Zweig, Stefanie "Nirgendwo in Afrika" - Nowhere in Africa - 1995
Vor fast zehn Jahren habe ich geplant, auch meine deutschen Bücher zu rezensieren und hier zu veröffentlichen. Bei der Erstellung der Liste ist es dann geblieben.
Daher will ich jetzt endlich mit meinem deutschen Lieblingsbuch anfangen. Es ist mittlerweile auch schon ein Vierteljahrhundert alt, aber ich finde es steht immer noch in vorderster Reihe.
Wir haben es zweimal in unserem internationalen Lesekreis besprochen (jeweils mit unterschiedlichen Mitgliedern), einmal im April 2008 und dann im Januar 2016. Beide Male waren die Leser begeistert von dem Buch.
In Englisch habe ich das Buch hier und hier beschrieben.
Wir schreiben das Jahr 1938 und Rechtsanwalt Walter Redlich schafft es in letzter Minute, aus Nazideutschland zu fliehen. Die Familie zieht nach Kenia, wo er als Manager einer Farm eingestellt wird. Sie alle erleben dieses neue Land unterschiedlich, Walter kämpft mit der anderen Art Arbeit, die von ihm erwartet wird, Jettel vermisst den Luxus ihres früheren Lebens, beide haben mehr als ein paar Schwierigkeiten mit der Kultur und der Sprache, mal ganz abgesehen von den schlechten Nachrichten, die sie von und über ihre zurückgelassenen Familien aus Deutschland. Nur Regina, 9 Jahre alt, nimmt das Leben auf dem neuen Kontinent an, lernt die Sprachen, findet Freunde und kann sich kein anderes Leben vorstellen. Als ihr kleiner Bruder Max 1946 geboren wird, ist die Familie vollständig.
Dies ist eine Fast-Autobiographie der Autorin Stefanie Zweig, der Roman beruht auf ihrem Leben. Es gibt auch eine "richtige" Autobiographie, die sie später unter dem Titel "Nirgendwo war Heimat. Mein Leben auf zwei Kontinenten" veröffentlicht hat. Auch das Buch empfehle ich total. Sie ist eine wundervolle Autorin, die viel über den Kontinent geschrieben hat, an den sie ihr Herz verloren hat: Afrika. Es gibt eine Fortsetzung dieses Buches mit dem Titel "Irgendwo in Deutschland", das sollte man unbedingt im Anschluss lesen.
In der zweiten Besprechung haben wir eine Liste mit Fragen erstellt, die man sich beim Durchlesen stellen und über die man sehr gut diskutieren kann:
1. Was denkt ihr über Jettel, die Mutter? Glaubt Sie, dass es in Deutschland viele Menschen gab, die nicht gesehen haben, was kommen würde?
2. Was ist mit Regina? Wie wird sie sich wohl fühlen, wenn sie nach dem Krieg nach Deutschland verpflanzt wird?
3. Walter, der Vater, wird meistens als fürsorglicher Vater beschrieben, der nur seine Familie durch den Krieg bringen will. Rückblickend war dies die richtige Entscheidung. Was hätte er wohl gedacht, wenn der Krieg nicht so gewesen wäre, wenn er seine Familie umsonst verpflanzt hätte?
4. Wusstet ihr, dass "Nirgendwo in Afrika" fast eine Autobiografie der Autorin Stefanie Zweig ist, dass all dies ihrer Familie passiert ist, dass sie einen jüngeren Bruder namens Max hat, der zum Beispiel in Afrika geboren wurde? Wenn ja, wie habt ihr euch dabei beim Lesen gefühlt? Wenn nicht, denkt ihr jetzt anders über den Roman?
5. Habt ihr das Gefühl, dass das Aufwachsen in Afrika den Stil der Autorin beeinflusst hat? Hattet ihr das Gefühl, dass ihr Geschichtenerzählen einen bestimmten Fluss hatte?
6. Was denkt ihr über die anderen Charaktere, hauptsächlich Walter Süßkind und Lilly und Oskar Hahn, aber noch wichtiger Owuor? Wie beeinflussen sich Walter und Owuor gegenseitig und verändern das Leben des anderen?
7. Dieses Buch wurde zu einem Film verarbeitet und erhielt den Preis bei den 75. Oscar-Verleihungen 2003 für den besten fremdsprachigen Film. Wenn ihr den Film gesehen habt, wie findet ihr ihn im Vergleich zum Buch? Was hättet ihr anders gemacht, wenn ihr der Regisseur gewesen wärt?
8. Ich mag es, mit jedem Buch, das ich lese, etwas zu lernen. Egal, ob ihr zu dieser Art Lesern gehört oder nicht, was habt ihr aus dem Buch gelernt?
9. Gibt es noch andere Themen, die ich nicht angesprochen habe und die ihr diskutieren möchtet?
Es hat lange genug gedauert, bis dieses Buch ins Englische übersetzt, zwölf Jahre, um es genau zu nehmen. Im Jahr 2001 wurde daraus ein Film gemacht und dieser Film erhielt einen Oscar für den besten ausländischen Film. Der Film ist sehr gut, wird dem Buch aber - wie üblich - nicht wirklich gerecht.
Wie auch immer, Stefanie Zweig ist eine meiner Lieblingsautoren. Sie schreibt ebenso gut über jüdische Themen wie über Afrika, da sie dort eine wichtige Zeit ihrer Kindheit verbracht hat. Sie hat aber bis zu ihrem Tod im Jahre 2014 in Frankfurt gelebt.
Buchumschlag:
"Mit phantasievollen Bildern und einer wunderbaren Sprache voll Poesie überrascht Stefanie Zweig in ihrem Romandebüt über die Emigration ihrer Familie nach Kenia.
Die kleine Regina erlebt das Abenteuer der Emigration in das ferne Afrika an der Seite ihrer Eltern, die 1938 Oberschlesien verlassen müssen. Und dennoch trauern Walter und Jettel Redlich dieser Heimat nach, die sie nicht mehr haben wollte. Doch was ihren Eltern in dieser gänzlich andersartigen Welt nicht recht gelingen mag, glückt ihrer Tochter Regina. Rasch erliegt sie dem Zauber Afrikas mit seinen Gerüchen und Farben, den wilden Tieren und den ursprünglichen Menschen, die zu ihren Freunden werden."
Die Fortsetzung des Romans ist als "Irgendwo in Deutschland" erschienen.