Freitag, 30. Juni 2023

Güngör, Dilek "Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter"

 

Güngör, Dilek "Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter" [My Turkish Grandmother's Secret] - 2007

Ein Lesekreisbuch, das nicht nur mir sondern auch den anderen Teilnehmerinnen ausgesprochen gut gefallen hat. Ich glaube, Dilek Güngör erzählt hier für viele Menschen, die in einem anderen Land geboren sind als ihre Vorfahren. Wohin gehören sie. Ist Zeynep, die Protagonistin, deutsch oder türkisch? Oder gibt es eine dritte Zugehörigkeit? Ich bin für letzteres. Es gibt da ein sehr gutes englische Buch "Third Culture Kids" von David C. Pollock und Ruth Van Reken, die dies wissenschaftlich erforscht haben.

Aber hier erzählt eine Betroffene, auch wenn sie es in einem Roman unterbringt. Meine Kinder sind ja auch nicht in ihrem "Heimatland" aufgewachsen und betrachten es auch nicht als solches. Wenn sie auch einiges von uns übernommen haben, so sind sie doch nicht "typisch deutsch" Und so ist weder die Autorin noch andere "Türken" in Deutschland wirklich "türkisch" und in der Türkei wirklich "deutsch", auch wenn sie von allen so angesehen werden.

Aber das Buch bietet auch sonst viele Punkte zur Diskussion. Das Verhältnis der Kinder zu ihren Eltern, der Eltern zu ihren Geschwistern, der Geschwister zu den Großeltern. Kulturelle Unterschiede, die auch in einem fremden Land nicht so ganz abhanden kommen. Wir haben Stunden darüber geredet.

Buchbeschreibung:

"Großmutter Fatma liegt im Sterben. Um sie noch einmal zu sehen, reist ihre Enkelin Zeynep aus Deutschland an. Fatma aber hat es nicht eilig mit dem Tod. Sie überrascht die junge Zeynep mit ihrem Pragmatismus, ihrem Witz - und einem abgründigen Geheimnis, das wie ein Schatten über der ganzen Familie liegt … Dilek Güngörs wunderbarer Familienroman erzählt von der Berührung zweier einander fremder Welten."

25 Kommentare:

  1. Interessant! So geht es meinen Kindern auch: Sie sind nicht ganz amerikanisch und natürlich gar nicht ganz deutsch, doch haben sie bisher keine "Identitätskrisen" bekommen. Vielleicht weil in ihrem Leben immer beide Sprachen gleichwertig vertreten waren und es noch sind, wenn sie zu Hause sind?

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    1. Einer der Gründe ist vielleicht, dass die Kulturen nicht so unterschiedlich sind. Meine Kinder fühlen sich eher als Europäer denn als irgend eine der einzelnen Nationalitäten, also deutsch, englisch, niederländisch. Und mir geht es auch ähnlich.

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  2. Meine Kinder fühlen sich in bestimmten Situationen eher wie Deutsche und in anderen wie Amerikaner. Deutsch ist für sie die Sprache, die mit Gefühlen zu tun hat. Sie reden auch mit Tieren auf Deutsch.

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    1. Ist ja interessant. Meine Kinder reden fast nur englisch.

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    2. Wirklich! Mit mir müssen sie Deutsch reden, das ist unsere Familienregel und die halten sie auch ein. Untereinander geht es immer hin und her.

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    3. Sie reden mit deutschen Freunden und Verwandten auch deutsch, aber wenn sie untereinander sind, ist "ihre" Sprache englisch.

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    4. So war es auch bei den Kindern meiner Großtante. Sie sind mit Hochdeutsch aufgewachsen, aber haben lange in der deutschsprachigen Schweiz gewohnt und dann in der französischsprachigen. Untereinander haben sie meist Schweizerdeutsch oder Französisch gesprochen und nie Hochdeutsch. Das mochte mein Großonkel gar nicht.

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    5. Das ist nun einmal so. Es hat viele Vorteile, wenn die Kinder mehrsprachig aufwachsen, da muss man über solche Kleinigkeiten mal hinwegsehen. Ich fand es wichtig, dass sie deutsch lernen (und sie haben ja auch beide ein deutsches Abitur gemacht), damit sie sich erstens mit der Verwandtschaft unterhalten konnten (unsere Eltern sprachen alle kein Englisch) und zweitens auch mehr Chancen hatten. Beides hat geklappt. Was nicht immer der Fall war mit Kindern, die in ähnlichen Situationen aufgewachsen sind.

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    6. Oh ja, ich finde es auch wichtig, daß sich Kinder mit ihren Verwandten unterhalten können! Meine Eltern können Englisch (auch meine Großeltern konnten das), doch nicht so gut.

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    7. Meine sprachen überhaupt keine Fremdsprachen, kamen aber im Ausland immer gut zurecht. Aber meine Schwiegermutter tut sich mit allem schwer, was nicht badisch is.

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    8. Meine Schwiegereltern hier sprechen auch keine Fremdsprachen, doch mein Schwiegervater kann Deutsch lesen (er hat auch Altgriechisch und Hebräisch und Latein gelernt, weil er Pfarrer ist). Der Vater meines Schwiegervaters konnte noch Deutsch und die Mutter meiner Schwiegermutter ist in der Nähe von Breslau geboren worden und konnte noch deutsche Kinderlieder singen. In meiner Verwandtschaft hat es viele Wandervögel ins Ausland gegeben und meine Großeltern mütterlicherseits konnten mehrere Sprachen. Meine Verwandten väterlicherseits sind da eher wie Deine Schwiegermutter, doch hat mein Vater Englisch, Latein und ein bißchen Italienisch gelernt. Wir haben uns im Ausland auch immer zurecht gefunden (wir sind oft nach Skandinavien gefahren), auch ohne die Sprachen zu können. Irgendwie wurstelt man sich dann doch durch.

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    9. Meine Eltern und Schwiegereltern hatten alle acht Jahre Volksschule, was damals eher üblich war, nur die reichen Leute schickten ihre Kinder "studieren", die anderen konnten sich das nicht leisten. Und da wurden nun mal keine Fremdsprachen unterrichtet.

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    10. Ja, meine eine Oma hat auch nur Volkschule gemacht und ich weiß nicht, was ihr Mann gemacht hat, aber er hat eine Ausbildung bei Siemens gemacht und ist Kaufmann geworden. Er ist schon vor meiner Geburt gestorben. Die andere Seite hatte mehr Bildung: Meine andere Oma war MTA und mein Opa hatte einen Dr. in Chemie. Meine Eltern haben beide Abitur und haben beide studiert. Es gibt aber auch einige Tanten und Onkel bei mir, die nur eine Ausbildung gemacht haben. Wir haben so ziemlich alle Varianten :).

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    11. Ja, dann kamen sie aus "besseren Verhältnissen". Die Eltern meiner Eltern waren Heuerleute, da war weder Geld für die Schule da noch irgendeine Möglichkeit, etwas "Besseres" zu lernen. Meine Mutter hat in der Volksschule zwei Klassen übersprungen, weil sie immer schon bei den Älteren mitgelernt hat, aber auf die Idee, sie auf eine höhere Schule zu schicken, ist niemand gekommmen. Selbst als ich auf Drängen meines Lehrers zum Gymnasium kam, hieß es, das lohnt sich nicht, Mädchen heiraten ja doch. Ein Onkel meinte sogar, Mädchen müssen lernen, wie man einen Topf Suppe kocht, sonst läuft der Mann in die Wirtschaft dann ganz weg. Seltsamerweise ist das dann seiner Tochter passiert, die er auf die Haushaltsschule geschickt hatte.

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    12. Schade, daß Deine Mutter nicht weitermachen konnte. Ich kenne eigentlich solche Einstellungen aus persönlichen Erfahrungen gar nicht, also, daß Mädchen nicht auch auf die höhere Schule oder die Uni gehen sollten. Auch wenn nicht alle meine Verwandten das gemacht haben, war da nie die Einstellung, daß es sich bei Mädchen nicht lohnt. Vielleicht mochte dieser Onkel Suppe sehr gerne :). Oder er hat an das Sprichwort "Liebe geht durch den Magen" gedacht. Aber da steht natürlich nicht, wer das kochen muß. Schade, daß der Mann weggelaufen ist. Das ist sehr traurig, wenn eine Ehe so kaputt geht.

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    13. Du kommst wohl aus einer anderen "Schicht", bei uns gab es das kaum, ich kannte wenige Mädchen im Dorf, die auf die "höhere Schule" gingen, in unserer Verwandschaft war ich überhaupt die allererste, nicht das erste Mädchen sondern das erste Kind, das nicht auf die normale Volksschule ging.

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    14. Vielleicht eher eine andere Gegend? Ich bin ja im Siegerland aufgewachsen und da gab es schon Mädchen auf dem Gymnasium.

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    15. Zu meiner Zeit gab es davon auch genug, ich selbst war ja auch dort. Zu Zeiten meiner Eltern gab es eine "Nonnenschule" für die Mädchen und einen "Paterkasten" für die Jungs, aber auch ein öffentliches Gymnasium, aber nur für Jungs. Für die beiden kirchlichen musste man bezahlen, also konnten wirklich nur die Kinder reicher Eltern dorthin.

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    16. Meine Mutter ist auch auf ein Mädchengymnasium gegangen, aber mein Vater war auf einem für Mädchen und Jungen. Mein Opa hat glaube ich, Schulgeld für das Gymnasium bezahlen müssen, aber er war ein Einzelkind, und dann war es nicht so schwierig, obwohl sein Vater nur ein Dorfschullehrer war.

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    17. Ich habe endlich wieder einen Weg gefunden, auf meine eigenen Einträge kommentieren zu können. Diese ewigen Änderungen im Internet! Grrr
      Stimmt, Einzelkinder hatten es da schon besser. Oder wenigestens die jüngsten Kinder in einer Familie. Bei mir waren ja immer die jüngeren Brüder da, die auch noch zur Schule gingen.

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    18. Das ist gut, daß es klappt. Ja, kaum hat man sich an etwas im Internet gewöhnt, wird es geändert. Ja, bei den jüngsten Kindern sind die Eltern eh nicht mehr so streng und vieles geht, was bei den anderen nicht ging.

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    19. Das haben meine Brüder mir letztens noch bestätigt.
      Und ja, das mit dem Internet ist schon manchmal nervig. Und dann wundern sich die Leute, dass Ältere nicht so gern damit umgehen.

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    20. :). Stimmt, ich ärgere mich immer über mein Handy, das auch nie so will, wie ich es will, und diese jungen Leute hauen da nur so auf die Tasten und machen alles ganz schnell.

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    21. Na ja, die jungen Leute haben auch Probleme, sind aber damit aufgewachsen und finden schneller eine Lösung.

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