Dienstag, 8. Juli 2025

Durgun, Tahsim "Mama, bitte lern Deutsch"

Durgun, Tahsim "Mama, bitte lern Deutsch: Unser Eingliederungsversuch in eine geschlossene Gesellschaft" [Mum, please learn German] - 2025

Ich habe dieses Buch in der Buchhandlung gefunden, gleich mitgenommen und auch sofort gelesen. Das passiert nur selten. Aber das Thema hat mich sehr interessiert. Ich selbst unterstütze nämlich u.a. eine Kurdin, die in genau der gleichen Situation ist. Sie hat im Irak nur kurz eine Schule besuchen können und kann weder lesen noch schreiben, auch nicht arabisch. Bevor wir also mit unserem Deutschlernen anfangen, muss sie erst einmal mühselig lernen, was Lesen überhaupt bedeutet. Das ist mit über 50 Jahren nämlich nicht mehr so einfach.

Und da kommen wir zu Tahsim Durgun's Mutter, die ihn am Ende des Buches fragt: "Wer hätte mir deutsch beibringen sollen? Ich war doch immer nur hier. Alleine mit euch." Und sie hat recht. Es gibt keine Kurse für Frauen wie Tahsims Mutter. Für analphabetische Flüchtlinge, für flüchtige Analphabeten. Auch wenn sie es gerne möchten, sie schaffen es nicht. Ich sehe jedes Mal bei den Ärzten südländische Frauen, die mit ihren Männern oder Söhnen kommen. Ich stelle mir das ganz schlimm vor, aber sie haben keine andere Wahl.

Vielleicht schafft der Autor ja, mit seinem Bericht, ein paar Deutsche aufzurütteln und sich zur Verfügung zu stellen, diesen Menschen zu helfen. Auch wenn ihr nicht Deutsch unterrichten könnt, ladet sie auf einen Kaffee ein und sprrecht ein wenig mit ihnen. Sie können oft mehr, als ihr denkt.

Und noch etwas für alle die, die alle Flüchtlinge über einen Kamm scheren und behaupten, sie kommen nur wegen unserem Geld: In "meiner" kurdischen Familie arbeiten alle, die Töchter und Schwiegertöchter sind Krankenschwestern oder Arzthelferinnen, von denen wir sowieso nicht genug haben, die Söhne arbeiten in den Betrieben vor Ort, der Vater ist Taxifahrer. Fleißiger als viele deutsche Familien, die nur auf die Ausländer schimpfen, sind sie auf jeden Fall.

Buchbeschreibung:

"'Dieses Buch hilft mir, meine Mutter besser zu verstehen, und dir, Deutschland besser zu verstehen.'

Noch bevor Tahsim Durgun die Grundschule abschließt, muss er für seine Mutter die Abschiebebescheide entziffern, begleitet sie als Dolmetscher zu intimen Arztbesuchen und verliest Aldi-Kataloge am Fliesentisch. So wie Tahsim geht es vielen jungen Menschen mit Migrationsgeschichte, die früh Verantwortung für ihre Eltern übernehmen und gleichzeitig einen Platz finden müssen in einem oft feindseligen Land.

Schreiben sie die besten Noten, bekommen sie trotzdem nur eine Hauptschulempfehlung. Fahren ihre Mitschüler-innen in den Urlaub nach Thailand, dürfen sie Deutschland nicht verlassen, weil sie kein gültiges Reisedokument besitzen. Hilflosigkeit, Angst und Überforderung sind ihre stetigen Begleiter, Einfallsreichtum und Empathie ihr Handwerkszeug.

Mit messerscharfer Intelligenz, poetischer Sprachgewalt und zynischem Humor: Internet-Star Tahsim Durgun reflektiert die Lebenswirklichkeit der postmigrantischen Gesellschaft. Vor dem Hintergrund seiner eigenen Lebensgeschichte in einer kurdisch-deutschen Familie rechnet Tahsim ab mit der deutschen Bürokratie und zeigt gleichzeitig tiefen Respekt für seine Mutter und ihre Errungenschaften, die für die deutsche Gesellschaft immer unsichtbar bleiben werden."

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