Tannous, Samer; Hachmöller, Gerd "Kommt ein Syrer nach Rotenburg (Wümme): Versuche, meine neue deutsche Heimat zu verstehen" [When a Syrian comes to Rotenburg (Wümme): Trying to understand my new German homeland] - 2020
Ab und zu gibt es bei uns im Ort interessante Vorlesungen von Schriftstellern. So war letzte Woche eine angekündigt von den beiden Autoren Samer Tannous und Gerd Hachmöller. Hörte sich sehr interessant and und ich habe auch gleich Tickets für eine Freundin und mich besorgt.
Leider, leider war ich aber total krank an dem Tag und konnte nicht teilnehmen. Aber ich hatte vorher das Buch gelesen, daher kann ich wenigstens darüber etwas erzählen.
Es handelt sich hier mehr oder weniger um mehrere Artikel, die in einer Tageszeitung erschienen sind und mache Themen werden öfter angesprochen. Aber ich fand das Buch trotzdem sehr interessant, erzählt es uns doch von unserem Land aus der Sicht eines hierher Geflüchteten. Und wir kommen gar nicht mal so schlecht dabei weg.
Zum Teil sind die Beschreibungen echt komisch, vor allem, wenn es um Missverständnisse zwischen den Kulturen geht. Aber im Großen und Ganzen freue ich mich, dass Samer Tannous und seine Familie in Deutschland "gut angekommen" sind.
Viele der Dinge, die Samer Tannous in Deutschland aufgefallen sind, konnte ich gut nachvollziehen, da ich ja dreißig Jahre im Ausland gelebt habe. Und auch, wenn Belgien, England und die Niederlande Deutschland von außen her recht ähnlich sind, findet man doch immer wieder Dinge, über die man sich wundert.
Wie muss es da einem Araber gehen, der sozusagen aus einer ganz anderen Welt kommt?
Ja, das beschreibt Samer Tannous sehr gut. Wie er langsam gelernt hat, warum die Deutschen bestimmte Dinge tun oder lassen. Wie unterschiedlich Gepflogenheiten sein können. Wenn einem in Deutschland etwas zu essen angeboten wird und man lehnt ab, dann war es das. In Syrien ist es unhöflich, gleich zuzugreifen. So kann man leicht aneinander vorbeireden. Auch die Zeitangaben können leicht zu Missverständnissen führen. Wenn bei uns 8 Uhr gesagt wird, meint man auch 8 Uhr und nicht irgendwann danach. Hier hat er ein paar gute und zum Teil sehr lustige Beispiele gebracht. Zum Beispiel auch, wie verwirrt er am Anfang war, wie wir uns begrüßen. Wem gibt man die Hand, wen nimmt man in den Arm? Wen duzt und wen siezt man? Kann ich mir gut vorstellen.
In einem kann ich Samer Tannous aber nicht zustimmen. Er erzählt, wie zufrieden er mit der Deutschen Bahn ist und wie wir Deutschen doch zu sehr darüber meckern. Na ja, er wohnt an einer vielbefahrenen Strecke, bei der die Bahn offensichtlich meistens recht pünktlich ist. Bei uns ist das leider nicht so. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass der Zug, den man bucht, auch wirklich einigermaßen pünktlich ankommt. Wenn unsere Söhne uns besuchen, sind sie schon froh, wenn der Zug überhaupt fährt. Dass er dann so pünktlich ankommt, dass sie den Anschlusszug erreichen, passiert so gut wie nie. Und wenn man dann für eine Strecke, für die man mit dem Auto etwa vier Stunden braucht, zwölf unterwegs ist, kann man nicht mehr wirklich sagen, dass das ja alles nicht so schlimm ist. Und wenn man nicht zu einer üblichen Zeit irgendwo in der Stadt mit der Arbeit anfängt (z.B. wenn man im Krankenhaus arbeitet, um sechs Uhr morgens anfangen muss und es vom Bahnhof aus keinen Bus dahin gibt), kann man die öffentlichen Verkehrsmittel auch ganz vergessen, da fahren die nämlich nicht.
Aber es freut mich, dass der Autor eine gute Verbindung hat und annimmt, dass das im Rest des Landes dann wohl auch so sein muss (wie es die meisten Städter ja auch vermuten).
Aber ansonsten war das Buch sehr humorvoll aber auch anregend. Wenn wir uns alle bemühen, ein wenig mehr auf unsere neuen Mitbürger zuzugehen, könnte das Leben so schön und einfach sein. Die Geschichten der beiden Autoren könnten sehr dazu beitragen. Man versteht viele Unterschiede und weiß, dass manches absolut nicht böse gemeint ist sondern einfach auf der anderen Kultur beruht.
Es wird uns auch ein Spiegel vorgehalten, so dass wir selbst merken können, was wir einfach automatisch tun und was wir vielleicht ein wenig ändern könnten, um Neulinge willkommen zu heißen. Leider fürchte ich, werden nur Menschen dieses Buch lesen, die die anderen auch verstehen wollen, die aktiv an einer Integration mitarbeiten wollen.
Insgesamt, ist der Blick des Autoren auf Deutschland jedoch sehr positiv, positiver als ich es vielleicht selbst sehen würde. Das lässt doch hoffen.
Buchbeschreibung:
"Samer Tannous kam 2015 mit seiner Familie aus Damaskus und lebt seitdem im beschaulichen Städtchen Rotenburg an der Wümme. Dass das Leben in Deutschland deutlich anders sein würde als in der syrischen Heimat, darauf war Tannous vorbereitet. Aber wie vielfältig die kleinen und die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Arabern und Deutschen sind, das erstaunt ihn immer wieder. Anknüpfend an alltägliche Beobachtungen und Begegnungen hat er kurz nach seiner Ankunft begonnen, gemeinsam mit Gerd Hachmöller seine Gedanken über die neue Heimat in Deutschland aufzuschreiben. Die Kolumne, die aus diesen Texten hervorging, hat deutschlandweit viele Fans - auch weil es Tannous und Hachmöller immer wieder gelingt, die mitunter seltsamen Eigenheiten der Deutschen ebenso treffend wie warmherzig einzufangen."
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