut nicht. Ich habe noch nicht einmal davon gehört. Und auch eine Nachforschung auf Google hat mir kein Ergebnis gebracht.

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    2. Ja, der ist bestimmt auch interessant.

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