Donnerstag, 4. Juli 2024

Kapitelman, Dmitrij "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters"

Kapitelman, Dmitrij "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters" [The smile of my invisible father] - 2016

Dieses Buch wirft viele Fragen zu dem Thema Heimat auf. Ist es der Ort, wo man geboren wurde? Wo man seine Kindheit verbracht hat? Wo man mit seinen Kindern gelebt hat? Das Land, dessen Pass man besitzt? Ich kann diese Fragen genausowenig beantworten wie der Autor oder sein Vater. Ich glaube, niemand kann das, wenn er nicht immer im gleichen Land, am gleichen Ort gelebt hat. Sind meine Kinder Deutsche, obwohl einer nur ein halbes Jahr zwischen seinen Studien dort gelebt hat? Sind sie Engländer, wo einer geboren und beide eingeschult wurden? Sind sie Niederländer, wo sie fast ihre ganze Jugend verbracht haben, aber nur als Nazis gesehen wurden?

So ähnlich geht es den Kapitelmans. Sie sind Juden, gehören aber weder in die Ukraine, wo die Familie lange gelebt hat, noch nach Deutschland, wohin sie in den 90er Jahren geflüchtet sind. Vielleicht ist ja Israel die Lösung. Eine Fahrt dorthin soll auf jeden Fall ein wenig Klarheit in die Identitätskrise bringen.

Wenn mich auch das Thema sehr interessiert hat, so konnte der Autor mich leider nicht fesseln. Ich fand die ganze Geschichte recht flach. Seine Suche nach einer Identität glich eher einer Urlaubsreise, auch wenn er zwischendrin meinte, er könnte vielleicht in Israel sesshaft werden.

Ich war vor vielen Jahren in Israel und fand das Land einfach faszinierend. Auch ich hätte mir vorstellen können, dort zu bleiben. Wäre ich Jüdin, hätte ich es vielleicht getan. Das Land hat viele Probleme, und vieles ist nicht gut gelaufen, aber für die Juden ist es der einzige Ort, der dem Wort Heimat nahekommt.

Wir haben diesen Roman im Juli 2024 in unserem deutschen Lesekreis besprochen. Die anderen Teilnehmer waren alle hellauf begeistert davon.

Hier noch ein Satz, der uns allen zu denken geben sollte: "Der Frieden ist immer nur eine Generation entfernt."

Buchbeschreibung:

"Leonid Kapitelman hat sich noch nie irgendwo zu Hause gefühlt. Wohin gehört er eigentlich? Sein Sohn macht sich mit ihm auf die Reise in eine unbekannte Heimat: Israel

Bevor Dmitrij Kapitelman und sein Vater nach Israel aufbrechen, beschränkten sich ihre Ausflüge auf das örtliche Kaufland - damals in den Neunzigern, als sie in einem sächsischen Asylbewerberheim wohnten und man die Nazis noch an den Glatzen erkannte. Heute verkauft der Vater Pelmeni und Krimsekt und ist in Deutschland so wenig heimisch wie zuvor in der Ukraine. Vielleicht, denkt sein Sohn, findet er ja im Heiligen Land Klarheit über seine jüdische Identität. Und er selbst - Kontingentflüchtling, halber Jude, ukrainischer Pass - gleich mit. 'Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters' ist ein sehnsuchtsvoll-komischer Spaziergang auf einem Minenfeld der Paradoxien. Und die anrührende Liebeserklärung eines Sohnes an seinen Vater."

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