Storm, Theodor "Der Schimmelreiter und andere Erzählungen" - The Rider on the White Horse and other tales - 1888
"Der Schimmelreiter" (The Rider on the White Horse aka The Dikegrave/The Dykemaster) - 1888
"Es waren zwei Königskinder" (There were two king's children) (title of a folk song) - 1884
"Bötjer Basch" (Cooper Basch) from "Bei kleinen Leuten" (At little people) - 1886
"Ein Doppelgänger" (A Double) - 1887
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"Der Schimmelreiter" ist in Deutschland bekannt. Die meisten Menschen haben von Hauke Haien gehört, auch wenn sie die Geschichte nicht gelesen oder ein Theaterstück oder einen Film mit ihm gesehen haben.
Es gibt nicht viele deutsche gotische oder Horror-Romane und Theodor Storm war nicht genau in der richtigen Zeit dafür, man kann die Geschichte auch als Legende einstufen, aber ich denke, dies könnte eines der erfolgreichsten Bücher des "Gothic"-Genres in deutscher Sprache sein.
Einer meiner deutschen Lieblingsautoren, Thomas Mann, nannte es eine "ungeheure Erzählung, mit der Storm seine Konzeption der Novelle als epische Schwester des Dramas zu nie dagewesenen Höhen führte".
Mein erstes Buch von ihm habe ich in der Schule gelesen (Pole Poppenspäler) und das war eher das klassische deutsche Realismus-Genre als diese Novellen hier. Ich liebte diese Geschichte, und Husum, Storms Heimatstadt, die "graue Stadt am Meer", die immer noch viel von seinem Leben zeigt, ist einfach nur schön.
Aus irgendeinem Grund habe ich nie eine der Novellen und Kurzgeschichten in dieser Sammlung gelesen. Ich hätte es schon vor langer, langer Zeit tun sollen, aber ihr kennt ja alle meine Vorliebe für kurze Bücher.
Mit seiner Art, eine Geschichte zu erzählen, schafft es Theodor Storm auf einzigartige Weise, Spannung zu erzeugen. Man kann es kaum erwarten, die Seite umzublättern, um zu sehen, was als Nächstes passiert. Wie viele andere Bücher aus dieser Zeit war auch das Leben am Meer ein ständiger Kampf mit den Naturgewalten. Und die Menschen waren sehr abergläubisch, sie glaubten sowohl an viele Ammenmärchen als auch an die christliche Kirche. All diese Themen zusammenzubringen, ist wahrscheinlich eines der Geheimnisse hinter diesem Meisterwerk.
Aber wir erfahren nicht nur etwas über die Natur im 19. Jahrhundert, sondern auch über die Menschen, die damals lebten und wie sie das Leben bewältigten. Eine gute Geschichte.
Buchbeschreibung:
"Der Schimmelreiter, den Storm noch kurz vor seinem Tod vollendete, ist die herausragendste Novelle des Dichters. In ihr zeigt Theodor Storm den Aufstieg des Hauke Haien zum Deichgrafen. Dieser will seine Fähigkeiten durch den Bau eines neuartigen Deiches unter Beweis stellen, weil es heißt, er habe die Position nur seiner Frau zu verdanken. Spannungen und der Kampf mit seiner Umwelt lassen Hauke Haien schließlich zugrunde gehen: Als er eine schwache Stelle im Deich nicht genügend absichert, ertrinkt bei einer Sturmflut zuerst seine Frau mit dem Kind. Daraufhin stürzt er sich mit seinem Schimmel an der durchbrochenen Stelle des Deiches ins Meer, um seine Schuld zu tilgen.
Wie schon in seinen früheren Novellen ist Storm auch in dieser
"hinreißenden Symphonie der Meeresstimmen" (E. Schmidt) von dem Problem
der persönlichen Schuld abgerückt. Ein Nachwort und ausführliche
Anmerkungen helfen dem Schüler."
Die von mir gelesene Ausgabe bietet drei weitere Novellen. Sie wurden alle separat auf Deutsch veröffentlicht, man kann manche davon im Projekt Gutenberg finden, dass mittlerweile zumindest weitgehend in Deutschland wieder genutzt werden kann.
"Es waren zwei Königskinder" - 1884
Wenn ich den Titel lese, habe ich sofort eine Melodie im Kopf, eines DER deutschen Volkslieder und Balladen. Wie in der Geschichte gibt es zwei junge Menschen, die sich lieben, aber nicht zusammenkommen können.
Das Lied kann man sich hier auf YouTube anhören, es gibt ein paar Variationen, dies ist eine der schönsten ist.
Buchbeschreibung:
"Es waren zwei Königskinder, ein Musterbeispiel für eine Volksballade, geht zurück auf eine Erzählung aus dem 16. Jahrhundert. Ein edler Ritter und eine Jungfrau fein leben auf ihren Burgen, durch einen tiefen See getrennt und suchen eine Weg, zueinander zu kommen. Man nimmt Kontakt auf, schreibt sich Briefe, verabredet sich und die Geschichte nimmt ihren Lauf."
"Bötjer Basch" aus "Bei kleinen Leuten" - 1886
Ich hatte noch nie von dieser Geschichte gehört, aber ich mag sie wirklich. Anstatt gegen die Natur zu kämpfen, muss der Protagonist gegen die Gesellschaft kämpfen. Er ist arm, seine Frau stirbt, sein Sohn geht nach Amerika, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und verschwindet, es gibt nichts, was Böttcher Basch nicht überwältigt. Aber er kämpft weiter und es gibt ein Happy End.
Buchbeschreibung:
"In der Süderstraße meiner Vaterstadt, dem Gachen gegenüber, das nach dem St. Jürgenkirchhoff und über diesen an dem Stift entlang nach der Norderstraße führt, stand seit Anfang des 17. Jahrhunderts ein kleines Haus, über dessen Eingangstür sich ein in Sandstein ausgehauenes Bild befand: ein Mann in einem Schifflein, zu dem durch hohe Wellen der Tod geschwommen war und schon den Mann zu sich ins Meer hinabriß; darunter stand: Up Land un See. Es hie, ein Steinhauer habe derzeit sich das Haus gebaut und zum Gedächtnis seines Vaters, der als kleiner Schiffer zwischen den Inseln gefahren war und dabei im Stürme seinen Tod gefunden hatte, dieses Epithaphium angefertigt."
Wieder eine packende Geschichte, die ganz anders beginnt, als man denkt, dass sie weitergeht. Und den Titel versteht man erst gegen Ende.
Wie in seinen anderen Novellen scheint es zwei Geschichten zu geben. Eine Gegenwart und eine Vergangenheit, beide nicht uninteressant, aber die Vergangenheit ist die faszinierendere.
Buchbeschreibung:
"Nach sechsjähriger Haft wird John Hansen, der als junger Mann mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist, entlassen und versucht, sich ein neues Leben aufzubauen. Er muss feststellen, dass ihn die Verfehlung, die er in seiner Jugend begangen hat, weiterhin verfolgt und er von seinen Mitmenschen mit Misstrauen und Ablehnung betrachtet wird. Sein ganzes Glück ist seine Familie, und John stürzt in tiefe Verzweiflung, als er im Verlauf eines Ehestreits ungewollt den Tod seiner Frau verursacht. Aufgrund der Ablehnung seiner Mitmenschen findet er keine Arbeit und sieht sich schließlich gezwungen, zu stehlen, um seine Tochter ernähren zu können. Im Verlauf einer nächtlichen Diebestour stürzt er in einen Brunnen, in dem er umkommt.
In der 1887 erschienenen Novelle, die starke sozialkritische Züge trägt, thematisiert Storm u. a. die Frage nach der Resozialisierung von Strafgefangenen und dem Recht auf Arbeit."
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