Samstag, 18. November 2023

Proulx, Annie "Schiffsmeldungen"

Proulx, Annie "Schiffsmeldungen" (Englisch: The Shipping News) - 1993

Dieses Buch wurde mir mehrmals empfohlen und die einzige Entschuldigung, die ich hatte, es nicht in die Hand zu nehmen, war, dass es noch viele andere Bücher gab, die darauf warteten, gelesen zu werden.

Ich habe dieses Buch wirklich genossen. Die Geschichte dreht sich um Quoyle, einen gewöhnlichen Mann, man könnte ihn sogar einen Verlierer nennen. Nachdem seine betrügerische Frau bei einem Unfall ums Leben kommt, zieht er mit seiner Tante und seinen Töchtern in das Haus seiner Vorfahren in Neufundland, wo er für eine Lokalzeitung arbeitet.

Hier trifft er viele Menschen, die ihr ganzes Leben in dieser abgelegenen kleinen Gemeinde gelebt haben.

Das Leben dieser einfachen Leute wird auf so liebevolle Weise beschrieben, dass das Lesen so viel Freude macht. Natürlich ist das Leben nicht einfach, die Probleme, mit denen viele kleine Gemeinden konfrontiert sind, wenn ihre wichtigen Broterwerbsjobs verschwinden, lauern immer um die Ecke, die Charaktere haben Probleme sowohl untereinander als auch mit der Außenwelt, aber als sich die Geschichte der Familie entfaltet, treffen wir einige wunderbare, liebenswerte Menschen.

Eine tolle Lektüre. - Und man lernt auch viel über Knoten.

Buchbeschreibung:

"Eine unvergessliche, tragikomische Geschichte, erzählt von der mehrfach preisgekrönten Autorin Annie Proulx, in deren herb-poetischer Sprache jene fremde Gegend zum Sehnsuchtsland wird.

'Schiffsmeldungen' fürs Lokalblatt soll Quoyle jetzt schreiben. Quoyle, der ewige Versager und Pechvogel, den es aus dem Staat New York auf die Felseninsel Neufundland im Osten Kanadas verschlagen hat. Quoyle, der immer schon panische Angst vor dem Wasser hatte. Und doch findet er hier in dieser kargen Landschaft, wo seine Vorfahren siedelten, so etwas wie Glück und für sich und seine beiden Töchter so etwas wie ein Zuhause …

Der Roman, der Annie Proulx berühmt machte!"

Annie Proulx erhielt 1994 einen Pulitzer Preis für "Schiffsmeldungen"

Freitag, 17. November 2023

Chabon, Michael "Die Vereinigung jiddischer Polizisten"

 

Chabon, Michael "Die Vereinigung jiddischer Polizisten" (Englisch: The Yiddish Policemen's Union) - 2007

Dieses Buch wurde für unseren Lesekreis vorgeschlagen, aber nicht ausgewählt. Da mir "Summerland" (Sommerland) gefallen hat und ich alternative Geschichtsromane mag, habe ich es auch mit diesem versucht. Es wurde sowohl als Detektivgeschichte als auch als Science-Fiction eingestuft. Science-Fiction ist noch weniger mein Lesestil und ich bin auch kein großer Fan von Krimis, aber dieser Roman klang einfach sehr interessant. Anstatt sich in Israel niederzulassen, werden jüdische Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere nach der Zerstörung des Staates Israel, nach Alaska geschickt (immer daran denken: "alternative Geschichte"). Sie ziehen nach Sitka, die sich zu einer jiddischsprachigen Stadt entwickelt.

Wir haben hier eine recht interessante Detektivgeschichte mit vielen Rätseln, es ist die Geschichte eines Verlierers, der versucht, etwas zu erreichen und dabei immer scheitert, sowie die Saga eines verunsicherten Volkes, das versucht, ein Zuhause zu finden.
Trotz des negativen Hintergrunds und der düsteren Zukunftsaussichten ist das Buch mit viel guter Laune gewürzt.

Ein Interessanter Roman, guter Schreibstil.

Angeblich wollen die Coen-Brüder das Material für einen Film nutzen, der interessant werden dürfte.

Buchbeschreibung:

"Detektiv Meyer Landsman, abgetakelter Polizist in Sitka, der Hauptstadt der Juden, ermittelt in einem Mordfall. In dem schäbigen Hotel, in dem er wohnt, wurde sein Zimmernachbar erschossen, und gemeinsam mit seinem Partner Berko beginnt er die Untersuchungen, die ihn zu den Gründungsvätern der Stadt, Schachmeistern und in religiöse Randbezirke führen.

Ein irrwitziges literarisches Szenario - auch so hätte die Geschichte verlaufen können. Sechzig Jahre lang haben jüdische Flüchtlinge und ihre Nachkommen den Distrikt Sitka in Alaska aufgebaut und sich nach dem Holocaust und dem Zusammenbruch des Staates Israel im Jahre 1948 eine eigene kleine Welt erschaffen: eine Grenzstadt, in der das Leben trotz der klimatischen Widrigkeiten pulsiert und in der Jiddisch Umgangs- und Amtssprache ist. Doch jetzt soll der Distrikt an Alaska zurückfallen und sich die Geschichte wiederholen - erneut droht den Juden Vertreibung und Heimatlosigkeit.

Aber Meyer Landsman vom Morddezernat hat noch andere Probleme als die bald anstehende 'Reversion'. Seine Ehe ist am Ende, er trinkt und steckt auch beruflich in einer Sackgasse: Nicht mal die Hälfte der Fälle ist gelöst. Sein neuer Chef ist seine Exfrau, und in dem billigen Hotel, in dem er wohnt, wurde ein Mord begangen. Das Opfer ist ein ehemaliges Schach-Wunderkind, und Landsman beginnt mit seinen Untersuchungen aus bloßer Routine und mit dem Gefühl, dass er dadurch vielleicht noch etwas gutmachen kann. Doch als von ganz oben die Anweisung ergeht, dass der Fall sofort zu den Akten gelegt werden soll, ermittelt Landsman mit seinem Partner auf eigene Faust und gerät tief in eine Welt, in der politische Ziele und religiöser Wahn eine gefährliche Allianz eingehen.

Der Roman ist packender Whodunnit, Liebesgeschichte und Hommage an die Krimis der 40er-Jahre in einem und lässt das Jiddische wieder lebendig werden. Er stand monatelang auf den amerikanischen Bestsellerlisten.
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Mittwoch, 15. November 2023

Wolff, Iris "So tun, als ob es regnet"

Wolff, Iris "So tun, als ob es regnet" [Pretend it's Raining] - 2017

Unsere Buchhandlung veranstaltet von Zeit zu Zeit Wohltätigkeitsverkäufe. Dabei werden die Bücher eingepackt und ein paar Bemerkungen auf den Umschlag geschrieben. Dieses bekam den Hinweis: Vier Generationen. Vier Länder". Das hörte sich interessant an, so dass ich mich dafür entschied.

Und es war kein schlechter Fund. Das Buch ist recht kurz, nur etwa 180 Seiten. Die Figuren scheinen am Anfang nicht viel miteinander zu tun zu haben, aber mit der Zeit dämmert es. Die Protagonisten könnten unterschiedlicher nicht sein, aber sie alle haben etwas gemeinsam. Und genau das ist es, was diesen Roman so faszinierend macht.

Die verschiedenen Charaktere werden sehr anschaulich dargestellt, ihre Wünsche und Träume, ihr Leben, wer auf sie einen großen Einfluss hat und auf wen sie Einfluss nehmen.

Auch sprachlich ist die Geschichte wunderschön. Ich denke, ich hätte sie auch gerne gelesen, wenn zu jeder Familie mindestens 200 Seiten geschrieben worden wären. Aber das liegt daran, dass ich gerne lange Bücher lese.

Die Autorin wurde in Siebenbürgen geboren, lebt aber seit vielen Jahren in Deutschland. Sie hat noch mehr Bücher geschrieben und etliche Preise erhalten. Ich denke, dies ist nicht das letzte Buch, das ich von ihr gelesen habe.

Buchbeschreibung:

"Über vier Generationen des 20. Jahrhunderts und vier Ländergrenzen hinweg erzählt Iris Wolff beglückend poetisch von Jacob, Henriette, Vicco und Hedda. Sie alle erfahren, wie fragil ihre Lebensentwürfe vor dem Hintergrund der Geschichte sind und dass das Zusammenspiel aus Freiheit und Anpassung, Zufall und freiem Willen stets in Bewegung ist. Es gibt Dinge, die zu uns gehören, ohne dass wir wüssten, woher sie kommen. Und es gibt Entscheidungen, die etwas bedeuten, Wege, die unumkehrbar sind, auch wenn wir nie wissen werden, was von einem Leben und den Generationen vor ihm bleiben wird.

Der Erste Weltkrieg bringt einen österreichischen Soldaten in ein Karpatendorf. Eine junge Frau besucht nachts die 'Geheime Gesellschaft der Schlaflosen'. Ein Motorradfahrer ist überzeugt, dass er sterben und die Mondlandung der Amerikaner versäumen wird. Eine Frau beobachtet die Ausfahrt eines Fischerbootes, das nie mehr zurückkehren wird.

Iris Wolff bindet in 'So tun, als ob es regnet' vier ganz unterschiedliche Protagonisten zusammen und schafft durch die subtilen Querverbindungen ein einzigartiges Geflecht aus Perspektiven auf den je Anderen. Dies erlaubt den Figuren den Blick zurück, auf getroffene Entscheidungen, sowie nach vorne, auf das, was von einem Leben bleibt. Atmosphärisch, bildstark und zart verflicht die vielfach ausgezeichnete Autorin Iris Wolff ihre Romangeschichten zu einem Prosakunstwerk mit einem beeindruckenden Hallraum.

Iris Wolff hat ein poetisches und beglückendes Buch geschrieben, schonungslos, klug und sprachlich brillant.

Mit sensiblen Beobachtungen, atmosphärisch dichten Dialogen und starken, eigenwilligen Figuren zeichnet sie in ihren Erzählungen behutsam eigene Welten, die im Zusammenspiel neue Tiefe entfalten und vielschichtige Perspektiven aufeinander eröffnen."

Samstag, 11. November 2023

Bergel, Hans "Wenn die Adler kommen"

Bergel, Hans "Wenn die Adler kommen" (Rumänisch: Când vin vulturii) [When the Eagles Come] - 1996

Der in Rumänien geborene Schriftsteller erzählt die Geschichte des Jungen Peter aus Siebenbürgen und seiner Familie zwischen den Weltkriegen. Ist auch zu Beginn die Welt noch in Ordnung und lebt es sich einfach und unbedarft fern des übrigen Europas, so tauchen doch mehr und mehr Probleme auf, als die Nationalsozialisten in Deutschland und Österreich an die Macht kommen und die Fühler in alle Ecken ausstrecken.

Sehr viele Beschreibungen der wunderschönen Natur aber auch viele philosophische Überlegungen. Ein Roman, der zu Anfang leicht erscheint, aber doch seine Spuren hinterlässt.

Buchbeschreibung:

"Europa zwischen den Weltkriegen: Im südöstlichen Raum des Kontinents lebt die Familie des jungen Peter Hennerth in Siebenbürgen in erträglichem Miteinander neben Rumänen, Ungarn, Szeklern und anderen Nationalitäten der Karpatenlandschaft. Nicht nur Nachbarschaften, sondern auch Freundschaften bestimmen den Alltag und die Feste. Noch scheint hier die Welt in Ordnung zu sein. Doch am Horizont ziehen Gewitterwolken auf. Peter weiß seit dem Absturz der Schafherde: Wenn die Adler kommen, gefriert dir das Blut im Herzen. Auch die deutschen Soldaten tragen den Wappenadler auf der Uniform.

Hans Bergel erzählt in der Tradition großer Epen. Die Geschichte der Kindheit und Jugend Peter Hennerths weitet sich als Familiensaga zum europäischen Drama aus, in das alle hineingerissen werden.
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Freitag, 10. November 2023

Biskupek, Matthias "Der Quotensachse"

Biskupek, Matthias "Der Quotensachse. Vom unaufhaltsamen Aufstieg eines Staatsbürgers sächsischer Nationalität" [The Quota Saxon] - 1996

Ein interessantes Buch. Ein lustiges Buch. Mario Claudius Zwintzscher wächst in Sachsen auf, als es die DDR noch gibt und erlebt dann in mittlerem Alter den Fall der Mauer. Der Autor vermag mit viel Humor das Leben vor, während und nach der Wende zu beschreiben. Wir lernen viel darüber, wie es vorher aussah, aber es ist auch interessant zu beobachten, was seither alles geschehen ist.
Ich hatte viel Vergnügen mit diesem Buch.

Buchbeschreibung:

"'Der Winter 89/90 war warm und dunkel. Die Fensterchen am Weihnachtskalender wurden fleißig geöffnet, und jeden Tag gab es auch ein neues Löchlein im deutschen Zaun. Es regnete wiei n jedem der letzten deutsch-deutschen Winter, diesmal aber war es Begrüßungsgeld.'

Eine turbulente Geschichte über den unaufhaltsamen Aufstieg eines Staatsbürgers sächsischer Nationalität. Matthias Biskupek begründet dabei auf heiter-ironische Weise die individuelle Einsetzbarkeit des Sachsen im Zeitalter der Demokratie. Ein Lektürevergnügen voller Hintersinn. Geschichtsbewältigung mit echt sächsischem Humor."

Mittwoch, 8. November 2023

Lippe, Jürgen von der; Cleves, Monika "Verkehrte Welt"

Lippe, Jürgen von der; Cleves, Monika "Verkehrte Welt" [Wrong World] - 2012

Ich bin ja eigentlich kein großer Fan von Kurzgeschichten, habe aber in letzter Zeit ein paar wirklich gute Sammlungen von deutschen Komikern gelesen. Diese hier gehört leider nicht dazu.

Vor einigen Jahren habe ich "Der König der Tiere. Geschichten und Glossen" von Jürgen von der Lippe gelesen, das gefiel mir ganz gut. Aber diese Stories, das war einfach nicht mein Ding. Die meisten waren einfach nicht witzig. Die ein oder andere ware dazwischen, die man lesen konnte, aber der Rest war einfach unterste Schublade. Schade. Ich mochte Jürgen von der Lippe eigentlich immer. Aber nach dieser Lektüre wird es sicher eine ganz Weile dauern, ehe ich mir wieder etwas von ihm vornehme - wenn überhaupt.

Buchbeschreibung:

"Irrwitzige Storys ohne Netz, aber mit reichlich doppeltem Boden. Zusammen mit seiner Gag-Partnerin Monika Cleves beweist Jürgen von der Lippe einmal mehr seine Klasse.

'Ich hatte gerade mein Kärtchen in den Kontoauszugsdrucker gesteckt, als ein maskierter Mann die Bank überfiel.' Das klingt spannend, da will man doch gleich wissen, wie's weitergeht. Aber auf eins kann man sich bei den 52 abgefahrenen Geschichten verlassen: Sie verlaufen immer anders als man denkt, sie nehmen jeweils die garantiert ungeheuerlichste Wendung. Da entpuppt sich die brutalspannende Story unvermittelt als Kinofilm und verwandelt sich zu einem ruppigen Beziehungsstreit, da hören wir den großen Homer im sehr kleinlichen Ehekrach mit seiner Gattin, da werden mit gewissen langbeinigen Models aus Bergisch-Gladbach Interviews geführt, die wir gerne im wirklichen Leben läsen. Das Duo von der Lippe/Cleves entfesselt in diesen geradezu klassischen Short Storys einen irren Witz, den man sonst von den Coen-Brüdern oder Monty Python kennt."

Dienstag, 7. November 2023

Brooks, Geraldine "Insel zweier Welten"

Brooks, Geraldine "Insel zweier Welten" (Englisch: Caleb's Crossing) - 2011

In unserem örtlichen Lesekreis bringen wir immer ein Buch mit, das wir gerade gelesen haben und vorschlagen möchten Dann entscheiden wir, welches die Gruppe lesen wird. Dieses Mal hatte ich "Die Hochzeitsgabe" (People of the Book) mitgebracht, weil es mein Lieblingsbuch des Jahres ist. Aber jemand anderes hatte dieses mitgebracht und wir fanden es lustig, dass wir beide dieselbe Autorin ausgewählt hatten

Wir entschieden uns dann für "Insel zweier Welten" (Caleb's Crossing). Die Geschichte spielt in Martha's Vinyard und am Harvard College. Es erzählt vom Leben des ersten amerikanischen Ureinwohners, der seinen Abschluss am Harvard College machte. Caleb Cheeshahteaumauk wurde um 1646 geboren und lernte Englisch und Latein sowie alle anderen Fächer, die er für seinen Abschluss brauchte.

Die Autorin erklärt, dass ihr Buch auf dem Leben von Caleb basiert und dass die Geschichten über die Wampanoag und die Insel wahr sind, der Rest jedoch Fiktion ist. Dennoch können wir uns gut vorstellen, wie das Leben eines jungen englischen Mädchens damals gewesen sein muss. Und es gibt auch viele Dokumentationen über das Leben der amerikanischen Ureinwohner, um die Geschichte plausibel zu machen.

Ich liebe historische Romane, und dies ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie man das Leben in einem vergangenen Jahrhundert sowohl anhand realer als auch fiktiver Charaktere beschreiben kann. Dies war mein viertes Buch von Geraldine Brooks, ich muss mehr von ihr lesen.

Auch den anderen Leserinnen hat das Buch sehr gefallen. Wir würden gerne ihr erstes Buch "Year of Wonders" (Das Pesttuch) lesen.

Buchbeschreibung:

"Nordamerika, 1660 - auf einer kleinen Insel, die heute Martha's Vineyard heißt: die 12-jährige Bethia wächst in einer puritanischen Siedlung auf. Ihr Vater ist Prediger, ein strenger Mann, dessen Mission es ist, seinen Glauben auf das Eiland vor Cape Cod zu bringen, das sich die englischen Siedler mit den Wampanoag-Indianern teilen. Doch Bethia fühlt sich fast magisch angezogen von diesen Fremden, die sie oft heimlich auf ihren Streifzügen durch die wilde Natur der Insel beobachtet. Eines Tages trifft sie Caleb, den Sohn eines Häuptlings. Auch er ist fasziniert von dem Mädchen mit den blauen Augen und dem wachen Verstand. Die beiden knüpfen ein zartes Band. Doch als sie heranwachsen, kommt der Moment, an dem sie gezwungen werden, für ihre Freundschaft und für ihren Platz im Leben zu kämpfen..."