Montag, 19. Dezember 2022

Hermann, Judith "Sommerhaus, später"

Hermann, Judith "Sommerhaus, später" - The Summerhouse, Later - 1998

Größtenteils finden diese Kurzgeschichten in Deutschland statt. Wie schon in der Beschreibung steht, handelt es sich um neun verschiedene Charaktere, die alle ein anderes Leben haben. Da ist ein Taxifahrer. Und eine junge Frau, die sich an ihre Urgroßmutter erinnert. Menschen wie Du und Ich, die in Berlin leben. Eine interessante Mischung. Aber wer mich kennt, wird auch wissen, was ich davon halte. Neun einzelne Bücher wären besser gewesen.

Buchbeschreibung:

"Eine Menge Vorurteile werden mit Judith Hermanns Debütwerk beseitigt: Erstens, es gibt doch gute deutsche Nachwuchsautoren, zweitens, die Gattung der Erzählung ist nicht tot, und drittens, deutsches Schreiben ist per se nicht schwerfällig und grüblerisch, sondern kann, so zeigt Sommerhaus, später, sehr leichtfüßig und virtuos daherkommen.

Die Erzählperson schlüpft in neun Geschichten in verschiedene Rollen und Geschlechter: Mal ist sie Enkelin, mal Geliebte, mal Künstler, mal Zuhörer. Und manchmal auch bloß Erzählerin. So schnell sie eine Intimität zum Leser aufbaut, so schnell endet die Geschichte auch wieder und es beginnt eine neue. Personen treten in das Leben der Protagonisten und gehen wieder, reißen kleine Wunden, die lange schmerzen. Da ist der alte, einsame Mann, der seine Klassikkassetten einem jungen Mädchen schenkt, obwohl sie ihn versetzt; oder Sonja, die wie ein naives Kind in einen Maler verliebt ist und dann wie ein Geist wieder aus seinem Leben verschwindet. Gute und Böse gibt es nicht, nur Unvermögen oder Großzügigkeit.

Hermanns Kunst ist unmittelbar: direkte Rede, reale Vergleiche, detaillierte Wahrnehmung. Und doch bleiben die Erzählungen angenehm unvollständig. Als hätte jemand eine Kamera auf ein paar Personen in Berlin oder New York oder sonstwo gehalten und wieder ausgeblendet. 'Du musst lernen zu warten', sagt einer ihrer Protagonisten, 'auch auf die kleinen Ereignisse'.

Judith Hermann hat für Sommerhaus, später den Förderpreis des Bremer Literaturpreises 1999 erhalten. In der Begründung der Jury heißt es: 'J
udith Hermann formuliert in atmosphärisch dichter Prosa und mit großer sprachlicher Sicherheit das Lebensgefühl von Menschen, die in Liebe und Angst befangen, das wirkliche Leben verfehlen und das Scheitern der eigenen Lebenspläne mehr melancholisch beobachten als trauernd erleben.' Bettina Albert"

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