Mittwoch, 18. Januar 2023

Feyl, Renate "Die profanen Stunden des Glücks"

Feyl, Renate "Die profanen Stunden des Glücks" [The Mundane Hours of Happiness] - 1996

Ich bin ja ein großer Fan von Jane Austen und bewundere immer wieder ihre Ausdauer, ihren Mut, ihre Bücher zu veröffentlichen zu einer Zeit, als man noch dachte, Frauen könnten "so etwas" sowieso nicht. Und hier ist eine deutsche Schriftstellerin, von der ich noch nie gehört hatte, die noch etwa ein Viereljahrhundert vorher ihre Bücher geschrieben hat. Sie war die erste deutsche Frau, die vom Verkauf ihrer Schriften leben konnte. Wo wären wir heute ohne sie? Und doch kennt sie kaum jemand. Bekannter sind wohl ihre Enkel, Clemens Brentano und Bettina von Arnim, die ja auch keine unbedeutetende Figur für uns Frauen war.

Wie bei Jane Austen auch, wurde ihr erster Roman "Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim" zuerst anonym herausgegeben. Bei ersterer heißt es "von einer Lady", bei letzterer taucht nur der Name des Herausgebers auf und der Vermerk, dass "Die Geschichte … von einer Freundin desselben aus Originalpapieren […] gezogen" wurde. Ich denke, diesen Roman sollte man sich einmal antun.

Aber hier geht es ja um Sophie von La Roche, geboren als Tochter eines Arztes, nach ein paar in die Brüche gegangenen Beziehungen (u.a. mit ihrem späteren Verleger Christoph Martin Wieland) verheiratet mit einem Hofrat, Mutter von acht Kindern, von denen immerhin fünf erwachsen wurden, die Biographie hört sich an wie die einer begüterten Frau im 18. Jahrhundert. Sie las gern und kannte etliche Schriftsteller persönlich, u.a. Goethe und Schiller, die wohl bedeutendsten deutschen Autoren. Das führte wohl dazu, dass sie selbst Romane verfasste und eine der ersten Frauenzeitschriften in Deutschland herausgibt.

Wir müssen solche Frauen einfach bewundern. Die Steine, die ihnen in den Weg gelegt wurden, sind so enorm groß, das können wir uns heute wirklich nicht mehr vorstellen.

Renate Feyl hat dieser großartigen Frau ein Denkmal gesetzt.

Die Stadt Offenbach am Main gibt alle zwei Jahre den "Sophie von La Roche-Preis für die Gleichberechtigung von Frauen" heraus. Die bisherigen Preisträgerinnen waren Grete Steiner (2009), Parastou Forouhar (2011), Angela Freiberg (2013), das Arbeitsmarktprojekt "BeA Plus – Berufseinsteigerinnen in die Altenpflege" (2016), Songmoo Steph Taibi (2018), Antje Hagel (2020) und das Projekt Catcallsofoffenbach (2022). Ziemlich herausragende Frauen und Projekte.

Buchbeschreibung:

"Als 1771 der erste deutsche Frauenroman Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim zur Leipziger Messe erschien, machte er seine Verfasserin mit einem Schlag berühmt: Sophie von La Roche (1731-1807). Ihre Jugendliebe Wieland und Herder, Goethe, Lenz und Schiller bewunderten sie ebenso wie vor allem die Damen der Gesellschaft, später abonnierte Katharina die Große 500 Exemplare von Sophie von La Roches Zeitschrift Pomona. Dennoch war der glanzvolle Start der La Roche als Romanautorin vor allem der Beginn einer mühseligen, von Neid, Klatsch, Schicksalsschlägen und, nach dem Sturz ihres Mannes, ständigen Geldsorgen begleiteten Autorinnenkarriere.

In ihrem wunderschön geschriebenen Roman erzählt Renate Feyl die Geschichte der La Roche und ihrer literarischen Laufbahn, ihrer Lebensmaximen und Kämpfe, wobei der Detailreichtum über den Alltag der '
Großmutter Brentanos', über die Erziehung ihrer Kinder und ihrer Ehe, vor allem aber über die Besonderheiten des damaligen 'Literaturbetriebs' fasziniert. Voll brillianter Seitenhiebe und lebenskluger Einsicht: die Geschichte einer bedeutenden Frau und das Gegenstück zu Idylle mit Professor, dem Roman über Victoria Gottsched."

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