Freitag, 31. Januar 2025

Hopmann, Sophie/Heidelore Mais "Gurkensandwich im Handschuhfach"

Hopmann, Sophie/Heidelore Mais "Gurkensandwich im Handschuhfach" [Cucumber Sandwich in the Glove Compartment] - 2019

Ich habe ja sechs Jahre in England gelebt, und mich zieht deshalb immer alles an, was nach England aussieht. Hier ging es also um das Gurkensandwich, das ich auch sehr liebe. Außerdem, eine Landkarte auf dem Titel wirkt bei mir auch immer.

Leider hielt das Buch nicht, was es verspricht, zumindest für mich nicht. Zugegeben, ein paar Eigenheiten der Briten (und nicht nur der Engländer, wie im Titel beschrieben, denn sie fährt auch nach Schottland) werden schon bekanntgegeben, aber lustig konnte ich es nicht wirklich finden. Die ganze Geschichte war mir zu flach. Eine etwas schrullige Deutsche fährt nach England, stapft von einem Fettnäpfchen ins nächste, ist sehr ungeschickt und unfallträchtig, das alles hat mit einer normalen Fahrt nach England nichts zu tun. Mag sein, dass das Büchlein für Leute, die kaum Englisch sprechen und auch die Insel nicht kennen, ein wenig zu bieten hat. Allerdings packen die Autorinnnen auch noch eine Liebesgeschichte mit rein, Teenager und ihre Probleme, alleinstehende Frauen, alles was so ein Groschenroman braucht. Ich brauche es nicht.

Buchbeschreibung:

"Ab in den Urlaub und rein ins Lesevergnügen. Endlich hat man wieder Zeit ein Buch zu lesen! Egal, ob am Pool entspannend oder noch mit Vorfreude zu Hause auf der Couch liegend, mit diesen Reiselektüren stimmen Sie sich perfekt auf Ihr nächstes Reiseziel England ein. Perfekte Einstimmung auf den Urlaub Deutsche Kurzgeschichte zu England Stimmungsvolle Erzählungen zu Land und Leute Inklusive fremdsprachiger Ausdrücke, um seinen Urlaubswortschatz ein wenig aufzufüllen. Sibyl... ist nun eigensinnig oder charalterfest Ist sie liebenswert skurril oder schon absonderlich Auf jeden Fall neigt sie zu unüberlegten Spontanhandlungen. So findet sie sich allein mit ihrem PKW in England wieder und trotzt dem Linksverkehr. Auch die Naturgewalten versucht sie entgegen aller Warnungen zu ignorieren. Nebel im Hochmoor von York Kann doch nicht sein! Sturm auf Lindisfarne Nein, nein das ist nur ein Windchen! Erstaunlicherweise hat sie in Cambridge keine wertvollen chinesische Vasen zerschlagen. Die Geschichte enthält circa 300 englische Wörter und Ausdrücke plus Übersetzungen in Fußnoten. Probieren Sie doch im Urlaub gleich die ein oder andere Wendung aus!"

Donnerstag, 30. Januar 2025

Lawson, Mary "Im letzten Licht des Herbstes"

Lawson, Mary "Im letzten Licht des Herbstes" (Englisch: A Town Called Solace) - 2021

Ich habe mich schon seit der  Ankündigung darauf gefreut, dass dieser Roman als Taschenbuch erscheint. Ich habe alle Bücher von Mary Lawson gelesen und dieses war genauso ausgezeichnet wie alle ihre anderen. Sie wurde mir vor langer Zeit von einer lieben kanadischen Freundin empfohlen, die auch Mary hieß und inzwischen verstorben ist. Wenn ich ihre Bücher lese, erinnere ich mich also immer an meine Freundin (nicht, dass ich eine besondere Erinnerung dafür bräuchte).

Ich fand die Geschichte fesselnd, eines der seltenen Bücher, bei denen ich wirklich versucht war, das Ende vorzeitig zu lesen, weil ich wissen wollte, was passieren wird. Aber ich weiß, wie sehr das den Spaß an einem Buch verdirbt, also gebe ich nie nach.

Drei Menschen erzählen ihre Geschichten. Am Anfang scheinen sie nicht viel gemeinsam zu haben. Die siebenjährige Clara ist Elizabeths Nachbarin und kümmert sich um ihre Katze, während die alte Frau im Krankenhaus liegt. Liam kannte Elizabeth, als er klein war, oder eher umgekehrt, denn er scheint sich nicht mehr an viel aus dieser Zeit zu erinnern.

Das Leben in der Kleinstadt "Solace" ist nicht so malerisch, wie manche Leute das Leben an diesen Orten beschreiben möchten. Und so müssen alle drei mit ihren Problemen fertig werden.

Niemand in Mary Lawsons außergewöhnlich guten Romanen scheint ohne Probleme zu sein, und das macht ihre Geschichten so glaubwürdig. Man lernt die Charaktere so gut kennen, weil sie sie auf einzigartige Weise porträtiert. Man kann Clara, Elizabeth und Liam nur mögen. Und diejenigen, die ihnen das Leben so schwer machen, ein wenig nicht mögen. Dieses Buch zu lesen ist fast so, als würde man selbst dort leben.

Durch ihre Geschichten werden diese Charaktere und ihr Städtchen zum Leben erweckt. Sie schreibt zum Nachdenken anregende Romane. Ich hoffe, sie wird das noch lange tun.

Buchbeschreibung:

"In der idyllischen Kleinstadt Solace ist ein Teenager spurlos verschwunden. Die siebenjährige Clara ist untröstlich. Seit Tagen wartet sie am Fenster auf die Rückkehr ihrer Schwester. Zu allem Unglück liegt auch noch ihre geliebte Nachbarin, die alte Mrs. Orchard, im Krankenhaus. Eines Abends zieht nebenan ein Fremder ein. Liam Kane wurde das Haus von Mrs. Orchard geschenkt, obwohl er kaum Erinnerungen an sie hat. Ist hier, im Norden Ontarios, ein Neuanfang für ihn möglich? Nach und nach erinnert sich Liam an seine eigene, von Verlust geprägte Kindheit. Und auch Mrs. Orchard stellt sich ihrer Vergangenheit. Denn vor dreißig Jahren gab es einen Vorfall, der für zwei Familien tragische Folgen hatte."

Dieses Buch stand auf der Longlist für den Bookerpreis 2021. Es hätte den Preis sicherlich verdient, aber ich glaube, die Booker-Leute wählen ihre Gewinner anders aus als ich.

Mittwoch, 29. Januar 2025

Bryson, Bill "Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge"


Bryson, Bill "Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge" (Englisch: At Home. A Short History of Private Life) - 2010

Einer meiner Lieblingsautoren, Bill Bryson. Er reist um die Welt und bringt alle mit seinen Büchern zum Lachen. Diesmal verlässt er nicht einmal das Haus, sondern beschreibt die Geschichte der Welt (also hauptsächlich Großbritanniens und Amerikas), während er durch die verschiedenen Räume seines Hauses geht. Hochinteressant, hochamüsant. Eine der einfachsten Möglichkeiten, sich viel Wissen anzueignen.

Buchbeschreibung:

"Die Welt verstehen, ohne auch nur einen Fuß vor die Haustür zu setzen.

Was bleibt nach der 'Geschichte von fast allem' (A Short History of Nearly Everything) eigentlich noch zu schreiben? Die Geschichte von fast allem anderen, natürlich. Bill Bryson hat sich daher in seinen vier Wänden umgesehen und sich gefragt: Warum leben wir eigentlich, wie wir leben? Warum stehen ausgerechnet Salz und Pfeffer auf dem Tisch, und weshalb hat unsere Gabel vier Zinken? Aber es bleibt nicht bei Geschichten von Bett, Sofa und Küchenherd. Die Geschichte des Heims ist auch immer eine der großen Entdeckungen und Abenteuer: ohne die Weltausstellung in London gäbe es womöglich kein Wasserklosett und ohne die großen Entdecker weder Kaffee noch Tee oder Kakao zum Frühstück. Bill Bryson zeigt uns unser Heim, wie wir es noch nie gesehen haben. Und wir verstehen ein wenig mehr, warum es so ist, wie es ist."

Ich habe so viele verschiedene Bücher von diesem Typen gelesen, dass ich eine eigene Seite für ihn habe: "Bill Bryson – der lustigste Autor aller Zeiten" (Bill Bryson - Funniest Author Ever)

Bryson, Bill "Eine kurze Geschichte von fast allem"

Bryson, Bill "Eine kurze Geschichte von fast allem" (Englisch: A Short History of Nearly Everything) - 2003

Der Titel ist so passend. Dies ist eine Geschichte von fast allem, so kurz, wie Bill Bryson nur sein kann. Ich bin überrascht, dass er es auf knapp 700 Seiten geschafft hat. Dieses Buch enthält so viele Informationen, ich wünschte, meine Lehrer in Naturwissenschaften wären halb so informativ und prägnant gewesen wie er. Ich habe aus diesem Buch mehr gelernt als in all den Jahren, in denen ich versucht habe, nur ein bisschen über dieses Thema zu lernen.

Bill Bryson versucht, die Frage zu beantworten, die wahrscheinlich so alt ist wie die Menschheit: Woher kommen wir und warum sind wir hier? In diesem Buch ist er eher philosophisch als witzig, obwohl er seinen großartigen Sinn für Humor nicht völlig verbergen kann.

Wäre Bill Bryson nicht ohnehin einer meiner Lieblingsautoren, würde er jetzt definitiv ganz oben mit dabei sein. Dieses Buch sollte jeder lesen, ich finde, es sollte Pflichtlektüre in allen Schulen sein. Ich habe die Wissenschaft noch nie so gut verstanden wie bei der Lektüre dieses großartigen Werks.

Buchbeschreibung:

"Wie groß ist eigentlich das Universum?• Was wiegt unsere Erde?

• Und wie ist das überhaupt möglich – die Erde zu wiegen?

Auf diese und viele andere Fragen hat Bestsellerautor Bill Bryson in der Schule nie Antworten erhalten. Um das für zukünftige Schüler zu ändern, hat er sich selbst auf die Suche nach ihnen gemacht und dabei eine atemberaubende Reise durch Raum und Zeit angetreten. Dabei entstand ein faktenreiches, kluges und höchst vergnügliches Buch über die Wunder der Welt – geschrieben mit all dem Witz und Charme, die Bryson zu einem der beliebtesten Sachbuchautoren unserer Zeit gemacht haben!
"

Bryson, Bill "Picknick mit Bären"

Bryson, Bill "Picknick mit Bären" (Englisch: A Walk in the Woods: Rediscovering America on the Appalachian Trail) - 1998

Da ich eine der größten Bill-Bryson-Fans bin, ist es wohl für jedermann überraschend, dass ich "Picknick mit Bären" noch nie gelesen hatte. Aber es hat tatsächlich eine ganze Weile gedauert. Ich glaube, er hat so viele Bücher über die USA geschrieben, dass dieses irgendwie unter dem riesigen Stapel begraben wurde. Und ich bin selbst nicht der größte Naturfan.

Allerdings gingen mir die guten, lustigen Bücher aus und ich musste mich an dieses wagen. Vor allem, weil eine gute Freundin, die die gleichen Bücher liebt wie ich, es gerade gelesen und wärmstens empfohlen hat.

Ich wurde natürlich nicht enttäuscht. Wie in all seinen anderen Reisebüchern schreibt Bill Bryson einen der lustigsten Berichte über eine Mega-Wanderung. Anfangs hat er vor, den gesamten Appalachian Trail zu gehen, aber dann macht er Pausen. Trotzdem läuft er ungefähr 870 Meilen (1.400 km), was nur etwa einem Drittel des gesamten Trails entspricht. Nun, ich denke, es war trotzdem eine großartige Leistung. Ich weiß, ich hätte nicht einmal ein Drittel davon geschafft, also ein großes Lob, Mr. Bryson.

Die Geschichte selbst ist urkomisch, der Autor schafft es, alles so lustig zu beschreiben, dass man nicht umhin kann, zu lachen.

Warnung: Versucht NICHT, dies in der Öffentlichkeit zu lesen, wenn ihr nicht möchtet, dass alle "diese Person sehen, die einfach nicht aufhören kann zu lachen". Das meine ich ernst.

Ich habe einen Blogbeitrag namens "Bill Bryson – der lustigste Autor aller Zeiten" (Bill Bryson - Funniest Author ever), in dem ich  alle meine Bryson-Rezensionen verlinke.

Buchbeschreibungen:

"Bill Bryson will es seinen gehfaulen amerikanischen Landsleuten zeigen. Gemeinsam mit seinem Freund Katz plant er, den längsten Fußweg der Welt, den 'Appalachian Trail', zu bezwingen. Durch vierzehn Bundesstaaten der USA soll die Reise gehen und den Wanderern die großartigsten Naturschönheiten des Landes bescheren. Doch lauern allerhand Gefahren im Dickicht, und die beiden können sich auf so manche Überraschung gefasst machen..."

Dienstag, 28. Januar 2025

Ruiz Zafón, Carlos "Gaudí in Manhattan"

Ruiz Zafón, Carlos "Gaudí in Manhattan" (Spanish: La Mujer de Vapor) - Gaudí in Manhattan - 2009

Eine Kurzgeschichte über einen jungen Architekturstudenten, der mit seinem viel bewunderten Helden Antonio Gaudí nach New York fahren kann. Eine sehr kurze Geschichte. Aber sie war von einem meiner Lieblingsautoren, also musste ich sie lesen. Und sie war genauso schön wie seine Romane. Ich verstehe nur nicht, warum er kein ganzes Buch daraus gemacht hat.

Ein reicher Mensch bietet Gaudí an, den Rest der Sagrada Familia zu bezahlen, und es stellt sich heraus, dass es eine junge Frau ist … oder war das alles ein Traum? Eine Geschichte des magischen Realismus wie keine andere. Außerdem gab es einige großartige Illustrationen und Bilder im Heft.

Buchbeschreibung:

"'Jahre später, als ich zuschaute, wie sich das Trauergefolge meines Meisters durch den Paseo de Gracia bewegte, erinnerte ich mich an den Tag, an dem ich Gaudí kennengelernt hatte und sich mein Schicksal für immer änderte.'
Ein junger Architekturstudent begleitet den berühmten Architekten nach Amerika, wo Antonio Gaudí den Auftrag, einen Wolkenkratzer zu bauen, erhalten soll. Doch als sie in Manhattan ankommen, nehmen die Dinge einen ganz anderen Verlauf.

Das Phantastische ist, wie Carlos Ruiz Zafón, der Autor des Welterfolgs
Der Schatten des Windes, sagt, 'der Grund- und Schlußstein im großen Palast der Literatur'. Das bestätigt auch diese kleine phantastische Erzählung, die Karl-Georg Hirsch mit unheimlichen Zeichnungen illustriert hat."

Ruiz Zafón, Carlos "Marina"

Ruiz Zafón, Carlos "Marina" (Spanish: Marina) - Marina - 1999

Wie die anderen Bücher von Carlos Ruiz Zafón packt "Marina"einen von der ersten Seite an. Es beginnt mit dem Ende, wie der Autor verrät, aber es ist durchweg spannend. Es ist noch düsterer als alle seine anderen Romane.

Dieses Buch wurde vor "Der Schatten des Windes" (The Shadow of the Wind) geschrieben und wurde erst berühmt, nachdem dieser große Roman so ein großer Erfolg war. Auch hier spielt Barcelona eine wichtige Rolle und man bekommt den Eindruck, dass es voller geheimer und verbotener Straßen und Gassen ist, die jeder gerne erkunden würde.

Óscar und Marina, die Protagonisten dieser Geschichte, stoßen auf eine mysteriöse Figur, die eigentlich schon längst tot sein sollte. Ruiz Zafón bleibt seiner Erzählweise treu und enttäuscht niemanden, der seine späteren Bücher gelesen hat. Es zeigt, dass man auf allen Regalen sein muss, bevor man gelesen wird. Es ist sowohl eine Horror- als auch eine Liebesgeschichte, eigentlich zwei Liebesgeschichten, eine in der Vergangenheit, die andere in der Gegenwart, beide wunderschön und "für immer".

Für alle, die ein kurzes Buch (nur 350 Seiten) mit einer spannenden Geschichte möchten, ist dies auf jeden Fall das Richtige. Es ist fesselnd und einfach brillant. Eines dieser "Bücher, die man einfach nicht zur Seite legen kann". Ich liebe die Romane von Carlos Ruiz Zafón und würde am liebsten so gut Spanisch lernen, dass ich sie im Original lesen kann.

Buchbeschreibung:

"'Wir alle haben im Dachgeschoss der Seele ein Geheimnis unter Verschluss. Das hier ist das meine.' So beginnt Óscar Drai seine Erzählung. Der junge Held des Romans sehnt sich danach, am Leben Barcelonas teilzuhaben, und streift am liebsten durch die verwunschenen Villenviertel der Stadt. Eines Tages trifft er auf ein faszinierendes Mädchen. Sie heißt Marina, und sie wird sein Leben für immer verändern.

Gemeinsam werden die beiden in das düstere Geheimnis um den ehemals reichsten Mann Barcelonas gesogen. Schmerz und Trauer, Wut und Größenwahn reißen sie mit sich, eine höllische Verbindung von vernichtender Kraft. Aber auch Marina umgibt ein Geheimnis. Als Óscar schließlich dahinterkommt, ist es das jähe Ende seiner Jugend.

In '
Marina' beschwört Carlos Ruiz Zafón erstmals sein unnachahmliches Barcelona herauf, eine Stadt voller Magie und Leidenschaft, und erzählt in unvergleichlicher Weise die dramatische Geschichte eines jungen Mannes, der um sein Glück und seine große Liebe kämpft."

Montag, 27. Januar 2025

Dostojewskij, Fjodor "Die Sanfte"

Dostojewskij, Fjodor "Die Sanfte" (Russisch: Кроткая/Krotkaja) - A Gentle Creature (aka The Gentle Spirit) - 1876

Dostojewskij ist einer meiner liebsten russischen Autoren und diese Kurzgeschichte ist genauso großartig wie einige seiner großen Romane. In dieser Erzählung erklärt er den Beginn und das Ende einer Beziehung und wie alles dazu kam. Unglaublich, wie viel man auf so wenige Seiten packen kann.

Beschreibung:

"'Denken Sie sich einen Mann, der vor der Leiche seiner Frau steht, einer Selbstmörderin, die sich erst vor wenigen Stunden aus dem Fenster gestürzt hat.' Fantastisch und realistisch zugleich – so bezeichnet Dostojewski im Vorwort seine meisterhafte Erzählung 'Die Sanfte', 1876 erschienen. In einem inneren Monolog lässt er den Witwer sein Leben überdenken: An Leid und Gram und Schuld zerbrochen, ist er ebenso sehr Opfer wie Täter. Ein ergreifendes Stück Weltliteratur über Verletzlichkeit und Rachsucht, über späte Reue und die schmerzliche Plötzlichkeit der Liebe."

Dostoevski, Fjodor "Der Spieler"

Dostojewskij, Fjodor "Der Spieler" (Russisch: Igrok - Игрок) - The Gambler - 1866

Offensichtlich schrieb Dostojewski dieses Buch gleichzeitig mit "Schuld und Sühne" (Crime and Punishment), da er unter Spielsucht litt.

Nachdem ich mit meinem Lesekreis "Der Jüngling" (The Adolescent) gelesen hatte, musste ich unbedingt noch ein weiteres Buch von Dostojewskij lesen. Das wird nicht mein letztes gewesen sein. Ich mochte seine Geschichte, die Charaktere, die Beschreibung der Charaktere, alles. Eine lebendige Geschichte, aber auch viele Grübeleien. Ich mag den Stil der russischen Autoren. Wer diese auch mag und Dostoewski noch nicht gelesen hat, sollte ihm unbedingt eine Chance geben.

Buchbeschreibung:

"Die Liebe, das Geld und die Macht sind die zentralen Motive, die Dostojewskis 'Spieler' bestimmen. Der Roman trägt autobiografische Züge: Auch Dostojewski erlag in Deutschland er Spielsucht und litt an seiner leidenschaftlichen Liebe zu einer jungen Studentin, die als 'Polina' im Buch wieder auftaucht. Die Hauptfigur ist zwischen Eros und Machtgier zerrissen. Am Ende siegt tragischerweise das Spiel als Provokation des Schicksals."

Samstag, 25. Januar 2025

Morrison, Toni "Liebe"

Morrison, Toni "Liebe" (Englisch: Love) - 2003

Anders als ihre üblichen Romane, aber genauso spannend und interessant. Toni Morrison schafft es, so viele verschiedene Frauen zu beschreiben, die alle in denselben Typen, Bill Cosey, verliebt sind. Viele verschiedene Charaktere, viele verschiedene Themen: Liebe, Rivalität, Wohltätigkeit, Kämpfe. Jede Frau liebt ihn auf ihre eigene Art, hat ihren eigenen besonderen Grund für ihre Liebe, er ist bei jeder Frau wieder anders, eine Geschichte über all die verschiedenen Gesichter der Liebe.

Ich mag die Autorin und ihre Bücher wirklich sehr.

Buchbeschreibung:
 
"Fünf Frauen zwischen Leidenschaft, Macht und Emanzipation: In einem vielfältigen, fast ein Jahrhundert umspannenden Geflecht erzählt 'Liebevon fünf Frauen, die vom gleichen Mann besessen waren – oder es noch sind: Pfarrerstochter May, Tochter Christine, die junge Heed, Junior und schließlich L., die die Fäden zieht.

Handelt '
Liebe' von Liebe? Nun, von vielen Formen der Liebe und von dem, was daraus werden kann."

Toni Morrison erhielt den Nobelpreis für Literatur 1993 "für ihre literarische Darstellung einer wichtigen Seite der US-amerikanischen Gesellschaft durch visionäre Kraft und poetische Prägnanz".

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels, und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Morrison, Toni "Heimkehr"

Morrison, Toni "Heimkehr" (Englisch: Home) - 2012

Toni Morrison ist eine meiner Lieblingsautorinnen. Ich liebe ihren Schreibstil so sehr. Sie schafft es, alles so zu beschreiben, dass man das Gefühl hat, dabei gewesen zu sein, dass man Charaktere in ihrem Buch persönlich kennt.

Wie Frank Money, der Protagonist in diesem Roman. Er hat den Koreakrieg überlebt, nun ja, körperlich. Nach einer mehr als schwierigen Kindheit haben er und seine Schwester auch als Erwachsene kein leichtes Leben, man findet in diesem Roman fast jede Form von Missbrauch und Problemen.

Dies ist ein Roman, über den ich noch lange nachdenken werde.

Buchbeschreibung:

"Drei Jungs aus dem rassistischen Höllenloch Lotus, Georgia, haben sich freiwillig nach Korea gemeldet. Zwei kehren nicht zurück, der dritte, Frank 'Smart' Money, führt nach dem Krieg zunächst ein haltloses Vagabundendasein und erlebt dabei den ungebrochen fortgesetzten Rassismus des weißen Amerika der fünfziger Jahre, aber auch die Selbsthilfeorganisationen der Schwarzen und deren Solidarität.

Kaum hat sich Frank unter prekären wirtschaftlichen und psychischen Umständen zu einem neuen Leben niedergelassen, da erreicht ihn die Nachricht, dass seine jüngere Schwester in Gefahr sei. Die Sorge um sie führt ihn zurück nach Lotus, zum Elternhaus und zu einem Geheimnis aus ihrer Kindheit, dem er bis zu seiner bitteren Enthüllung nachgeht."

Toni Morrison erhielt den Nobelpreis für Literatur 1993 "für ihre literarische Darstellung einer wichtigen Seite der US-amerikanischen Gesellschaft durch visionäre Kraft und poetische Prägnanz".

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels, und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Freitag, 24. Januar 2025

Rasputin, Walentin "Abschied von Matjora"

Rasputin, Walentin (Распутин, Валентин Григорьевич) "Abschied von Matjora" (Russian: Прощание с Матёрой/Proschanie s Materoj) - Farewell to Matyora - 1976

Ein wunderbarer Bericht darüber, was Entwicklung und Fortschritt mit Menschen machen können. Matjora ist ein Dorf in Sibirien, ein Dorf, wie es Millionen davon auf der Welt gibt. Die Menschen haben ihr ganzes Leben dort verbracht und jeder kennt jeden, das Leben geht weiter wie vor Hunderten von Jahren, hier und da finden wir neue Ergänzungen, die das Leben einfacher machen, Maschinen werden eingeführt, aber für die einfachen Leute geht das Leben weiter wie immer. Menschen heiraten, bekommen Kinder und sterben.

Das ist es, was die meisten Menschen in Matjora sehen, das ist ihr Leben. Oder, in diesem Fall, war es das. Die Regierung beschließt, einen Staudamm zu bauen und das ganze Gebiet zu überfluten. Die Bewohner des Dorfes sollen an andere Orte in der Nähe umgesiedelt werden. Während die jüngere Generation die Gelegenheit begrüßt, ihrem Schicksal zu entkommen, kämpfen die älteren Mitglieder, ihre ganze Welt bricht zusammen. Beide Parteien stellen dar, was wir alle wissen: Wir müssen Opfer für den Fortschritt bringen, aber wie viel ist zu viel?

Buchbeschreibung:

"Ratlos steht die 80jährige Bäuerin Darja vor Ende ihres heimatlichen Inseldorfes Matjora, das durch das Anstauen der Angara für das Bratsker Kraftwerk in den Fluten verschwinden wird. 'Vor hundert Jahren', klagt sie, 'haben die Menschen in Ruhe und Frieden gelebt ... Eure Knochen, die schont ihr fein. Bloß daß ihr euer Seele verplempert habt ... Wenn einer große Dinge tut, dann freilich ist sein Gewissen aus Eisen gegossen ...' Ihr Enkel versucht ihr die Bedeutung der Maschine für das Leben des Menschen, für seine Selbstverwirklichung zu erklären. Doch die Alte läßt sich nicht beirren. Die Maschine, meint sie, werden die Erde zuschande machen: Ihr seid nicht die Herren der Maschine, sondern werdet von ihr beherrscht. Ihr müßt immer schneller rennen, um sie einzuholen, und für den Menschen in euch habt ihr keine Zeit mehr. Ihr habt ihn unterwegs verloren. Rasputin entwickelt aus diesem historisch rückwärts gerichteten Blick seiner Heldin zukunftswichtige Fragen, die beim weiteren kommunistischen Aufbau zu bewältigen sind. Die Realisierung der alten Formel: Sowjetmacht+Elektrifizierung=Kommunismus erfordert ein gleichzeitiges Bewahren jener menschlichen Werte und humanistischen Zielstellungen, die das Bauernvolk in Jahrhunderten erprobt und ausgeprägt hat. 'Abschied von Matjora' gehört zu den meistdiskutierten Werken in der UdSSR."

Ich habe auch "In den Wäldern die Zuflucht" (To Live and Remember) von diesem großartigen Autor gelesen.

Donnerstag, 23. Januar 2025

Harris, Joanne "Die blaue Muschel"

Harris, Joanne "Die blaue Muschel" (Englisch: Coastliners) - 2002

Wenn man eines der anderen Bücher von Joanne Harris gelesen hat, erwartet man eigentlich Rezepte. Nun, hier gibt es keine. Obwohl es immer noch ihr Stil ist, beschreibt sie ein französisches Dorf, eine Frau, die dorthin zurückkehrt, nachdem sie zehn Jahre in Paris gelebt hat und mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Also nichts Neues. Aber die Geschichte ist sehr interessant, man kann es kaum erwarten, herauszufinden, was passiert ist, wie alles ausgehen wird.

Schöne Lektüre.

Buchbeschreibung:

"Auf Le Devin, einer kleinen Insel in der Bretagne, hat sich das Leben seit Jahrhunderten nicht verändert - so kommt es der jungen Mado vor, als sie in das Fischerörtchen Les Salants zurückkehrt, in dem sie aufgewachsen ist. Doch auf der Insel steht nicht alles zum Besten: Die Flut steigt immer höher und droht, den Ort zu überschwemmen, die Dorfbewohner sind resigniert und glauben nicht mehr an eine Zukunft. Schlimmer für Mado sind jedoch das Schweigen und die Feindseligkeit, die ihr Vater ihr entgegenbringt. Auch er scheint angesteckt zu sein von der Krankheit, die das ganze Dorf heimsucht: der Hoffnungslosigkeit. Aber Mado ist nicht bereit aufzugeben. Mit ihrem heimlichen Verbündeten, dem Schotten Flynn, setzt sie ein kleines Wunder in Gang: Das Meer und die Gezeiten selbst sind es, die dem Ort zu neuem Aufschwung verhelfen. Plötzlich ist jedoch das gewohnte Gleichgewicht zerstört, gute Freunde werden zu Feinden und alte Geheimnisse bedrohen den Frieden. Als Mado sich dann auch noch fragen muss, ob Flynn, ihr einziger Freund, die Seiten gewechselt hat, scheint ihr Traum von einer Zukunft auf der Insel zerstört. Doch wie das Inselmotto verheißt: 'Das Meer bringt alles wieder' - auch das Glück."

Harris, Joanne "Schokolade: Eine himmlische Verführung"

Harris, Joanne "Schokolade: Eine himmlische Verführung" (Englisch: Chocolat) - 1999

Ich habe dieses Buch vor einiger Zeit gelesen, als alle davon schwärmten. Tatsächlich war es eine meiner früheren Lesekreis-Lektüren. Es gefiel mir ganz gut, aber ich konnte mir einfach nicht erklären, warum alle es so sehr lobten. Die Geschichte selbst war nicht absolut neu oder interessant, der Schreibstil war in Ordnung, aber nichts Alltägliches. Wie gesagt, es war in Ordnung, aber das war es auch schon.

Dann sah ich zufällig den Film. Ich weiß nicht mehr, warum, denn normalerweise würde ich mir nicht unbedingt einen Film ansehen, wenn mir das Buch nicht gefallen hat. Aber ich sah ihn und fand ihn toll. Wahrscheinlich lag es an den Schauspielern, sie waren alle großartig. Dies ist die einzige Geschichte, die mir einfällt, bei der mir der Film besser gefiel als das Buch.

Buchbeschreibung:

"Es ist Fastnacht, als Vianne Rocher mit ihrer kleinen Tochter Anouk in das französische Städtchen Lansquenet-sous-Tannes kommt und die leerstehenden Räume einer Bäckerei am Kirchplatz in einen bezaubernden Laden für Schokoladen und Pralines aller Art verwandelt. Pater Reynaud, dem ortsansässigen Pfarrer, ist diese Art 'himmlischer Verführung' jedoch ein Dorn im Auge: Schokolade, und dazu noch in der Fastenzeit! Er erklärt Vianne Rocher den Krieg - und untersagt den Mitgliedern seiner Gemeinde jeden Umgang mit ihr. Doch Vianne hat ein besonderes Gespür für ihre Kunden: Für jeden weiß sie das Praliné oder die Schokoladensorte, die am besten seiner Persönlichkeit entspricht. Und so entwickelt sich ihr kleiner Laden schon rasch zum geheimen Mittelpunkt des Ortes, zu dem jeder seine Sorgen, Hoffnungen und Träume trägt. In diesem Konflikt setzt Pater Reynaud alles auf eine Karte."

Wir haben dies 2000/2001 in unserem niederländischen International Women's Lesekreis gelesen.

Mittwoch, 22. Januar 2025

Noble, Elizabeth "Die Farbe des Flieders"

Noble, Elizabeth "Die Farbe des Flieders" (Englisch: The Reading Group) - 2004

Ich fand das Buch ganz okay. Es ist zwar kein Shakespeare, aber es ist eine nette Beschreibung einiger Frauen, die sich in ihrem Lesekreis näher kommen, so wie man es vielleicht auch erlebt, wenn man selbst in einem ist.

Buchbeschreibung:

"Zusammen ist man weniger allein: Als fünf Frauen gemeinsam einen Buchclub gründen, ahnen sie noch nicht, dass die wöchentlichen Treffen für sie schon bald zum sicheren Fels in der Brandung werden sollen: Denn jede von ihnen hat ihr eigenes Päckchen zu tragen: Nicole und Harriet versuchen, das Glück in ihre Ehen zurückzuholen, Susan droht, an den Eigenheiten ihrer Familie zu verzweifeln, und während Claire tieftraurig ist, dass sich ihr Kinderwunsch immer noch nicht erfüllen will, hat sich in Pollys Haus der Storch viel zu früh eingeschlichen. Doch obwohl die Leben der fünf Freundinnen so durcheinandergewirbelt werden, knüpfen sie nach und nach ein Band, das ihnen die Kraft verleiht, selbst die dunkelsten Stürme zu überstehen."

Wir haben dies in unserem internationalen Lesekreis im September 2005 besprochen.

Dienstag, 21. Januar 2025

Lovenberg, Felicitas von "Lob der guten Buchhandlung"

Lovenberg, Felicitas von "Lob der guten Buchhandlung" [Praise for the Good Bookshop] - 2020

Bücher über Bücher sind ja immer nett. Dies war ein Geschenk. Hätte ich es mir selbst gekauft? Vielleicht nicht, vor allem, da viele Übersetzungen in diesem Büchlein sind. Das ist ja eher nicht mein Ding.

Aber die Geschichten waren schön. Vor allem, weil sie die Buchhandlung mit dem Online-Verkauf vergleicht. Suche ich ein bestimmtes Buch und bestelle es online, dann war es das. Es kommt natürlich vor, dass der Versandhandel das ein oder andere "ähnliche Buch vorschlägt, aber da "stöbere" ich selten. Im Laden dagegen, da schmökert man sich so durch die Regale und findet das ein oder andere Buch, nachdem man gar nichtt gesucht hat, das dann aber zum Lieblingsbuch wird. Das kann der Versandhandel nicht. Also, immer schön die lokalen Buchhandlungen unterstützen. In Deutschland sind die Bücher da genauso teuer wir bei einem nach dem größten südamerikanischen Fluss benannten Online-Laden.

Mark Forsyth erzählt uns vom Unbekannten Unbekannten. Eine interessante Geschichte. Aber, und jetzt kommt mein Problem mit Übersetzungen, entweder habe ich den Satz nicht richtig verstanden, weil er komisch übersetzt wurde, oder er wurde falsch übersetzt, oder er wurde richtig übersetzt und der Autor sagt, er hat viel mit Donald Rumsfeld gemeinsam, nämlich, dass er unnötige Kriege angezettelt hat, über dem Völkerrecht steht und sich mehr für Origami als für Menschenleben interessiert. Das kann ja wohl nicht sein?! Sollte jemand zufällig das Original einsehen können, bitte ich um Aufklärung.

Das Büchlein enthält ansonsten noch Geschicht(ch)en von:

Alain de Botton
Marion Brasch
Laetitia Colombani
Jennifer Egan
Orkun Ertener
Hélène Gestern
Valentin Groebner
Yann Martel
Jörg Maurer
Thorsten Nagelschmidt
Lori Nelson Spielman
Peter Prange
Daniel Speck
Lize Spit
Ilija Trojanow
Klaus-Peter Wolf

Ein ganz wichtiges Zitat von Ilja Trojanow (dessen Bücher ich allen ans Herz legen möchte):
"Solange der Mensch noch selbst denkt, wird er Buchhandlungen brauchen."

Buchbeschreibung:

"Was gibt es Schöneres, als unverhofft auf die große Liebe zu stoßen? Oder auf ungeahnte Lesefreuden?

Über das große Glück, das zu finden, wonach man nicht gesucht hat, schreibt Mark Forsyth in seinem charmanten und witzigen Essay, der zugleich eine Liebeserklärung an die gute Buchhandlung ist. Denn nur dort kann man zufällig genau das Buch entdecken, von dem man noch gar nicht wusste, wie sehr man es lieben wird.Felicitas von Lovenberg hat bekannte Autorinnen und Autoren gefragt, welche Momente sie mit Buchhandlungen verbinden und diese Geschichte vom Glück, das in Büchern steckt, hier versammelt."

Montag, 20. Januar 2025

Joyce, James "Porträt des Künstlers als junger Mann"

Joyce, James "Porträt des Künstlers als junger Mann" (Englisch: A Portrait of the Artist as a Young Man) - 1916

Die Geschichte eines jungen Mannes, der versucht, sich selbst zu finden, eine Geschichte über James Joyce selbst, seine Figur Stephen Dedalus ist teilweise autobiografisch. Stephen stammt aus einer armen irischen Familie und besucht ein religiöses Internat, das er aus finanziellen Gründen verlassen muss. Dann wechselt er in eine andere religiöse Schule, wo man ihn davon zu überzeugen versucht, Priester zu werden. Diese Frage ist dem Autor sehr wichtig und er versucht, sich selbst als Priester vorzustellen. Aber er entscheidet, dass das Leben, wie es ist, für ihn viel interessanter ist und dass er es in Freiheit leben möchte. Zwischen all dem geht er von allen möglichen religiösen und sozialen Fragen zum Sinn des Lebens und seinen ersten Versuchen, Schriftsteller zu werden.

Das Buch selbst ist sehr philosophisch und man könnte ein ganz neues Buch über Stephen Dedalus schreiben ... nun, James Joyce hat es getan. "Ulysses" (Ulysses) war zunächst nur als Kurzgeschichte für die Sammlung "Dubliner" (Dubliners) gedacht, wurde dann aber als Fortsetzung von "Ein Porträt des Künstlers als junger Mann" geschrieben.

Buchbeschreibung:

"James Joyce' erster Roman ist deutlich zugänglicher als seine späteren Werke 'Ulysses' (1922) und 'Finnegans Wake' (1939), verrät aber bereits die Meisterschaft seines avantgardistischen Erzählstils.

In diesem Bildungsroman wird alles aus der Perspektive des Protagonisten geschildert; der Text bietet so dem Leser einen subjektiven Blick auf die Welt."

Joyce, James "Ulysses"

Joyce, James "Ulysses" (Englisch: Ulysses)  - 1922 

Ich mochte den Schreibstil, aber die Geschichte war ziemlich überwältigend, obwohl ich zuerst "Die Odyssee" (The Odyssey) gelesen habe, was jeder empfiehlt und ich auch tun würde. Die vielen Erklärungen waren hilfreich, aber wer Klassiker im Allgemeinen nicht besonders mag, sollte nicht mit diesem anfangen.

Trotzdem, dies ist das schwierigste Buch, das ich je gelesen habe. Es ist schwer, dem Bewusstseinsstrom zu folgen, eigentlich ist es schwer, dem Strom überhaupt zu folgen. Viele Bücher sind einfacher, wenn man sich erst einmal darauf eingelassen hat, dieses hier nicht. Ich hatte das Gefühl, dass es mit jedem Kapitel verwirrender wurde.

Wie in der Odyssee gibt es drei Teile: Die Telemachiade, Die Odyssee und Der Nostos (Heimkehr). In der Telemachiade kann man dem Lehrer Stephen Dedalus noch in seinem Klassenzimmer folgen und verstehen, was er zu lehren versucht. Dann ändert sich die Geschichte plötzlich und man begegnet dem Protagonisten der Geschichte, Leopold Bloom. Wir sollen ihm den ganzen Tag lang folgen. Und das tun wir, aber wir haben nicht immer eine Ahnung, wohin uns das führt. Wir beginnen am Frühstückstisch, besuchen eine Beerdigung, gehen in ein Restaurant und landen mitten in einem Theaterstück.

Das beste Beispiel dafür, warum wir Satzzeichen brauchen, ist der letzte Absatz, in dem Blooms Frau Molly uns ihre Gedanken über ihr Leben im Allgemeinen und ihre Ehe mit Leopold im Besonderen erzählt. Über vierzig Seiten und keine Satzzeichen. Überhaupt nicht. Kein Komma. Kein Punkt. Kein Absatz. Man kann nicht einmal eine Pause machen.

Je länger ich mich jedoch von diesem Roman distanziere, desto mehr Sinn ergibt er und desto stärker wirkt er auf mich. Ich bin froh, dass ich ihn gelesen habe.

Wer immer noch Zweifel hat, sollte an dieses Zitat von William Faulkner denken:
"Man sollte Joyces Ulysses so angehen, wie der ungebildete Baptistenprediger das Alte Testament angeht: mit Glauben."

Buchbeschreibung:

"Vor gut 100 Jahren, am 2. Februar 1922, wurde Literaturgeschichte geschrieben: An diesem Tag, dem 40. Geburtstag von James Joyce, erschien in einer Auflage von 1.000 nummerierten Exemplaren die Erstausgabe des Jahrhundertwerks Ulysses.

Der Roman wurde zwischen 1918 und 1920 bereits in Auszügen in der amerikanischen Zeitschrift 'The Little Review' abgedruckt; 1921 wurde er wegen obszöner Inhalte verboten. 1922 erschien Ulysses schließlich in Buchform in der Pariser Buchhandlung 'Shakespeare and Company', verlegt durch Sylvia Beach. Als blasphemisches und pornografisches Machwerk verdammt, wurde auch die Buchfassung bald in mehreren Ländern zensiert oder verboten. Den epochalen Erfolg des Ulysses hat dies nicht aufhalten können: Längst gilt das Werk als einer der einflussreichsten Romane der Moderne. Ein Buch, das auch nach mehrfachem Lesen weitere Geheimnisse preisgibt."

Samstag, 18. Januar 2025

Tolstoi, Leo "Der Tod des Iwan Iljitsch"

Tolstoi, Lew Nikolajewitsch (Толстой, Лев Николаевич) "Der Tod des Iwan Iljitsch" (Russisch: Смерть Ивана Ильича/Smert' Ivána Ilyichá) - The Death of Ivan Ilyich - 1886

Ich habe dies in Tolstois "Gesammelten Werken" (Collected Works) gelesen. Wieder ein sehr russisches Werk. Eine Beobachtung über den Tod und seine Auswirkungen nicht nur auf die sterbende Person, sondern auch auf die Menschen, die ihm nahe stehen. Es gibt Menschen, die versuchen, das Leben so gut wie möglich zu genießen und es in vollen Zügen zu leben, andere, die aufgeben und nichts haben.

Wer russische Literatur von ihrer besten Seite erleben möchten, aber keine langen Geschichten mag, sollte dieses hier ausprobieren. Es ist ein großartiges Werk dieses brillanten Autors.

Buchbeschreibung:

"Leo Tolstois Meisterwerk vom Sterben und der Vergänglichkeit: Der Jurist Iwan Iljitsch ist ein angesehener Mensch – doch hinter der Fassade verbergen sich Gefühlskälte und blanker Opportunismus. Als eine unheilbare Krankheit seine scheinbar gesicherte Existenz bedroht und er dem Tod ins Auge sehen muss, stellt er sein Leben in Frage.

Mit der Erzählung aus dem Jahr 1886 fand Leo Tolstoi aus einer tiefen Schaffenskrise heraus, die ihn nach der Veröffentlichung von 'Anna Karenina' ereilt hatte. Ein Meisterwerk des psychologischen Realismus."

Tolstoi, Leo "Gesammelte Werke"

Tolstoi, Leo "Gesammelte Werke. Die Erzählungen" [Collected Works. The Stories] Russisch - 1853-1904
Dies eine Liste der Geschichten, die in dieser Sammlung zu finden sind.

Der Morgen eines Gutsbesitzers - 1856
Ein Überfall/Набег - 1853
Der Holzschlag/Рубка леса - 1855
Zwei Husaren/Два гусара - 1856
Der Schneesturm/Метель - 1856
Leinwandmesser/Холстомер - 1875
Wovon die Menschen leben/Чем люди живы - 1881
Die beiden Alten - 1885
Wieviel Boden braucht der Mensch?/Много ли человеку земли нужно - 1886
Die drei Greise/Три Старца - 1886
Der Tod des Iwan Iljitsch/Смерть Ивана Ильича - 1886
Die KreutzersonateКрейцерова соната - 1889
Herr und Knecht/Хозяин и работник - 1895
Hadschi Murat/Хаджи-Мурат - 1904

Ich habe "Krieg und Frieden" (War and Peace) und "Anna Karenina" (Anna Karenina) von Tolstoi gelesen und – wie die meisten anderen russischen Autoren, die ich bisher gelesen habe – diese Bücher sehr genossen. Ich bin nicht der größte Fan von Kurzgeschichten, aber als ich dieses Buch mit Kurzgeschichten auf fast 1.000 Seiten in einem Antiquariat fand, konnte ich nicht widerstehen.

Wer eine dieser Kurzgeschichten liest, kann leicht erkennen, woher der Autor seine Ideen für seine "großen Bücher" nahm, viel über die Leibeigenen, die das Land bearbeiten, den Adel und die Beamten, die Soldaten, die russisch-orthodoxe Kirche, die Muslime im Land. Seine Geschichten sind sowohl politisch – in einer davon beschreibt er beispielsweise den Kampf der Tschetschenen (der bis heute anhält) – philosophisch und soziologisch. Ein Meisterwerk.

Als nächstes würde ich gerne "Kindheit, Knabenalter, Jünglingsjahre" lesen, autobiografische Romane oder vielleicht "Sewastopoler Erzählungen" über den Krimkrieg oder "Die Kosaken", in dem er die Beziehung zwischen den Kosaken und den Russen beschreibt. Wir werden sehen.

Auf jeden Fall ist Tolstoi immer lesenswert.

Buchbeschreibung:

"Das literarische Schaffen von Leo Tolstoi kreist immer wieder um die Frage nach dem rechten Leben. In seinen Geschichten ebenso wie seinen Romanen sind Menschen auf Abwegen unterwegs oder auf dem Pfad der Erkenntnis. Sie reißen das Ruder ihres Schicksals noch einmal herum oder gehen unerbittlich ihrem Unglück entgegen, kunstvoll gelenkt von dem großen und eigensinnigen russischen Literaten. Dieser Band versammelt Tolstois berühmteste Erzählungen, unter ihnen 'Herr und Knecht', 'Hadschi Murat', 'Der Tod des Iwan Iljitsch' und 'Die Kreutzersonate'."

Freitag, 17. Januar 2025

Urquhart, Jane "Übermalungen"

Urquhart, Jane "Übermalungen" (Englisch: The Underpainter) - 1997

Wir hatten "Die Bildhauer" (The Stone Carvers) in unserem Lesekreis gelesen und es hat mir ziemlich gut gefallen. Ich freute mich auf einen weiteren interessanten historischen Roman dieser Autorsin. Leider wurde ich ein wenig enttäuscht.

Die Geschichte beginnt sehr langsam. Lange Zeit hatte ich nicht das Gefühl, dass irgendetwas auf den Seiten mit dem Rest des Buches zusammenhängt. Erst langsam lernen wir den Protagonisten kennen und bekommen eine Ahnung, wovon er faselt.

Ich habe bessere Berichte über Menschen gelesen, die einen Krieg überlebt haben, und ich habe viele davon gelesen. Dieser hier, nun, zunächst einmal wird das Buch aus der Perspektive von jemandem erzählt, der nicht daran teilgenommen hat. Ich auch nicht, also sollte ich mich mit ihm identifizieren, oder?

Aber das tue ich nicht. Selbst als die Geschichte sich entwickelt, wirkt der Maler Austin Fraser, der die Geschichte erzählt, nicht gerade sympathisch, ich habe mich einfach nicht an ihn gewöhnen können und mochte ihn überhaupt nicht. Er ist ein egoistischer Frauenfeind, ein verwöhnter, reicher Bengel, der nie erwachsen wurde und sich um nichts auf der Welt Sorgen machen musste.

Leider war dieser Roman einer der unbefriedigendsten, die ich seit einiger Zeit gelesen habe. Er hinterlässt eine Leere, die nicht gefüllt werden konnte. Selbst der Versuch, das Ganze am Ende zusammenzufassen, hat es nicht zu einem guten Buch gemacht. Vielleicht war dies nicht nur das zweite, sondern auch das letzte Buch, das ich von Jane Urquhart gelesen habe.

Es gab ein Zitat in dem Buch, das mir sehr gefiel, weil es eine großartige Inspiration zum Nachdenken ist. Auf Seite 186:
"Ich habe keinen Streit mit den Deutschen [sic] … wir steckten alle im selben Boot, wir waren eigentlich nur Vandalen, die darauf aus waren, die westliche Kultur zu zerstören. Schließlich kam es mir so vor, als wäre Europa ein riesiges Museum, dessen Schätze von angeheuerten Schlägern zerstört wurden. Wir schrieben keine Geschichte, wir zerstörten sie … beseitigten sie …" (übersetzt von mir)

Ein gutes Argument gegen jeden Krieg, denn dieses Zitat bezieht sich nicht nur auf den Ersten Weltkrieg, sondern auf alle diese sinnlosen Schlachten, in denen junge Menschen für die Macht und das Geld anderer getötet werden.

Buchbeschreibung:

"Der erfolgreiche, aber einsame Maler Austin Frazer blickt auf sein Leben zurück: Fünfzehn Sommer hindurch, von 1920 bis 1935, hat er Sara, die Frau, die er heimlich liebt, besucht und gemalt. Austins einziger Freund George lebt in einem fragilen Gleichgewicht mit seiner Frau Augusta. In seiner gedankenlosen Kälte zerstört Austin diese Balance und treibt beide in den Selbstmord..."

Donnerstag, 16. Januar 2025

Schulz, Charles M. "Advent mit den Peanuts"

Schulz, Charles M. "Advent mit den Peanuts" [Advent with the Peanuts] - 1979/80

So ein süßes Büchlein für alle, die die Peanuts lieben. Alles, was mit Charlie Brown, seinen Freunden und Weihnachten zu tun hat. Jeden Tag eine neue Geschichte, manchmal sogar zwei.

Kann man auch außerhalb der Adventszeit lesen, aber so anstatt eines Adventskalenders (oder zusätzlich zu einem), ist es einfach etwas Besonderes.

Buchbeschreibung:

"Jeden Tag versüßt eine Begnung mit Charlie Brown und seinen Freunden die Wartezeit auf Weihnachten: Sally wird zur Adventskranz-Verkäuferin, Peppermint Patty träumgt vom großen Auftritt im Krippenspiel und Snoopy begibt sich auf eine eisige Expedition.

In 24 Episoden feiern die kultigen Peanuts von Charles M. Schulz die kleinen Freuden des Lebens. Eine wunderbar weise und lustige Lektüre für eine entspannte Vorweihnachtszeit."

Mittwoch, 15. Januar 2025

Ghosh, Amitav "Die Flut des Feuers"

Ghosh, Amitav "Die Flut des Feuers" (Englisch: Flood of Fire) (Ibis Trilogy #3) - 2015

Nachdem ich zwei Jahre vorher "Das mohnrote Meer" (Sea of Poppies) gelesen hatte, war ich froh, dass das zweite Buch "Der rauchblaue Fluss" (River of Smoke) bereits erschienen war und ich einfach weiterlesen konnte. Dann war ich so enttäuscht, dass das dritte Buch noch nicht einmal geschrieben war.

Nun, das Warten hat sich gelohnt. Wahrscheinlich hätte ich zuerst die ersten beiden noch einmal lesen und dann mit dem letzten weitermachen sollen, aber ich konnte einfach nicht warten. Charaktere, Szenen, Ereignisse kamen zwar wieder, aber in einigen Fällen hätte ich mir etwas mehr Wiedereinführung gewünscht. Ich war auch froh zu sehen, was mit einigen der Charaktere aus "Das mohnrote Meer" (Sea of ​​Poppies) passierte, die in "Der rauchblaue Fluss" (River of Smoke) kaum oder gar nicht erwähnt wurden, sodass alles wieder zusammenkam. Ich war nicht froh zu erfahren, dass der Autor den Gedanken aufgegeben hat, die Geschichte nach dem zweiten Buch wie beabsichtigt fortzusetzen. Wie schade. Ich hoffe jedoch, dass er mehr schreiben wird, denn ich liebe seinen Stil, den ich bereits in "Der Glaspalast" (The Glass Palace) bewundert habe.

Es ist einfach eine fantastische Lektüre. Faszinierend, fesselnd. So viel mehr Geschichte aus einem Teil der Welt, über den ich nicht viel weiß. Ich glaube nicht, dass wir im Unterricht sehr ins Detail über den Opiumkrieg gegangen sind, weil ich mich bestimmt nicht daran erinnern konnte, aber heute weiß ich viel darüber.

Wer sich wirklich für die Geschichte dieses Teils der Welt interessiert oder einfach nur eine gute Abenteuergeschichte lesen möchte oder eine fesselnde Geschichte über viele Menschen mag, für den ist diese Trilogie genau das Richtige. Viel Spaß.

Buchbeschreibung: 

"Nachdem China den vornehmlich von den Briten und deren Kolonien betriebenen Handel mit Opium nicht mehr dulden will, erklärt ihm Großbritannien den Krieg.

Die Hind ist eines der Schiffe, die bei dem Angriff zum Einsatz kommen sollen und segelt zu diesem Zweck von Bengalen nach China. An Bord sind unter anderem Kesri Singh, ein Kommandant der britisch-ostindischen Armee, der eine Kompanie Soldaten befehligt; außerdem Zachary Reid, ein verarmter junger Seemann, der auf der Suche ist nach seiner verlorenen Liebe ist, und Shireen Modi, die in China die Hinterlassenschaft ihres verstorbenen Mannes, eines erfolgreichen Opiumhändlers, an sich nehmen will. Sie alle geraten schon bald in die Wirren der Opiumkriege, die in Chinas verheerender Niederlage und in der Annektierung Hong Kongs durch Großbritannien enden werden.

Eine vor Atmosphäre und Detailfreude flirrende, turbulente, spannende und berührende Geschichte vor der Kulisse Bengalens und Hongkongs, mit der Amitav Ghosh sein großes historisches Panorama über die Opium Kriege, die eine frühe Ära der Globalisierung markieren, fulminant vollendet."

Dies ist auch ein Buch über Bücher. Viele davon werden erwähnt, entweder weil die Charaktere sie lesen oder weil sie daraus zitieren.

Defoe, Daniel "Robinson Crusoe" (Robinson Crusoe)
Goldsmith, Oliver "Der Pfarrer von Wakefield" (The Vicar of Wakefield)
Haywood, Eliza "Love in Excess"
Richardson, Samuel "Pamela oder die belohnte Tugend" (Pamela)
Sterne, Laurence "Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman" (The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman)
Voltaire "Zadig" (Zadig ou la Destinée)

Ghosh, Amitav "Der rauchblaue Fluss"

Ghosh, Amitav "Der rauchblaue Fluss" (Englisch: River of Smoke) (Ibis Trilogy #2) - 2011

Dieser Roman ist Teil 2 der "Ibis-Trilogie". Ich war froh, dass er bereits geschrieben war, als ich "Das mohnrote Meer" (Sea of Poppies) beendet hatte, denn so konnte ich gleich mit der Geschichte weitermachen.

Selten war ich so gespannt darauf, mit dem nächsten Buch einer Reihe anzufangen wie mit diesem. Das mag zum Teil daran liegen, dass das erste Buch kein richtiges Ende zu haben schien und einen einfach dazu einlud, mit diesem weiterzumachen, aber es liegt sicherlich auch an dem fantastischen Talent dieses Autors, einem eine Geschichte zu erzählen.

Wie ich bereits in meiner Rezension zu "Das mohnrote Meer" (Sea of Poppies) geschrieben habe, gelingt es Amitav Ghosh, alles so zu beschreiben, dass man das Gefühl hat, dabei zu sein. Er ist ein so realistischer Autor, es ist unglaublich. Es fühlt sich an, als ob man eine Zeitreise gemacht hätte und sich im Indien oder China des 19. Jahrhunderts befände.

Wer wie ich das erste Buch der Reihe gelesen hat, konnte es sicher kaum erwarten zu erfahren, was mit den Charakteren dieser Geschichte passiert. Und wir werden nicht enttäuscht. Obwohl er jedoch andere Personen einführt, die im ersten Buch nicht auftauchen, braucht er eine ganze Weile, um mit dem Schicksal einiger unserer Helden aus dem Ibis klarzukommen. Wer sehr ungeduldig ist, könnte sich ein wenig über den Erzähler ärgern.

In diesem Teil werden viele neue Themen eingeführt, obwohl sie im ersten Roman bereits kurz angesprochen wurden. Eines davon ist die Moral und der Unterschied zwischen Hinduismus und Christentum.

Ich möchte nicht alles wiederholen, was ich über die erste Episode der Geschichte gesagt habe, also verweise ich Sie einfach auf meine Rezension von "Das mohnrote Meer" (Sea of Poppies). Ich habe jetzt auch den dritten Teil der Reihe gelesen: "Die Flut des Feuers" (Flood of Fire).

Angeblich sagte der Autor in einem Interview: "Ich weiß nicht, ob ich bei drei aufhören kann". Nun, ich fände es toll, wenn er mehr als drei davon schreiben würde, aber ich hätte wirklich gern, dass er sich mit dem nächsten beeilt.

Buchbeschreibung:

"Ein monumentaler Roman über Ruhm und Leid in einer frühen Ära der Globalisierung

Kanton 1838. Über den sagenumwobenen Perlfluss gelangen Glückssucher und Abenteurer aus aller Welt in die chinesische Hafenstadt: Für den jungen Maler Robin Chinnery ist die pulsierende Metropole der ideale Zufluchtsort, um den Heiratsplänen, die seine Mutter für ihn hat, zu entkommen. Der britische Botaniker Fitcher Penrose ist in Begleitung seiner jungen Assistentin Paulette unterwegs nach Kanton, um dort nach einer geheimnisvollen Kamelienart zu suchen, der wahre Zauberkräfte zugesprochen werden. Und der indische Kaufmann Bahram Modi erhofft sich mit der größten Ladung Opium, die er je von Kalkutta nach Kanton transportiert hat, das Geschäft seines Lebens. Es sieht so aus, als würden die Dinge gut für ihn anlaufen, denn man beruft ihn in die Kantoner Handelskammer. Doch dann beginnen die autoritätseinflößenden Mandarine den ausländischen Kaufleuten auf den Leib zu rücken, denn der chinesische Kaiser will den Handel mit Opium verbieten. Und plötzlich stehen alle Zeichen auf Krieg ...

Ein schillerndes Epos, ein entlarvender Blick auf die Ursprünge unseres Wirtschaftssystems und eine Verbeugung vor der chinesischen Kulturgeschichte, betörend und spannend zugleich.
"

Es gibt eine gute (englischsprachige) Webseite über "Die Ibis-Trilogie" (The Ibis Trilogy).

Ghosh, Amitav "Das mohnrote Meer"

Ghosh, Amitav "Das mohnrote Meer" (Englisch: Sea of Poppies) (Ibis Trilogy #1) - 2008

Dieser Roman ist Teil 1 der "Ibis Trilogie".

Von diesem Autor habe ich bisher nur "Der Glaspalast" (The Glass Palace) gelesen. Es war ein Buch meines Lesekreises und ist eines meiner Lieblingsbücher überhaupt. Ich möchte nicht zu viel in der ersten Zeile verraten, aber dieser Roman wird in mein Lieblingsbuchregal aufgenommen.

In diesem Buch ist alles enthalten: Geschichte, Liebe und Krieg, Menschen aus verschiedenen Ländern. Amitav Ghosh schafft es, uns in diese Welt einzuladen. Ich liebe es, wenn man das Gefühl hat, dort zu sein. Man kann die Farben sehen, die Geräusche hören, die Gerüche riechen, es ist so lebensecht.

Dieser Roman beschreibt das Schicksal eines Schiffes und seiner Passagiere. Zu Beginn lernen wir die Seeleute kennen, dann die verschiedenen Menschen, die später Passagiere werden, alle aus unterschiedlichen Lebensbereichen.

Amitav Ghosh gelingt es, alle Bevölkerungsschichten so gut zu beschreiben, die verschiedenen Kasten in Indien, die Briten und andere Ausländer, alle ordentlich in ihre jeweiligen Schubladen gesteckt. Die Frauen gehören in eine andere Rolle, sie haben nichts zu sagen, sie werden verheiratet, müssen einen Erben produzieren. Jeder wird aus sozialen und politischen Gründen in eine bestimmte Rolle gedrängt. Und doch versucht jeder auf seine eigene Weise mit seinem Schicksal zu leben, einige sind unterwürfig, andere rebellisch. Einige bauen eine Bindung zu Menschen aus den anderen Gruppen auf, andere versuchen verzweifelt, diese unsichtbare Mauer zwischen ihnen aufrechtzuerhalten.

Auf jeden Fall lehrt uns dieses Buch so viel über das Leben in Indien zu dieser Zeit, über den Opiumkrieg. Wir erfahren etwas über das Schicksal der Bauern, die von den Kolonialisten gezwungen werden, Opium anzubauen, das sie wiederum nach China importieren, um sich den Handel mit diesem Land leisten zu können. So viele Leben werden beeinträchtigt und zerstört, weil einige Europäer chinesische Produkte wollen. Außerdem ist es für die Besatzer viel einfacher, das Leben aller Menschen zu zerstören, die ursprünglich im Land lebten, als umgekehrt. Wir sehen, dass eine falsche Anschuldigung einem Menschen Reichtum und Ehre nehmen kann.

Ich hätte gerne eine Art Ende für diesen Teil des Buches gehabt, aber weil ich spät damit angefangen habe, war "Der rauchblaue Fluss" (River of Smoke) schon erschienen, und ich habe sofort damit weitergemacht.

Ich habe dann auch den dritten Teil der Reihe gelesen: "Die Flut des Feuers" (Flood of Fire).

In einem Interview sagte der Autor, dass "Öl das Opium von heute ist". Ich denke, er hat absolut recht und es könnte helfen, darüber nachzudenken, was wir den Menschen in anderen Teilen der Welt heute antun.

Ich schätze, einige Leute könnten ein Problem damit haben, das zu lesen, da viele verschiedene Versionen des Englischen verwendet werden, das der Seeleute ist anders als das der Inder, das der Briten anders als das der anderen Ausländer, es gibt viele verschiedene Dialekte und Eigenheiten. Es scheint am Anfang irritierend, aber ich kann nur jeden ermutigen, weiterzumachen, es lohnt sich auf jeden Fall. Wir erfahren auch, dass viele Wörter auf diese Weise aus den Kolonien in die englische Sprache gelangt sind. Eine interessante Beobachtung, wenn man Sprache mag. (Ich weiß leider nicht, wie dies ins Deutsche übersetzt wurde.)

Diese Geschichte ist wie "Tausendundeine Nacht", so viele verschiedene Geschichten, so viele verschiedene Leben. Und alles in einem weit entfernten Land und vor langer Zeit. Faszinierend. Bezaubernd.

Ich habe dieses Buch im Rahmen der Lese-Challenge "Chunky Books" gelesen. Ich liebe diese Gruppe und freue mich darauf, noch viele weitere Bücher mit dieser Gruppe zu lesen und zu diskutieren.

Buchbeschreibung:

"Das neue große Epos voller Geschichten und Geschichte vom Autor des Weltbestsellers 'Der Glaspalast'

1838: Am Oberlauf des Ganges schuften die Menschen für die britische Opiumindustrie. Verfolgung, Intrigen und Not vereinen eine Gruppe von Flüchtlingen als Schicksalsgemeinschaft auf der 'Ibis', einem ehemaligen Sklavenschiff. Die 'Ibis' ist Hoffnung und Strafe, Zukunft und Endstation zugleich. Und hinter der Mündung des Ganges wartet die Ungewissheit. Unterdrückung und Kolonialismus, das Aufeinanderprallen von Kulturen, Liebe und Hass sind die großen Themen bei Ghosh. Spannendes soziales Drama und literarischer Abenteuerroman zugleich.

Die junge Diti lebt und arbeitet mit ihrer 6-jährigen Tochter Kabutri und ihrem Mann Hukam Singh auf einer Mohnfarm. Diti hat Tagträume, Visionen, in denen sie ein Schiff unter Segeln sieht, das den Fluss herauf kommt. Noch nie war sie am Meer, am 'Schwarzen Wasser', und kann sich die Vision nicht erklären. Doch sie ahnt, dass sie vor einer großen Veränderung in ihrem Leben stehen könnte.
Bis zum Tag der arrangierten Hochzeit mit Diti hat Hukam seine Opiumsucht verschwiegen, die ihn längst zeugungsunfähig gemacht hat. Diti erfährt, dass sie in der Hochzeitsnacht unter Drogen gesetzt und von ihrem Schwager vergewaltigt wurde. Als Hukam nach einem Unfall in der Fabrik stirbt, will Diti sich deshalb lieber verbrennen lassen, als mit ihrem Schwager zusammenzuleben. In letzter Sekunde wird sie von dem Unberührbaren Kalua gerettet und die beiden fliehen auf dem Ganges stromabwärts nach Kalkutta. Als sie nach einer abenteuerlichen Reise dort ankommt, erblickt sie das Schiff aus ihren Visionen und versteht endlich, dass sie als Teil einer Schicksalsgemeinschaft das Land und ihr bisheriges Leben hinter sich lassen wird.

Historienepos, Gesellschafts- und Abenteuerroman zugleich."

Es gibt eine gute (englischsprachige) Webseite über "Die Ibis-Trilogie" (The Ibis Trilogy) und "Das mohnrote Meer" (Sea of Poppies).

Amitav Ghosh stand 2008 für "Sea of Poppies" auf der Shortlist für den Booker Prize.

Dienstag, 14. Januar 2025

Picoult, Jodi "Beim Leben meiner Schwester"

Picoult, Jodi "Beim Leben meiner Schwester" (Englisch: My Sister's Keeper) - 2004

Ein Roman über Designerbabys. Interessantes Thema, sollte man meinen. Es gibt so viel darüber zu sagen. Nun, lasst mich nur sagen, nicht meine Art von Buch. Es wurde von unseren Buchclubmitgliedern allgemein als "Strandlektüre" (Chick Lit) eingestuft und das mag ich nicht. Wir alle hätten uns gewünscht, dass das Thema etwas tiefer behandelt wird. Das Ende war der einfache Ausweg. Wir fanden auch, dass die Autorin die Charaktere besser hätte untersuchen und ihnen etwas mehr Tiefe verleihen können. Wir hatten auf eine tiefere Behandlung des Themas gehofft.

Angeblich eine typische Jodi Picoult (was eine Autorin weniger ist, von der ich das nächste Buch lesen muss).

In diesem Buch "entwirft" eine Familie ein neues Baby, um ein weiteres Kind vor dem Tod zu retten. Obwohl man den Kummer sehen kann und wir uns in die Lage der Mutter versetzen konnten, fanden wir ihren Charakter sehr unsympathisch, sehr grob. Für sie war diese andere Tochter nur ein "Ersatzteil"-Kind. Die Frage ist: Was sind wir bereit zu tun, um unsere Kinder zu retten? Ist es ethisch vertretbar, Designerbabys zu haben?

Der Stil war nicht einzigartig, aber interessant, jede einzelne Figur erzählte ihre eigene Geschichte, einige von uns fanden das ablenkend, ich fand es ziemlich gut.

Wir haben das in unserem internationalen Lesekreis im Februar 2009 besprochen.

Buchbeschreibung:

"Ohne ihre Schwester Anna kann Kate Fitzgerald nicht leben: Sie hat Leukämie. Doch eines Tages weigert sich die 13-jährige Anna, weiterhin Knochenmark für ihre todkranke Schwester zu spenden … Jodi Picoults so brisanter wie aufrüttelnder Roman über den Wert des Menschen wird niemanden kaltlassen."

Montag, 13. Januar 2025

Tartt, Donna "Die geheime Geschichte"

Tartt, Donna "Die geheime Geschichte" (Englisch: The Secret History) - 1992

"Die geheime Geschichte" (The Secret History) steht auf meiner Wunschliste, seit ich "Der Distelfink" (The Goldfinch) gelesen habe. Und dieses Jahr bin ich endlich dazu gekommen.

Und es ist eine sehr beeindruckende Geschichte. Aber es ist schwierig, ins Detail zu gehen, ohne zu viel zu verraten. Nur so viel. Eine Gruppe von Studenten tut etwas wirklich Schlimmes und kann nur dadurch davonkommen, dass sie etwas noch Schlimmeres tut. Die Charaktere sind nicht wirklich sympathisch, aber sie gehen einem unter die Haut. Man kann ihren Handlungen nicht folgen, aber irgendwie geht es doch.

Ein anspruchsvolles Buch, das mich wahrscheinlich ewig begleiten wird.

Zitate:

über Migräne:

"Henry, flach auf dem Rücken in einem dunklen Raum, Eisbeutel auf dem Kopf und ein Taschentuch über den Augen.
'Ich habe sie nicht mehr so ​​oft wie früher. Als ich dreizehn oder vierzehn war, hatte ich sie ständig. Aber jetzt, wenn sie kommen – manchmal nur einmal im Jahr –, sind sie anscheinend viel schlimmer. …'"

über den Tod:
"Ist der Tod wirklich so schrecklich? Er kommt euch schrecklich vor, weil ihr jung seid… Es ist nicht gut, sich vor Dingen zu fürchten, von denen man nichts weiß …'"

Buchbeschreibung:

"Richard Papen stammt aus einfachen Verhältnissen. Als er aufgrund eines Stipendiums das College besuchen kann, ist er gleich fasziniert von der ihm fremden Welt. Besonders zieht ihn eine Gruppe junger Studenten in den Bann, mit denen er nicht nur Griechisch lernt, sondern auch ausgelassen feiert. Doch bald spürt er, dass unter der Oberfläche unerschütterlicher Freundschaft Spannungen lauern und dass ein furchtbares Geheimnis seine Freunde belastet – ein Geheimnis, das auch ihn mehr und mehr in seinen dunklen, mörderischen Sog zieht."