Dienstag, 5. Juli 2022

Weizsäcker, Richard von "Drei Mal Stunde Null?"

Weizsäcker, Richard von "Drei Mal Stunde Null? 1949-1969-1989" [Three Times Hour Zero] - 2001
(Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland 1984-1994)

Richard von Weizsäcker war nicht zu Unrecht lange mein liebster Bundespräsident (dann kam Joachim Gauck dazu).

Es ist schon erstaunlich, was Richard von Weizsäcker 2001 geschrieben hat, seine Befürchtungen haben sich leider alle bewahrheitet.

Die Frage, die auf dem Klappentext gestellt wird, ist ganz einfach zu beantworten. Für wen schreibt von Weizsäcker? Ich denke, für uns alle, egal ob wir eines dieser geschichtlichen Begebenheiten miterlebt haben oder nicht. Er schreibt genauso (oder schrieb) genauso für meine Eltern, die in der Kriegszeit aufgewachsen sind und leider mittlerweile nicht mehr unter uns weilen, als auch für meine Kinder, die nach dem Mauerfall geboren wurden. Geschichte ist für uns alle da und man kann es nicht oft genug sagen:

Wenn wir die Geschichte verschweigen, laufen wir Gefahr, sie zu wiederholen.

Danke, Herr von Weizsäcker, für diese sehr gute Beschreibung unserer Vergangenheit, die uns hoffentlich in der Zukunft helfen wird. Leider habe ich da meine Bedenken.

Buchbeschreibung:

"Für wen schreibt von Weizsäcker? Für alle, die ein Stück 20. Jahrhundert erlebt haben: Die 30-Jährigen, die bei der Wende gerade erwachsen wurden, die 50-Jährigen, die sich an 1969 ebenso wie an 1989 erinnern und für die Älteren, die 1949 mit dem Wiederaufbau begannen (und die deutsche Teilung akzeptieren mussten).

Ein Politiker erzählt Geschichte? Bedenklich. Ein Staatsmann spricht über historische Erfahrungen? Gute Tradition, vor allem in England und Frankreich (Churchill, de Gaulle). Richard von Weizsäcker vermag an solche Vorbilder anzuknüpfen, fast immer mühelos, oft elegant.

Spannendes Thema: Natürlich gibt es nie wirklich eine Stunde Null. Und natürlich gab es viele Stunden Null, wo etwas Neues begann, etwas Altes - oft abrupt - aufhörte. Aufschlussreich, jemandem zuzuhören, der an zweien dieser Wendepunkte als Angehöriger der politischen Klasse beteiligt war.

Der Blickwinkel des politisch Beteiligten aber hat auch zur Folge, dass eben nur das Politische in den Blick gerät - und manchmal ist das zu wenig. Der Umbruch von 1969 lässt sich nicht allein aus dem Reformstau in Ost- und Bildungspolitik und den Studentenunruhen verstehen. Überspitzt gesagt: Ohne Antibabypille und Popkultur (Beatles!) hätte es keinen gesellschaftlichen Wandel gegeben, ohne diesen keinen politischen.

Viel Sorgfalt verwendet der Autor darauf, die Verwerfungen der Wiedervereinigung nach 1989 zu analysieren. Der Ex-Bundespräsident ist eine der - allzu wenigen - Integrationsfiguren der deutschen Politik; Roman Herzog und Johannes Rau waren in dieser Hinsicht keine glücklichen Nachfolger. Weizsäcker liest den Westdeutschen das Sündenregister der frühen 90er-Jahre vor und schont die eigene Partei dabei nicht; an der Leistung der Wiedervereinigung lässt er dennoch keinen Zweifel.
Fazit: Gedankenreiches, gut zu lesendes Resümee der D-Mark-Zeit, genau das Richtige zum Abschied am Beginn der Euro-Epoche. Michael Winteroll
"

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