Samstag, 14. Oktober 2023

Kertész, Imre "Roman eines Schicksallosen"

Kertész, Imre "Roman eines Schicksallosen" (Ungarisch: Sorstalanság) - Fateless oder Fatelessness - 1975

Der Autor ist Holocaust-Überlebender, er war tatsächlich in zwei der großen Konzentrationslager und hat daher viel über seine Geschichte zu erzählen. Aber es ist die einzigartige Art und Weise, wie er uns von seinem frühen Leben erzählt, die seine Arbeit so besonders macht. Er erzählt das Leben eines fünfzehnjährigen Jungen, der während des Zweiten Weltkriegs in Ungarn aufwächst. Trotz vieler Ähnlichkeiten mit seinem eigenen Leben behauptet der Autor, dies sei nur eine Geschichte, die auf seinem Leben basiert.

Jedenfalls sehen wir das NS-Regime und die Konzentrationslager mit den Augen eines Kindes, das nichts anderes kennt.
Das ist sein Leben. Für ihn ist es "normal", dass sein Vater in ein Arbeitslager geschickt wird, dass seine Freunde verschwinden, daher ist er nicht allzu überrascht, wenn er auch dorthin geschickt wird. Er beschreibt seine Zeit im Lager so, als sei alles, was dort passiert, das Normalste auf der Welt. Wie schrecklich muss das gewesen sein! Als er nach dem Krieg nach Budapest zurückkehrt und dort Menschen trifft, deren Leben weiterging und die nicht in die Lager gingen, fällt es ihm schwerer, sich wieder in ein normales Leben einzuleben.

Imre Kertész erntete für seine "naive" Darstellung eines der schlimmsten Völkermorde aller Zeiten viel Kritik.
Ich finde seine Texte sehr interessant. Wer weiß, was ein Kind denkt, wenn es in einer verrückten Welt aufwächst, es ist die einzige Welt, die es kennt. Allerdings bin ich nicht die Einzige, der so denkt, denn:

"Bei seiner Ankunft stellt Gyuri fest, dass er sich nicht mit anderen Juden identifizieren kann und von ihnen wiederum abgelehnt wird. Als Außenseiter seines eigenen Volkes macht ihn seine Entfremdung zu einem übernatürlich scharfsinnigen Beobachter, der dogmatisch darauf besteht, alles, was er sieht, zu verstehen."

Buchbeschreibung:

"Imre Kertesz ist etwas Skandalöses gelungen: die Entmystifizierung von Auschwitz. Es gibt kein literarisches Werk, das in dieser Konsequenz, ohne zu deuten, ohne zu werten, der Perspektive eines staunenden Kindes treu geblieben ist. Wohl nie zuvor hat ein Autor seine Figur Schritt für Schritt bis an jene Grenze hinab begleitet, wo das nackte Leben zur hemmungslosen, glücksüchtigen, obszönen Angelegenheit wird."

Imre Kertész erhielt den Nobelpreis für Literatur 2002  "für ein schriftstellerisches Werk, das die zerbrechliche Erfahrung des Einzelnen gegenüber der barbarischen Willkür der Geschichte behauptet".

Ein weiteres interessantes Buch eines Nobelpreisträgers zum gleichen Thema:
Wiesel, Elie "Night" (Die Nacht)

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

7 Kommentare:

  1. Ja, so muß es wohl vielen Kindern gehen, die in extremen Kriegssituationen aufwachsen und nichts anderes kennen. Man kann das kaum nachvollziehen. Kennst Du das Buch "Ich bin David"? David ist auch ein Junge, der in einem Konzentrationslager aufgewachsen ist, aber entkommt. Ich habe das als junges Mädchen gelesen und mich hat es zutiefst bewegt.

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    1. Nein, das habe ich tatsächlich noch nicht gelesen, aber wohl viele andere ähnliche Bücher. Wir wollen mal hoffen, dass so etwas nie weider vorkommt, aber wenn ich mir die heutige Politik so ansehe, kommt mir das Grausen.

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    2. Ja, die Menschen scheinen immer die Vergangenheit wiederholen zu wollen.

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    3. Und damit meine ich, die Fehler der Vergangenheit. Warum können wir nichts lernen?

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    4. Das sind dann meistens die, die mit der Vergangenheit nicht belästigt werden wollen. Wir können nur daraus lernen, wenn wir uns auch damit beschäftigen. Leider wird es immer selbstsüchtige Menschen geben, die nur auf Macht aus sind, koste es, was es wolle.

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    5. Ja, oder die einfach zu faul oder zu bequem sind.

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    6. Die ermöglichen diesen Zustand natürlich.

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